Essen. .
Eine der umstrittensten Industrieanlagen Essens steht kurz davor, ihren Betrieb aufzunehmen: Der neue Müllofen der Entsorgungsfirma Harmuth im Stadthafen macht sich von Mittwoch an erstmals bemerkbar.
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Zur Vorbereitung des Verbrennungsbetriebs wird Wasserdampf durch die Rohre geblasen – bis Samstag zweimal täglich jeweils eine halbe Stunde. Das ist laut und führt zu einer weithin sichtbaren „Wasserdampf-Fahne“, teilt das Unternehmen mit. Es bittet die Anwohner von Vogelheim und Bergeborbeck um Verständnis.
Der endgültige Betriebsbeginn werde für den Monat September erwartet, sagt Rüdiger Steinfelsner von Harmuth. Damit schließt sich – vorerst – eins der umstrittensten Umwelt-Kapitel der Stadt: Selten ist in letzter Zeit so massiv gegen die Errichtung einer Industrieanlage gekämpft worden. Nicht nur 4000 Bürger aus den anliegenden Stadtteilen reichten schriftlich Beschwerde bei der zuständigen Behörde ein, der Düsseldorfer Bezirksregierung. Auch der gesamte Rat der Stadt Essen – abgesehen von Vertretern der FDP – lehnte im März 2007 die Anlage ab. Begründung: Noch mehr Lkw, Lärm und Dreck können weder Straßen noch die Bürger vor Ort verkraften. Außerdem sei das Müllheizkraftwerk Karnap nicht ausgelastet, warum also braucht Harmuth einen eigenen Müllofen?
„Der Norden ist ohne Lobby. Wie es den Menschen hier geht, ist der Stadt egal“
Der Ratsbeschluss hatte aber nur „Empfehlungscharakter“, wie es so schön heißt – – die Bezirksregierung Düsseldorf genehmigte den Ofen im Dezember ‘07. Danach strengte die „Stadtteilkonferenz Vogelheim“ eine Klage beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen an. Die Anlage verhindert konnte man damit nicht. „Der Norden ist ohne Lobby. Wie es den Menschen hier geht, ist der Stadt egal“, sagt Peter Wallutis, Sprecher der Stadtteilkonferenz. „In Kupferdreh wäre so eine Anlage nie genehmigt worden.“ Doch resigniert aufgeben wolle man nicht: „Wir werden die Emissions-Werte sehr genau verfolgen“, kündigt Wallutis an. „Und wenn nicht richtig gemessen wird, stellen wir Strafanzeige“. Er befürchtet, dass die Anlage Dioxin ausstößt.
Fest steht, dass künftig 200 Lkw pro Tag die Anlage anfahren sollen. Im Harmuth-Müllofen werden bis zu 26.000 Tonnen Industrieabfall-Reste pro Jahr verbrannt. „Es handelt sich um nicht verwertbare Kleinteile aus Papier, Pappe, Kunststoff und Metall“, erklärt Harmuth-Ingenieur Rüdiger Steinfelsner. Diese nicht verwertbaren Kleinteile habe Harmuth bislang in anderen Öfen verbrennen lassen – gegen Gebühr, vesteht sich. Angesteuert wurden das Müllheizkraftwerk Karnap und Anlagen in Oberhausen und Wesel. Der neue, eigene Müll-Ofen sei eine „wichtige Investition in die Zukunftsfähigkeit“ des Unternehmens.
Umwelt-Dezernentin Simone Raskob betont: „Freiwillig“ habe Harmuth bessere Filter in die Anlage eingebaut als vorgeschrieben. Die erwarteten Abgaswerte würden teilweise „um mehr als die Hälfte“ unter den gesetzlichen Vorgaben liegen.