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Die Kündigung des Essener Kirchenangestellten Bernhard Schütt wegen Ehebruchs wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerügt. Bischof Franz-Josef Overbeck verteidigt die Entlassung. Mitarbeiter hätten eine Vorbildfunktion.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Kündigung eines Organisten wegen Ehebruchs durch die katholische Kirche als unrechtmäßig bezeichnet. Die Bundesrepublik Deutschland habe in der Menschenrechtskonvention garantierte Grundrechte verletzt, da staatliche Gerichte die Kündigung bestätigt hatten, befand das Straßburger Gericht am Donnerstag. Die Kirche hatte dem 53-jährigen Bernhard Schütt aus Essen gekündigt, nachdem er seine Frau verlassen hatte und eine außereheliche Beziehung eingegangen war.

Das Straßburger Urteil berührt das Kirchenrecht in Deutschland, wonach die Kirchen unter anderem eigene Regeln für Kündigungen festlegen können. So können sie bislang Mitarbeiter für ein Verhalten außerhalb des Dienstes entlassen, das den Werten und Prinzipien ihrer Glaubensgemeinschaft widerspricht.

Kein „eindeutiges Versprechen“ auf enthaltsames Leben

Die Richter gelangten im Prozess zu dem Schluss, dass Schütt zwar vertraglich zugesagt habe, die Grundsätze der katholischen Kirche zu beachten, was sein Recht auf Privatleben „in gewissem Maße einschränkte“. Diese Zusage habe die Kirche aber nicht als „eindeutiges Versprechen“ verstehen dürfen, im Falle einer Trennung oder Scheidung ein enthaltsames Leben zu führen. Auch hätten die deutschen Arbeitsgerichte nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Organist aufgrund seiner Qualifikation nur sehr schwer eine andere Arbeit außerhalb der Kirche habe finden können.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat sich zurückhaltend zu dem Urteil geäußert. Alle deutschen Gerichte hätten die Sichtweise des Bistums geteilt, sagte er am Rande der deutschen Bischofskonferenz in Fulda.

Bischof: Mitarbeiter müssen sich an die moralische Ordnung der Kirche halten

„Wer Organist ist und in so wichtiger liturgischer Funktion für uns tätig ist, hat eine Vorbildfunktion, die für die ganze Gemeinde und damit auch für die Kirche von großer Bedeutung ist“, sagte Overbeck. Es gehöre zu den arbeitsrechtlichen Grundlagen, der Mitarbeiter, sich auch an die moralische Ordnung der Kirche zu halten.

Er erklärte, die Kirche werde nun die schriftliche Begründung und die deutsche Übersetzung des Urteils abwarten und dann abwägen, welche Entscheidungen zu treffen sind. Das Gericht habe in dem konkreten Essener Fall nun festgelegt, dass sich die beiden Parteien innerhalb von drei Monaten einigen müssen.

Ähnlicher Fall bei den Mormonen

In einem zweiten Fall billigte der Menschenrechtsgerichtshof dagegen die Kündigung eines Mormonen, der Direktor für Öffentlichkeitsarbeit war und ein außereheliches Verhältnis hatte. Da der leitende Mitarbeiter als Mitglied der Mormonen die strengen Treuevorschriften kannte und die Glaubensgemeinschaft in herausragender Position nach außen vertrat, stelle seine Kündigung keinen Verstoß gegen die Achtung seines Privat- und Familienlebens nach der Europäischen Menschenrechtskonvention dar, erklärten die Straßburger Richter. (afp/dapd)