Essen.
Das stinkt zum Himmel: 18 Essener Schulen suchen derzeit händeringend nach einer Toilettenfrau, die als „Ein-Euro-Kraft“ auf den Schultoiletten nach dem Rechten sieht. Doch geeignete Kräfte zu finden, ist schwer.
Doch nach Auskunft der Essener Arbeit und Beschäftigungsgesellschaft (EABG) findet sich unter 27 000 Langzeitarbeitslosen niemand, der für diese Arbeit infrage kommt. Von 24 Stellen sind laut Schulverwaltungsamt derzeit ganze sechs besetzt. „Nicht jeder eignet sich eben zur Toilettenaufsicht“, sagt Ulrich Lorch, als Chef der EABG zuständig für mehrere tausend so genannte Ein-Euro-Jobber.
Das Anforderungsprofil umschreibt Lorch so: Eine Toilettenaufsicht müsse „die Fähigkeit zur Kommunikation“ mitbringen und in der Lage sein, mit Schülern ein „vertrauliches, aber verbindliches Wort zu sprechen“. Anders formuliert: Gefragt sind Diskretion und Autorität.
Bislang fast ausschließlich Frauen eingestellt
Seit vier Jahren schon bemüht sich Schulen und Schulverwaltungsamt darum, Langzeitarbeitslose als Toilettenaufsicht zu gewinnen. Zusätzlich zu den Sozialleistungen zahlt die Bundesanstalt für Arbeit 1,25 Euro pro Stunde, und das maximal für 30 Stunden pro Woche und nicht mehr als neun Monate lang. Als Toilettenaufsicht eingestellt wurden bislang fast ausschließlich Frauen, aus Rücksicht auf die Schülerinnen. Noch nie seien alle freien Stellen besetzt gewesen, räumt EABG-Chef Lorch ein.
Wobei die Frage erlaubt ist, für welche Beschäftigung sich langzeitarbeitslose Frauen als Toilettenaufsicht weiterqualifizieren?
Die Reinigung der Schultoiletten obliegt nach wie vor der städtischen Reinigungsgesellschaft RGE oder privaten Reinigungsfirmen, die von der Stadt beauftragt werden.
Prinzip: Not macht erfinderisch
Die „Toilettenfrage“ bleibt aktuell. Nicht ohne Grund hat das Schulverwaltungsamt kürzlich alle 200 Essener Schulen angeschrieben, um zu ermitteln, was sie tun, um zu vermeiden, dass Schultoiletten verschmutzt oder mutwillig beschädigt werden. So will die Behörde auch wissen, ob es eine Aufsicht gibt, ob den Schüler Schlüssel ausgehändigt werden und wer das Toilettenpapier herausgibt.
Soviel steht fest: Viele Schulen verfahren längst nach dem Prinzip „Not macht erfinderisch“. An der Hauptschule an der Bärendelle bleiben die Toiletten während des Unterrichts verschlossen. Wer muss, kann sich einen Schlüssel abholen, so die kommissarische Schulleiterin Doris Wendt Petermann.
15 Euro für saubere Toiletten
Am Grashof-Gymnasium in Bredeney zahlen Eltern 15 Euro pro Schuljahr. Mit dem Geld finanziert der Förderverein eine Toilettenaufsicht, die die Toiletten auch reinigt. Schulleiter Matthias Rink berichtet wenig überraschend von guten Erfahrungen. Wohl jeder Schule, die über solche finanziellen Mittel für eine Toilettenaufsicht verfügt. Das Grashof-Gymnasium ist da aber offenbar eine Ausnahme.
EABG-Chef Ulrich Lorch verweist auf das Programm „Job-Perspektive“; die EABG würde darüber für eine Schule eine Toilettenaufsicht fest einstellen und bis zu 75 Prozent der Lohnkosten übernehmen. Den Rest müsste zum Beispiel ein Förderverein als Eigenanteil übernehmen; Lorch spricht von maximal 350 Euro pro Monat Interesse? Null.
Toilette dient dem Frustabbau
Mehrere tausend Euro pro Jahr für eine Toilettenaufsicht? „Wer soll das bezahlen? Das ist keine Alternative“, sagt Georg Greshake, Schulleiter am Berufskolleg West. 1900 Schüler lernen dort bis in die Abendstunden. Statt nach Unterrichtsschluss zu putzen, haben die Reinigungskräfte ihre Arbeit so organisiert, dass tagsüber möglichst ständig jemand auf den Fluren wischt und verdreckte Toiletten umgehend sauber machen kann. Damit erst niemand auf die Idee kommt, einem Schmutzfink nachzueifern.
Greshake hat festgestellt, dass es immer wieder dann zu mutwilligen Beschädigungen kommt, wenn Schüler die geforderten Lernleistungen nicht erbracht haben. Die Toilette dient dem Frustabbau. Die Ursachen liegen tiefer. Schwamm drüber - damit ist es nicht getan.