Berlin. .

Immer mehr Berufsanfänger bekommen nur noch Zeitverträge. Die neuen Zahlen, die das Statistische Bundesamt und die Bundesagentur für Arbeit nun nennen, heizen nun den Streit zwischen Bundesregierung und Opposition an.

Denn die Regierung will die Befristung von Arbeitsverträgen sogar noch weiter er­leichtern.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte hingegen: „Wir wollen die befristete Arbeit zurückdrängen“. Die Begründung für diese Haltung liefert die ge­werkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung. Deren Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) er­klärte am Mittwoch, die Koalition betreibe „den Abbau des Kündigungsschutzes durch die Hintertür“. Befristete Stellen bedeuteten für die Beschäftigten mehr Unsicherheit und Druck.

Union und FDP wollen da­gegen tun, was im Koalitionsvertrag steht. Dort heißt es, dass die Unternehmen mehr Möglichkeiten erhalten sollen, Arbeitsverträge zeitlich zu begrenzen, ohne dafür eine juristisch überprüfbare Be­gründung liefern zu müssen. Heute dagegen ist die Befristung ohne Begründung stark reglementiert. In vielen Fällen müssen die Firmen Argumente anführen, wenn sie die Vertragsdauer für eine Stelle be­grenzen wollen. Durch die Li­beralisierung würde die Zahl der Kurzzeit-Jobs vermutlich weiter steigen.

Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) erfolgt heute schon fast jede zweite Neueinstellung (47 Prozent) befristet. Besonders davon betroffen sind junge Leute. „In der Al­tersgruppe der 20- bis 25-Jährigen arbeitete 2008 gut jeder Vierte mit be­fristetem Vertrag“, weiß das Statistische Bundesamt. Viele der jungen Arbeitnehmer machen freilich Studentenjobs, so dass man aus der Zahl der Befristungen nicht unbedingt soziale Unsicherheit herauslesen kann. Etwas anders dürfte es bei Wissenschaftlern, Gebäudereinigern und anderen Dienstleistungen aussehen – auch dort ist der Anteil der begrenzten Stellen sehr hoch. Frauen er­halten in vielen Branchen öf­ter Kurzzeit-Jobs als Männer.

Die Frage ist nun, wie die Entwicklung einzuschätzen ist – positiv oder negativ? Da­ten darüber, ob traditionelle, unbefristete Arbeitsplätze zu­nehmend durch kurze Jobs er­setzt werden, seien nicht vorhanden, heißt es beim IAB. Auch belastbare Erkenntnisse darüber, ob Firmen neue Stellen nur deshalb einrichten, weil sie sie befristen können, liegen nicht vor. Die Frage „Schafft Befristung zusätzliche Arbeit?“ lässt sich seriös kaum beantworten.

Andererseits kann das Nürnberger Institut mit dieser Zahl aufwarten: Fast die Hälfte derjenigen, die erst befristet eingestellt werden, erhält von derselben Firma später auch eine Stelle ohne zeitliche Be­grenzung. Dies unterstützt die Annahme von Union und FDP, dass Kurzzeit-Jobs eine Brücke in normale Arbeitsverhältnisse darstellen.

Dieser augenblicklich op­portunen Einstellung scheint das Arbeitsministerium freilich noch nicht ganz zu vertrauen. Entgegen den Zahlen des Statistikamtes erklärte ei­ne Sprecherin am Mittwoch, „insgesamt kann man nicht von einem signifikanten An­stieg befristeter Beschäftigung sprechen“.

Der Zuwachs zwischen 1991 und 2008 beruhe im wesentlichen auf einer Veränderung der statistischen Be­rechnungsmethoden. Das Statistik-Amt in Wiesbaden wies diese Einschätzung umgehend zurück. Die Zahlen seien be­lastbar, die neue Berechnungsmethode habe den Anstieg befristeter Beschäftigung al­lenfalls „etwas überzeichnet“.