Essen.
Ein Fußballstadion auf Raten soll es an der Hafenstraße nicht geben. Im Rat der Stadt zeichnet sich eine Mehrheit für den Bau von vier Tribünen ab. Der Bauherr GVE hat bereits angekündigt, an der Ausstattung zu sparen.
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Wenn der Rat der Stadt am kommenden Mittwoch unter Tagespunkt 20 über den geplanten Stadionneubau an der Hafenstraße berät, wird Christian Hülsmann noch einmal Mal das Wort ergreifen. Es ist die letzte Ratssitzung des scheidenden Stadtdirektors. Wohl kein Zweiter hat sich so sehr sehr für ein neues städtisches Fußballstadion ins Zeug gelegt. Und so sieht so aus, als wolle der Rat ihm den Abschied versüßen. Ja, das Stadion wird gebaut, mit Abstrichen hier und dort, aber aus einem Guss. So schlägt es die städtische Grundstücksverwaltung (GVE) als Bauherr dem Rat vor. Und vieles deutet daraufhin, dass eine deutliche Mehrheit diesem Vorschlag folgen wird.
20.000 Plätze
Vier Tribünen will die GVE bauen. Erst die Haupttribüne, dann Gegengerade und Gästetribüne und schließlich die Stehtribüne im Osten für die treuesten Fans. Sobald die beiden erstgenannten fertig sind, soll das neue Stadion bespielt werden. Die GVE geht davon aus, dass es zur Saison 2012/2013 so weit sein wird. Zehn Prozent der Baukosten, also rund drei Millionen Euro, will der Bauherr an der Ausstattung einsparen. Rot-Weiss Essen kickt bekanntlich in der fünften Liga. Die Nachfrage nach Logenplätzen dürfte sich also in Grenzen halten. Die gleiche Summe ließe sich einsparen, sollte sollten die beiden Tribünen hinter den Toren erst später überdacht werden, heißt es. Darüber dürfte noch zu reden sein. Alles andere, also ein stufenweiser Ausbau mit für den Anfang nur zwei Tribünen, käme die Stadt nach Berechnung der GVE nur teurer. Die Baukosten erhöhten sich um bis zu 20 Prozent. Wie formuliert es ein einflussreicher Ratsvertreter treffend: „Dafür bekommen wir nur das, was wir schon haben.“ Einen Torso.
Eine breite politische Mehrheit ist offenbar fest entschlossen, es dabei nicht länger zu belassen. Ob sich die wichtigsten Entscheidungsträger sich erst während einer Sitzungspause im Juni bei einem Teller Suppe darauf verständigt haben, sei es aus fester Überzeugung oder in besserer Einsicht, sich lieber der Mehrheit anzuschließen - es sei dahin gestellt. Und wer weiß, so unken einige, wie die Dinge ums Stadionprojekt stünden, würde Rot-Weiss Essen nicht auf dem ersten Platz der NRW-Liga stehen, sondern am Tabellenende herumkrebsen? Fußball ist immer auch irrational. Der bei aller Bescheidenheit aktuelle sportliche Erfolg, mehr noch der nicht erwartete Zuschauerzuspruch, machen es Befürwortern des Stadionprojekts leichter. Auch Kritiker können über 6000 Besuchern pro Heimspiel nicht einfach hinwegsehen.
Insolvenzplan wird im November vorgelegt
Sonst ist es um RWE erstaunlich ruhig geworden, seit sich der Traditionsverein im Insolvenzverfahren befindet. Auch das sollte nicht schaden. Im November will Insolvenzverwalter Frank Kubekus dem Gericht den Insolvenzplan vorlegen. Spielen die Gläubiger mit, könnte der Verein Anfang kommenden Jahres schuldenfrei sein, schätzt Kubekus’ Sprecher Holger Vosskuhl. Größter Gläubiger bleibt die GVE; für vier Millionen Euro hatte sie die Ansprüche des Sportvermarkters Michael Kölmel in Höhe von elf Millionen erworben. Steine wird sie RWE kaum in den Weg legen.
So könnte sich Oberbürgermeister Reinhard Paß ans Revers heften, dass er es war, der die entscheidenden Weichen für einen Neuanfang bei RWE gestellt hat, in dem er dem Verein nicht mehr Geld zugestehen wollte als zugesagt war. Wohin dies führte, ist bekannt. In den Ohren jener, die Paß dafür das Mäntelchen eines Totengräbers umgehängt haben, mag das klingen wie Ironie. Paß fühlte sich stets missverstanden. Seine Position kommunizierte er zweifellos suboptimal. Ja, sie blieb nebulös, als er in der Sommerpause für viele überraschend nach einem neuen Stadionstandort fahnden ließ, letztlich erfolglos. Inzwischen, so scheint es, hat Paß seinen Frieden mit Projekt an der Hafenstraße gemacht. Wie sagte er doch in einem Fan-Interview der Zeitschrift „Reviersport“: Wichtig sei, dass gebaut wird. „Und das tun wir.“
Keinen Zweifel lässt Paß indes an der Rolle der Stadt und ihrer Töchter. Einen „FC Stadt“ wird es mit ihm als OB nicht geben. Alles andere ließe sich nicht nur gegenüber der Kommunalaufsicht schwer vermitteln. Eine Kapitalbeteiligung ist vom Tisch. Paß möchte auch keine Vertreter aus Politik und Verwaltung in den Gremien des Vereins sehen. Darüber wird hinter den Kulissen noch gerungen. Wer weiß, vielleicht kommt ja Christian Hülsmann ins Spiel. Der wäre dann ja Pensionär.