Essen.
Jeden Tag werden rund 150 neue Schlaglöcher auf Essener Straßen gemeldet. Mehr als provisorisches Flicken ist für die Mitarbeiter kaum möglich. Eine Tour zu besonders gefährlichen Stellen.
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Vergangene Woche waren es bei Tau und Regen noch Pfützen. Jetzt ist aus der Seenplatte eine Kraterlandschaft im Miniaturformat geworden: zwölf Schlaglöcher innerhalb von 20 Metern – gestern morgen im brüchigen Boden an der Kreuzung Bottroper Straße/Sulterkamp in Bergeborbeck. Thomas de Kathen und Armin Beetz vom „Regiedienst Straße“ stehen genau dort und geben ihr Bestes, um diese Löcher zu füllen. Sie und 20 andere Kollegen flicken. „Etwas anderes ist derzeit auch nicht möglich. Kaltasphalt ist aber schon nach einigen Stunden voll belastbar, so dass Autos problemlos darüber fahren können“, sagt de Kathen, gelernter Pflasterer und seit vier Jahren für die Stadt im Einsatz. Täglich kurvt er derzeit zwischen sechs und 15 Uhr im weißen Sprinter durch die Stadt.
Ob sich schon jetzt höhere Frostschäden als im vergangenen Jahr abzeichnen, stehe noch nicht fest, sagt Klaus-Dieter Rademacher, Leiter vom Amt für Straßenbau und Verkehrstechnik. „Eine vorläufige Bilanz ist zu früh. Erstmal müssen die größten Verkehrsgefahren beseitigt werden.“ Im Frühjahr werde sich zeigen, ob das Budget ausreicht.
„Zwei Meter lang, fünfzig Zentimeter breit“
Die „Straßenunterhaltungskräfte“, wie sie im Behördendeutsch heißen, kennen die Schlaglöcher der Stadt. Wo ist das größte? „Das hier ist schon ganz gut“, sagt de Kathen und schaut auf den Straßenbelag, beziehungsweise auf das, was davon übrig blieb. „Zwei Meter lang, fünfzig Zentimeter breit“, schätzt er mit geschulten Augen. Wenige Meter weiter zieren geflickte Schlaglöcher der vergangenen Jahre den Straßenbelag.
Der Arbeitsablauf ist flink. Am Anfang steht das Fegen, damit kein gebröckelter Asphalt im Loch verbleibt. Auch ein Silvesterknaller hat überlebt. Beetz schaufelt schweren Kaltasphalt in das provisorisch gereinigte Loch, hievt die stählerne Hand-Ramme von der Ladefläche und stampft mit ihr auf dem Asphalt herum. „Das geht in die Arme. Der Rücken hat sich dran gewöhnt.“ Die Sonne am Himmel lässt das zähe Bitumen-Gemisch glitzern. Vergangene Woche im Regen war der Arbeitsablauf dann doch eher unschön, als sich der Kaltasphalt mit dem Regen vermengte. Zum Schluss wird Sand auf die verdichtete Stelle gestreut, „damit nichts an den Autoreifen kleben bleibt.“
Zaubern können sie nicht
Eine Ruckelpiste als Straße ist nicht schön: Schlaglöcher sind ein emotional aufgeladenes Thema. Eines, bei dem jeder irgendwie mitreden kann. „Unsinn, diese Flickerei“ oder „Komplett neue Straßen, bitte!“. „Noch halten sich die meisten mit direktem Pöbeln zurück“, berichtet de Kathen. Unberechtigte Kritik nehmen sie sich eh nicht zu Herzen. „Wir machen hier nur unsere Arbeit: möglichst schnell und effektiv“. Das sind sie in der Tat, zaubern können auch sie nicht.
Als der weiße Sprinter einen Lkw behindert, staut sich der Verkehr wenige Meter. Es reicht für große Aufruhr. „Unglaublich“, ruft ein Autofahrer. „Fahren Sie da weg!“ Das bringe doch eh alles nichts, was sie da machten. Ein Bus der Linie 170 fährt vorbei. Die Fahrgäste schauen interessiert, aber skeptisch den Arbeitern zu. Eine Frau schüttelt mit dem Kopf.
20 Reparaturen in 90 Minuten – mehr ist menschlich nicht möglich
Das bekommen die Männer in den orangenen Jacken und blauen Hosen gar nicht mehr mit. Sie fegen, schaufeln, stampfen und glätten weiter. „Am Ende mit einer Walze das Schlagloch glatt machen, wäre zu aufwendig“, sagt de Kathen, der jetzt wieder im Sprinter sitzt.
Er drosselt die Geschwindigkeit und hat den nächsten Einsatzort der Schlagloch-Route gefunden: die Bocholder Straße. Ein Hinterherkommen ist kaum möglich, trotz 20 „Reparaturstellen“ innerhalb von 90 Minuten. Reicht das Flicken? De Kathen: „Was hinterher mit den geflickten Löchern passiert, das entscheiden Herr Rademacher und andere. Da sind wir außen vor.“