An der U-Bahn-Haltestelle Eichbaum an der Stadtgrenze zu Mülheim entsteht eine Oper in Schiffscontainern.Künstler wollen die Schreckensgeschichten der Anwohner inszenieren
Laut ist es allemal, hier an der U18-Haltestelle Eichbaum zwischen Essen und Mülheim, direkt unter der A40 und ihrer Ausfahrt Heißen-Zentrum. Der alltägliche Geräuschpegel soll jetzt ganz neue Töne bekommen: Das Essener Schauspiel, das Gelsenkirchener Musiktheater im Revier und der Ringlokschuppen Mülheim inszenieren gemeinsam mit den Architekten von raumlabor_berlin an eben diesem Ort die "Eichbaumoper".
Die "schlimmste Station" überhaupt, sagen die Anwohner. Sie meinen die Überfälle, den Vandalismus, Vergewaltigungen. Nachts wird der Ort zu einem regelrechten Angstraum. Eben dieser Dramatik wollen die Künstler etwas entgegensetzen. "Das kann nur eine Oper", erklären Matthias Rick und Jan Liesegang. Die beiden Architekten und künstlerischen Leiter des Projekts haben schon 2006 für eine andere Arbeit mit dem Grillo-Theater und dem Ringlokschuppen an der Eichbaum-Haltestelle recherchiert und waren beeindruckt. Eine Energie haben sie bemerkt, die von diesem Ort ausgeht. Ihr wollen sie Raum geben.
Ab Mitte Oktober soll an der Haltestelle eine Opernbauhütte stehen. Schiffscontainer über zwei Etagen - damit sie auch von der Autobahn aus gesehen werden können - bieten drei Komponisten und drei Autoren Platz, um eine Oper vor Ort entstehen zu lassen. Den Inhalt geben die Geschichten der Anwohner. Die Libretti werden förmlich eingefangen, wie Holger Bergmann, künstlerischer Leiter des Ringlokschuppen meint.
Jeweils ein Komponist und ein Autor bilden ein Opern-Team. Die serbische Komponistin Isidora Zebeljan wird mit Boris Cicovacki zusammenarbeiten. Der junge Komponist Felix Leuschner mit dem - am Essener Schauspiel bereits bekannten - Autor Reto Finger. Die Performerin und Musikerin Bernadette La Hengst wird das Libretto zur Musik von Ari Benjamin Meyers verfassen. Den Komponisten interessiert in seiner Arbeit vor allem die soziale Auseinandersetzung mit Menschen und Orten. Er wird mit seinem performativen Ansatz wohl ganz anders auf den Ort reagieren als Zebeljan und Leuschner, die beide im klassischen Bereich arbeiten. Inszeniert wird die Eichbaumoper von Cordula Däupner.
Den Prozess, wie eine Oper entsteht, macht dieses besondere Projekt öffentlich. Nicht nur die Anwohner werden aktiv miteinbezogen. Jeder, der an die Station kommt, kann Teil der Oper werden, die am 24. Juni 2009 Premiere feiert. Kunst kann diesen Unort lebenswert machen, sind sich alle Veranstalter einig.