Essen. .

Laut war die Kritik im Vorfeld des Vortrags von Alice Schwarzer, den sie am Dienstag im Audimax der Universität Duisburg-Essen hielt. Das heikle Thema: „Über Islam, Islamismus und Integration.“

Schwarzer wurde unter anderem vom Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) und von hochschulpolitischen Gruppen vorgeworfen, nicht ausreichend kompetent zum Thema Islam referieren zu können. So wurde ihr etwa „anrecherchiertes Halbwissen“ unterstellt. Zudem befürchteten die Kritiker, „dass Äußerungen von Frau Schwarzer eine ähnlich verheerende Wirkung haben könnten wie das Buch von Thilo Sarrazin“.

Schwarzer sagte in der Einleitung zu ihrem Vortrag, die Vorbehalte und Proteste gegenüber ihrer Professur hätten sie überrascht. „Besonders der Vergleich mit Rechtspopulisten war in meinen Augen starker Tobak. Ich möchte daher heute über das reden, was ich vertrete und nicht über das, was man auf mich projiziert.“ Zur Sicherheit entschied Schwarzer dennoch, Teile ihres Vortrags vom Papier abzulesen. „In einer Hochschule geht es schließlich um Präzision und Fakten“, entschuldigte sie diese Abkehr von der freien Rede.

Von grundlegender Bedeutung für das Verständnis von Schwarzers Standpunkten, so geht es schließlich auch aus dem Titel ihres Vortrags hervor, sei die klare Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus, also zwischen dem Glauben selbst und der Politisierung der Religion. Zudem warnte Schwarzer vor Pauschalurteilen. Man müsse sich stets vergegenwärtigen, dass nicht jeder Mensch, der aus der muslimischen Welt stamme, automatisch an den Islam glaube oder gar ein fundamentalistischer Eiferer sei.

„Ein lange Zeit falsch geführter Dialog hat uns allen geschadet – dem Westen und in vielen Teilen der Welt dem Islam“, sagte Schwarzer. Zu häufig sei bei Konflikten weggesehen und geschwiegen worden – auch aufgrund von falsch verstandener Toleranz. Die Folge sei die heute zu beobachtende „Islamisierung europäischer Rechtssysteme“, unter der zuvorderst die Frauen zu leiden hätten. Schließlich, so erinnert Schwarzer, gäbe es Richter, die das deutsche mit dem islamischen Recht verquicken, muslimische Kinder, deren Eltern ihnen den Schwimmunterricht verbieten sowie Kindergartenkinder, die Kopftuch tragen müssen. „Die deutsche Justiz hat da großen Nachholbedarf. Ich bin für die strikte Trennung zwischen Glauben und Staat“, sagte Schwarzer.

Diese Regeln der Objektivität gälten auch für die Wissenschaft, merkte die Referentin angesichts der Tatsache an, dass Universitäten nun auch islamische Theologie lehren werden. „Man muss den Koran wissenschaftlich hinterfragen dürfen, ohne dadurch in Gefahr zu geraten“, sagte Schwarzer.

Selbstverständlich bekam auch das Publikum Gelegenheit Schwarzers Aussagen zu hinterfragen. Angesichts der Kritik der vergangenen Tage wäre eine Portion Hitzigkeit denkbar gewesen. Tatsächlich wurde zwar diskutiert, doch der Eklat blieb aus. Fast konnte der Eindruck entstehen, Schwarzer hätte sich mehr Brisanz gewünscht. Ausdrücklich forderte sie ihre schärfsten Kritiker auf, ihr gegenüber direkt Stellung zu beziehen.

Niemand nahm die Herausforderung an.