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Der Weg zum akademischen Titel führt die meisten Studierenden nicht nur durch Hörsäle und Seminare, sondern auch durch unzählige Nebenjobs. 65 Prozent der Studierenden finanzieren ihr Studium nämlich selbst. Das ergab die 19. Sozialerhebung der Studentenwerke 2009, die jetzt veröffentlicht wurde. Vier Studenten berichten dieser Zeitung, wie sie das Kleingeld für ihr Studium finanzieren.

Sie rasen kreuz und quer durch die Stadt, trotzen dichten Verkehr und schlechter Luft. Jens Artelt (32) und Malte Matzke (30) sind als Fahrradkuriere für „Die Kuriere“ im Stadtgebiet unterwegs. „Ich bin immer viel Rad gefahren, und so ist es genial mit dem Hobby Geld zu verdienen“, schwärmt Jens. Doch das Studium der Kommunikationswissenschaften und Philosophie an der Uni Duisburg-Essen musste dadurch immer mal hinten anstehen. Mittlerweile im 19. Semester angekommen, steht Jens Artelt nun aber kurz vor dem Abgabetermin seiner Magisterarbeit.

Deswegen hat er das Fahrrad momentan auch gegen den Telefonhörer ausgetauscht, sitzt als Koordinator in der Zentrale der Kuriere, nimmt Aufträge entgegen und vergibt sie über den kurzen Draht an die radelnden Mitarbeiter. „Das laugt nicht so aus, wie die Touren durch die Stadt, denn schließlich wartet nach dem Job die Magisterarbeit zu Hause“, erklärt Jens.

Malte Matzke hat sein Diplom in Sozialwissenschaften seit kurzem in der Tasche, nun hängt er im Ungewissen zwischen Studium und Beruf, schreibt unzählige Bewerbungen und rast an zwei Vormittagen in der Woche durch die Stadt. „Rund 50 Kilometer kommen da zusammen“, schätzt Malte, der auch schon als „Mädchen für alles“ in der Küche und Pflege eines Altenheims, sowie im Konzert- und Eventmanagement gejobbt hat.

Entwicklung des Stadtbildes hautnah miterleben

Seit 2005 fährt er für „ Die Kuriere“ und schätzt die bezahlten Trainingskilometer. „Anfangs musste ich mich sich sehr überwinden, durch den dichten Verkehr der Alfredstraße zu fahren“, meint Matzke und erzählt von hupenden und meckernden Autofahrern. „Aber dagegen hab ich mir ein dickes Fell wachsen lassen.“

Gefährliche Situationen haben die beiden rasenden Kuriere bislang glücklicherweise selten erlebt. „Bei einer meiner ersten Fahrten als Kurier hat mich ein Auto beim Abbiegen erwischt, seither mach’ ich die Augen auf“, erzählt Jens. Und Malte meint: „Vor allem versuche ich Blickkontakt zu Autofahrern aufzubauen und Abstand von parkenden Autos zu halten.“

Als Kuriere sind Malte und Jens in ihren schwarzen Trikots mit gelber Schrift vorwiegend in Innenstadt, Rüttenscheid und Bredeney unterwegs. Kunden der Fahrradkuriere sind vor allem Ärzte, Dentallabore, Unternehmen und Rechtsanwälte. „Toll ist es, wenn man die vierstündige Schicht ohne lange Pausen durchkacheln kann“, meint Malte. „Das ist zwar anstrengend, aber besser als unproduktives Warten auf den nächsten Auftrag und ständiger Wechsel zwischen Kalt- und Warmphasen.“

Auf dem Rücken trägt Malte dann seine Kurierfracht im Rucksack. „Der wiegt durchschnittlich fünf Kilo, es können aber auch schon mal 32 sein“, erzählt Jens. „Das ist total unangenehm und man muss schauen, dass man schnell wieder leer wird. Die beiden Kuriere sind auf ihren eigenen Rädern und gegen Umsatzbeteiligung unterwegs. So kommt durchschnittlich ein Stundenlohn von acht bis zehn Euro zusammen, manchmal aber auch nur drei. Und Malte stellt fest: „Der besondere Reiz des Jobs ist, dass man die Entwicklung des Stadtbildes hautnah und täglich erlebt.“