Essen. .
Erstmals gibt es in Essen eine zentrale Beratungsstelle für Eltern, deren Kinder die Schule schwänzen. Ab dem 1. Dezember können Hilfesuchende dort Termine vereinbaren. Bezahlt wird sie unter anderem von der Stadt.
Eine neue Beratungsstelle wendet sich an Eltern, deren Kinder regelmäßig die Schule schwänzen. Ab Mittwoch, 1. Dezember, kann erstmals telefonisch ein Termin vereinbart werden.
Wie viele Kinder und Jugendliche regelmäßig dem Unterricht fernbleiben, ist nicht ermittelt. Experten gehen von fünf bis acht Prozent aller Schüler aus – in Essen wären das 4000 bis 6000.
„Schuleschwänzen wird schnell zum chronischen Problem“, sagt Volker Reisner, Oberarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie beim LVR-Klinikum. „Wer drei Monate fehlt, verliert schnell den kompletten Anschluss“, ergänzt Andrea Macher, stellvertretende Abteilungsleiterin beim Jugendamt.
Laufzeit: zwei Jahre
Erstmals haben sich jetzt mehrere Ämter und Einrichtungen zusammengetan, um für mindestens zwei Jahre die Beratungsstelle aufrechtzuerhalten. Denn die Ursachen fürs Schwänzen sind vielfältig.
„Oft stecken familiäre Probleme dahinter“, berichtet Andrea Macher. „Es kommt vor, dass ein Kind zu Hause bleibt, weil es sich Sorgen macht um seine depressive Mutter.“ Und Kinder von Eltern, die Drogenprobleme haben und deshalb morgens nicht aus dem Bett kommen – „die fragen sich vielleicht auch irgendwann, warum sie eigentlich die einzigen sein müssen, die morgens aufstehen.“
Es gibt auch immer wieder Fälle von Gewalt in der Familie – da bleiben Kinder daheim, um die Mutter vor Schlägen des Vaters zu schützen.
In der LVR-Klinik kümmert man sich bereits um Kinder und Jugendliche, die die Schule schwänzen – und bei denen zum Beispiel eine Depression festgestellt wurde. Oberarzt Reisner beziffert die Zahl der Fälle auf 100 bis 200 pro Jahr.
Oft decken Eltern ihre Kinder aus Scham
Nicht selten decken Eltern ihre Kinder – auch aus Scham: „Dann werden Entschuldigungen geschrieben oder der Kinderarzt wird konsultiert, der eine Fehlmeldung schreibt“, berichtet Annika Vogt, Schulpsychologin der Regionalen Schulberatungsstelle.
Die „Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche mit schulvermeidendem Verhalten“, so der offizielle Titel des neuen Angebots, will familiäre Probleme klären, vermittelt Gespräche mit Schulpsychologen, ermöglicht eine Beratung durchs Jugendamt – oder leitet weiter ans Team der LVR-Klinik, falls ein medizinischer Befund vorliegt. „Unser Ziel ist es, den Eltern Wege aufzuzeigen, wie sie ihren Kindern wieder zum regelmäßigen Schulbesuch verhelfen können“, sagt Oberarzt Reisner.
Die Behörden haben den Druck stark erhöht
Die Behörden haben in den vergangenen Jahren den Druck gegen notorische Schulschwänzer drastisch erhöht. So genannte „Schulzuführungen“, bei denen das Ordnungsamt kommt und den Schwänzer zum Unterricht fährt, können heute schneller als früher von der Schule beantragt werden.
Die Zahl der „Schulzuführungen“ ist in den letzten Jahren gestiegen, liegt seit 2008 auf hohem Niveau (130 Fälle jährlich). Auch Bußgelder gegen Schwänzer ab 14 Jahren werden verhängt – 50 Euro je Fehltag.