Essen. .

Der politische Druck auf den Essener Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo) steigt: Bislang ist es dort Praxis, tarifliche Arbeitsplätze in Altenheimen dauerhaft durch Billig-Leiharbeiter zu besetzen. Dem soll nun ein Ende gemacht werden.

Forderungen an die AWO

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    Am Dienstag dehnt die Gewerkschaft Verdi Warnstreiks auch auf Essen aus: Dabei geht es zwar in erster Linie in der aktuellen Tarifrunde um die Erhöhung der Löhne von Mitarbeitern in Altenheimen, Kindergärten, Pflegediensten und Behinderteneinrichtungen. „Es stehen aber nicht nur Entgeltforderungen um 4,5 Prozent auf der Tagesordnung; wir wollen auch jegliche Leiharbeiter bei der Arbeiterwohlfahrt stoppen“, sagt Gereon Falck, Gewerkschaftssekretär von Verdi Essen. „Ich bin fest überzeugt, dass nun noch mehr Mitarbeiter als beim letzten Warnstreik mitmachen, damals waren es 120.“

    Um 9 Uhr treffen sich die Streikenden in Katernberg am Louise-Schroeder-Sozialzentrum der Awo und demonstrieren dann am Katernberger Markt vorbei. Danach geht es dann per Bus zur zentralen Kundgebung nach Recklinghausen.

    Vom Warnstreik betroffen sind in Essen sechs Awo-Altenheime und 18 Kindertagesstätten. Vier Kitas haben am heutigen Dienstag komplett geschlossen (Kita am Lohscheid, Kita an der Tuttmannschule, Kita Sommerburg, Kita an der ABC-Siedlung); in den anderen Kindergärten und in den Altenheimen sind Notdienste eingerichtet. „Es geht ja hier nicht um Akten, die liegen bleiben, sondern Menschen, die umsorgt werden müssen. Da nehmen wir Rücksicht“, sagt Falck.

    „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“

    Die Awo Essen betreibt seit 2008 eine eigene Leiharbeitsfirma, die „Awo Service GmbH“. Neue Kräfte für die Essener Awo-Altenheime werden nur noch über diese Firma eingestellt, weil sie um bis zu 12 Prozent weniger Lohn erhalten.

    Awo-Geschäftsführer Wolf Ambauer rechtfertigt diese Lohn-Spirale nach unten mit dem harten Wettbewerb in der Branche und den geringen Pflegegeldern der Krankenkassen. Die Lücke zwischen den von den Kassen bewilligten Personalkosten und den realen Löhnen mache 285 000 Euro pro Jahr für 285 Vollzeitstellen aus. Diese Lücke müsse ausgeglichen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und Jobs zu sichern, meint Ambauer.

    Doch die Essener Awo erhält mächtigen Druck aus den eigenen Reihen: Die vier Awo-Bezirksverbände in NRW fordern „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. „Zeit- und Leiharbeit werden nur eingesetzt, um Auftragsspitzen abzufangen und um kurzfristige Mitarbeiterausfälle zu kompensieren“ - und eben nicht als billige Ersatzkraft auf Dauer, heißt es in ihrer Stellungnahme zum Essener Fall.

    Die Bezirke bedauern, dass die „Bundes- oder Landes-Awo auf den rechtlich und unternehmerisch selbstständigen Kreisverband in Essen keinen bindenden Einfluss nehmen kann“.

    Ein gewisses Verständnis hat Falck von Verdi für die Probleme der Awo-Heime schon. „Sie sind in der Zwickmühle. Seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 gibt es einen politisch gewollten Druck auf die Finanzen, die bezahlten Pflegesätze sind zu niedrig. Altenpflege ist schlecht zu refinanzieren.“