Essen. . Zahlreiche Autohäuser in Essen raten ihren Kunden grundsätzlich vom umstrittenen Biokraftstoff E 10 ab. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen verteidigt das neue Benzin - und wirft vor allem dem ADAC Panikmache vor.

Der Rat, den neuen Superkraftstoff mit zehn Prozent Bio-Ethanol-Anteil zu meiden, erfolgt mehr oder weniger hinter vorgehaltener Hand, weil sich die Händler vielfach an offizielle, neutrale Sprachregelungen der Konzerne halten müssen.

Fast alle Autohäuser und Werkstätten verzeichnen in diesen Tagen ein massives Informations-Bedürfnis verunsicherter Kunden. „Die Leute rufen an oder kommen direkt vorbei“, sagt ein Mitarbeiter von Opel van Eupen in Kray. Das Haus rate zwar „im Prinzip“ zum Tanken von E 10, wenn der Motor dafür geeignet ist. Aber: „Die Kunden wollen den Biosprit nicht, stellen wir fest.“

Kunden sollen erstmal abwarten

Beim VW-Händler Alfred Scholten in Rüttenscheid rät man den Kunden, „erst mal abzuwarten“. Also: Derzeit kein E 10 zu tanken. Das Telefon läute im Moment „von morgens bis abends“. Der Verkaufshändler eines Renault-Händlers stellt zwar fest, „dass jeder Kunde selbst entscheiden muss“, aber er gibt zu bedenken: „Es geht ja nicht nur um den Motor. Es geht ja auch um Beschichtungen von Tank und Benzinleitungen.“ Dem Bio-Ethanol wird eine aggressive Wirkung nachgesagt. „Das macht die Schläuche porös, und nicht nur die“, heißt es vielerorts. Und: „Privat tanke ich es auch nicht.“ Vereinzelte E 10-Tankfüllungen seien vielleicht kein Problem, „aber über die Folgen von Langzeitbetankungen weiß niemand etwas“, sagt der Ford-Verkaufsleiter. „Und der Kunde hat die Beweispflicht: Er muss nachweisen, dass sein Auto von E 10 geschädigt wurde.“

Autoexperte spricht von Panikmache

Der bundesweit bekannte Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer, der seit Oktober 2008 einen Lehrstuhl an der Uni Duisburg-Essen innehat, hält die derzeitige Stimmung für „das Ergebnis von Panikmache, vor allem durch den ADAC.“ Die Verwendung von E 10 bei Pkw, die vom Hersteller dafür freigegeben sind, sei „durchaus sinnvoll“. Er selbst, Dudenhöffer, würde privat auch E 10 tanken, „ich fahre aber Diesel“.

Die Hauptschuld am Desaster um den neuen „Flop-Sprit“ (Spiegel Online) trägt nach Ansicht von Ferdinand Dudenhöffer eindeutig die Politik. „Sie hat drei Jahre nichts getan, nachdem der erste Versuch, E 10 einzuführen, im April 2008 gescheitert ist.“ Damals brach der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) das Vorhaben ab – sein Ministerium hatte damals unterschätzt, wie viele Autos das Öko-Benzin nicht vertragen. Es sollen etwa zehn Prozent sein. Auto-Experte Dudenhöffer hält diesen Wert allerdings „für etwas zu hoch gegriffen“.

Benutzung von E 10 verlängere Öl-Vorräte

Die Argumente für den Bio-Kraftstoff seien stärker als die Gegenargumente, bilanziert Dudenhöffer. Die Benutzung von E 10 verlängere die weltweiten Öl-Vorräte, verringere den CO2-Ausstoß und mache die Länder „weniger abhängig von Krisengebieten“. Der Anbau von Zuckerrüben, -rohr und Getreide, notwendig für die Herstellung von Bio-Ethanol, geschehe ohnehin weitgehend „auf Brachflächen“.