Essen. .

Dienen und helfen wollen sie, aber jetzt müssen die Lions-Mitglieder sich um die Auffüllung der eigenen Kasse kümmern. Ihr Essener Schatzmeister hat 260 000 Euro aus der Clubkasse veruntreut, gestand er der WAZ.

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Von DerWesten

Der „Governor“ des Dis­trikts Westfalen-Ruhr, zu dem auch Essen gehört und der das Kern-Ruhrgebiet sowie Teile des Sauerlandes umfasst, dürfte am 22. April aus allen Wolken gefallen sein. Da meldete sich bei ihm die Deutschlandzentrale aus Wiesbaden und mahnte 132 000 Euro an ausstehenden Mitgliedsbeiträgen an. Gelder für die Welt- und Bundesorganisation. Auf Nachfrage hielt der Distrikt-Schatzmeister, ein 67 Jahre alter Rentner aus Borbeck, den Vorstand erst einmal hin. Sein PC sei abgestürzt.

Erst am 3. Mai gestand er das ganze Ausmaß. Der ehemalige Unternehmensberater gab zu, rund 260 000 Euro veruntreut zu haben. Der Grund: Persönliche finanzielle Schwierigkeiten, nachdem er 2005 Insolvenz für ein ihm gehörendes Seniorenheim in der Oberpfalz angemeldet hatte. Außerdem habe er in einen mittlerweile wertlosen Immobilienfonds in den neuen Ländern investiert, der ihm eigentlich habe Steuern ersparen sollen. Am 4. Mai entband ihn der Vorstand von allen Ämtern und erstattete einen Tag später Strafanzeige. Am 7. Mai trat der Schatzmeister aus dem Lions-Club „Assindia“ aus.

Mitglieder sollen Schaden mit Einmalzahlung von 85 Euro ausgleichen

Der Lions-Club, der sich als Zusammenschluss angesehener, meist wohlhabender Menschen sozialen Zwecken widmen will, ist jetzt vorrangig um Schadensbegrenzung bemüht. Mit einer Einmalzahlung von 85 Euro sollen die rund 3000 Mitglieder in den 80 Clubs des Distrikts den Schaden ausgleichen. Alternative wäre die Auf­lösung des fast vermögenslosen Distrikts. Verstimmung gibt es unter den Mitgliedern, weil der Bundesverband auf vollständiger Zahlung des veruntreuten Beitrags besteht.

Der Ex-Schatzmeister, der mit der WAZ in seiner Borbecker Wohnung sprach, sieht die ganze Aufregung gelassener. Natürlich sei er verzweifelt gewesen, sagt er. Jetzt zeigt er sich optimistisch: Er sei zur Rückzahlung bereit und habe das den Lions-Verantwortlichen zugesichert. Ja, er habe einen Fehler gemacht und finanziell zweimal Pech gehabt. Gedacht war der Griff in die Kasse als „Zwischenfinanzierung“, weil er sichere Aussicht auf Geld habe, über das er zur Zeit nur nicht verfügen könne: „Für die Mitglieder geht das allerhöchstens um ein paar Zinsen, mehr nicht.“

Was ihm wichtig ist: „Ich habe keine Spiel- oder Drogenschulden gemacht. Und auch nichts für Frauen ausgegeben.“ Freundlich, aber bestimmt sagt er das inmitten seines konservativ eingerichteten Wohnzimmers. Dort liegt auch die Ladung der Polizei zur Vernehmung. Die wird er verschieben müssen, weil er erst noch mit einem Anwalt sprechen will: „Ich habe ja keinen Strafverteidiger.“