Essen. Ohrenbetäubende Musik, verrückte Kostüme und ein gut gelaunter “Doc“ - Zur 18. Mau-Mau-Nacht waren Narren in Scharen zur Gaststätte Zehnthof nach Essen gekommen. Die Veranstaltung ist Kult - genau wie der Auerhahn, der auch diesmal nicht fehlte.

Am Eingang grüßt Graf Dracula, ein paar Meter weiter steht eine Schildkröte. Unter den Frauen finden sich sehr viele Teufelchen, Engelchen hingegen sind eher selten. Aber auch Piraten-Look ist immer noch angesagt. Fest steht, jeder ist hier irgendwie verkleidet. Obwohl das keineswegs Zwang ist.

Auf der Bühne steht Thomas Ophelders. Doch unter dem Namen kennt ihn hier kaum jemand. „Ich bin der Doc“, sagt er und streckt einem die Hand entgegen. Jetzt gerade erklärt er die „18. Mau-Mau-Nacht“ für eröffnet. Der „Doc” dirigiert das „Tuba Libre“-Orchester, er singt einen alten Doors-Klassiker, der, so sagt er, ja eigentlich „Alabama-Song“ heiße und auf Brecht zurück gehe. Egal, das Publikum singt mit: „Show me the way to the next whisky bar.”

Gefühlte 35 Grad

Whisky gibt es hier wohl auch in der Gaststätte „Am Zehnthof“. Bestellt aber keiner, Pils hingegen läuft richtig gut. Es ist pickepacke voll im Hinterzimmer des Lokals, die Musik ist ohrenbetäubend, Tabakqualm hängt tief im Raum. Gäbe es ein Thermometer, es zeigte sicherlich Temperaturen jenseits der 35 Grad. Es beschwert sich aber keiner, dafür ist die Stimmung zu gut, hier bei der schrägsten Karnevalssitzung der Stadt.

Aber ist die „Mau-Mau-Nacht“ denn wirklich Karneval? „Ja, irgendwie schon“, sagt der „Doc“. „Nur halt nicht der normale, institutionalisierte Karneval. Wir hatten nie Bock auf Vereinsmeierei, deshalb wollten wir einfach mal was anderes machen.“ Tja, und daher gibt’s an diesem Abend auch keine Orden und kein eingespieltes „Täää-Täää“.

Entstanden ist die (Schnaps-) Idee „Mau-Mau-Nacht“ vor 18 Jahren. Heute ist sie – ja, was ist sie eigentlich? Kult, Kultur, Tradition, Trash? Nische, Underground, Geheimtipp, Marktlücke? Wohl von allem ein bisschen. Es spielt gar keine Rolle, was genau sie ist.. Denn die „Mau-Mau-Nacht“ ist einfach gut – und zweifelsfrei am Karnevalssamstag der „Place to be“.

"Ein Selbstläufer"

Die Karten, die es jedes Jahr exklusiv in der Rüttenscheider „Ampütte“ zu kaufen gibt, gehen immer weg wie geschnitten Brot. „Werbung? Brauchen wir nicht“ sagt der „Doc“. „Die Mau-Mau-Nacht ist ein Selbstläufer.“

Die Einnahmen aus dem Ticketverkauf sind für einen guten Zweck, die Künstler verzichten auf ihre Gage. Dauergäste auf der Bühne sind etwa die drei Jungs von „Der Vorstand“ oder „Schlagergott“ René Pascal aus Rüttenscheid.

Als dieser, sonnengebräunt, frisch toupiert und mit roten Bäckchen, auf der Bühne steht, tanzen die Gäste auf den Tischen. Für die Kellner gibt es schon lange kein Durchkommen mehr, Tabletts fallen hin, Glas geht zu Bruch. Menschen tanzen, treten sich auf die Füße, Ellbogen sind das Mittel der Wahl. Und auch das scheint niemanden zu stören. Teilen sich mehr als fünf Menschen einen Quadratmeter, ist Höflichkeit halt keine Tugend mehr, sondern ein Hindernis.

Der Boden ist bierverklebt. Wer macht das nur wieder sauber? „Zehnthof“-Inhaber Theo Peters sieht’s gelassen. Nach 38 Jahren Gastronomie-Erfahrung kann ihn nichts mehr schocken. Der Mann vom Niederrhein hat Karneval im Blut und ihn freut es, dass er alljährlich die feierwütigen „Mau-Mau-Rebellen“ zu Gast hat. Noch nie musste er jemanden vor die Tür setzen, der sich nicht zu benehmen wusste. „Wissen Sie, das ist hier immer ein tolles, vielfältiges Publikum, hier kann jeder Spaß haben, vom Arbeitslosen bis zum Uni-Professor.“

Einmal Mau-Mau, immer Mau-Mau

Und tatsächlich, den Meisten gefällt es so gut, dass sie immer wieder kommen. Einmal Mau-Mau, immer Mau-Mau. So ist das auch bei Torben Kleine-Brüggemann. Der Zwei-Meter-Hüne im Mönchskostüm gehört zu den wenigen, die bei dem Gedränge noch das Geschehen auf der Bühne verfolgen können. Auch den „Präsidenten“ kann er gut sehen. Eigentlich ist der Präsident ja gar kein richtiger Präsident, aber er ist der einzige mit Narrenkappe und Orden – und seinen 80. Geburtstag hat er auch schon hinter sich. Der Mann aus Überruhr ist ein Original. Die Menschen kennen ihn, mögen ihn und fordern das, was er am besten kann: Den Auerhahn. Und – der Präsident gibt ihnen den Auerhahn.

Den Auerhahn kennen Sie nicht? Nächstes Jahr können Sie ihn kennenlernen. Und den „Mönch“ Torben Kleine-Brüggemann auch. Denn für ihn steht fest: „Nächstes Jahr bin ich wieder hier.“

Närrische Ratssitzung im Essener Rathaus

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