Essen.

Helle Empörung bei vielen Bürgern: Händeringend suchen Essener Schulen 18 Frauen als Aufsicht für ihre Toilettenanlage - doch unter den 27 000 „echten“ Arbeitslosen und weiteren 30 000 noch als „erwerbsfähig“ eingestuften Hilfeempfängern der Stadt findet sich niemand, der diese Aufgabe übernehmen will.

Diese Tatsache hat helle Empörung unter Bürgern ausgelöst. Am Tag nach unserer Berichterstattung setzten heftige Diskussionen über den Missbrauch öffentlicher Gelder und der Leistungsbereitschaft der Menschen ohne Job ein.

Torsten Withake, Geschäftsführer des Jobcenters Essen, schildert jetzt aber aus seiner Sicht die praktischen Schwierigkeiten, Arbeitslose wirklich zu einem Job zu zwingen. „Wir setzen lieber auf Kooperation als auf Zwang, denn das bringt oft niemanden weiter“, meint Withake. Der unwillige Arbeitslose würde im Zweifel schon einen Arzt finden, der ihm einen Krankenschein aushändigt. „Die wissen meist, dass man Medizinern Krankheitssymptome vorgaukeln kann, die nicht so leicht überprüfbar sind.“

Disziplinierung nicht kooperationsbereiter Langzeitarbeitsloser

Zudem habe die Schule nichts davon, wenn eine Arbeitslose den Job als Toilettenfrau partout nicht ausüben wolle: „Man weiß dann ja nicht, was die vor Ort anstellt.“ Dass die Klos auf diese Art und Weise wirklich sauberer werden, könne man sich nicht vorstellen.

Deshalb sei es sinnvoller, dass Arbeitslose die Tätigkeit für sich als zukunftsträchtig anerkennen. „Wer vorher mal im Reinigungsgewerbe gearbeitet hat und nun fünf Jahre arbeitslos ist, für den kann der Toiletten-Job eine Brücke für den ersten Arbeitsmarkt darstellen“, meint Withake. Unvorstellbar sei für das Jobcenter dagegen, Akademikerinnen nach längerer Arbeitslosigkeit eine Stelle als Toiletten-Kraft anzubieten.

Trotz der Absicht des Jobcenters, sich mit den Arbeitslosen zu einigen, hagelt es zur Disziplinierung nicht kooperationsbereiter Langzeitarbeitsloser in Essen monatlich in immerhin über 2280 Fällen Sanktionen: Den Menschen wurden bei Versäumnis eines Termins oder Ablehnung eines Jobangebots Gelder gestrichen - von zehn Prozent bei leichten Vergehen über 30 Prozent bei der ersten Job-Absage bis zur völligen Kappung des Bargelds. „Wir operieren dann mit Lebensmittelgutscheinen weiter, vor allem bei unter 25-Jährigen“, erläutert Withake. Insgesamt sind von Strafen vier Prozent der 57 000 „erwerbsfähigen Hilfeempfängern“ im Monat betroffen - Essen liegt hierbei genau im Schnitt von ganz NRW.