Essen/Duisburg.
Immer neue Funde des hochgradig gesundheitsgefährdenden Baustoffs Asbest verängstigen Mitarbeiter und Studierende der Uni Duisburg-Essen. Die Hochschule hingegen beschwichtigt, dass keine Gefahr bestünde.
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Immer neue Funde des hochgradig gesundheitsgefährdenden Baustoffs Asbest an der Uni Duisburg-Essen (UDE) sorgen für Aufregung und Sorge bei Studierenden und Angestellten. Jüngst wurden in Zwischendeckenbereichen des „R-Gebäudes“ erneut Spritzasbest-Stellen entdeckt. Die Universität ergriff Sofortmaßnahmen: Einige Asbeststellen wurden entfernt und in den als kritisch geltenden Deckenhohlräumen wurde ein „striktes Eingriffsverbot“ verhängt. – Alles andere als eine dauerhafte Lösung, sagen Experten.
Um zu überprüfen, wie groß die Asbest-Belastung wirklich ist, beauftragte die Universität einen externen Dienstleister, der bis Mitte vergangener Woche Messungen in allen Räumen des „R-Gebäudes“ durchführte. Das Ergebnis: Die Anzahl der Asbestfasern in der Raumluft konnte durch die vorangegangenen Maßnahmen reduziert werden. Reduziert, wohlgemerkt, aber nicht komplett beseitigt. Angesichts dessen erscheint es gewagt, wenn UDE-Kanzler Rainer Ambrosy in einem internen Schreiben an die Hochschulangehörigen in fett gedruckten Lettern schreibt, dass „wir Ihnen versichern, dass nach den vorliegenden Messergebnissen keine Gefahr“ besteht.
Finanzbedingter Sanierungsstau
Woher nimmt Ambrosy diese Gewissheit? Weitere interne Papiere belegen, dass in einigen Räumen über acht Stunden Schadstoffkonzentrationen von mehr als hochgerechnet 50 Asbestfasern pro Kubikmeter Luft gemessen wurden. Nach Angaben eines Mitarbeiters des Mess-Unternehmens lag in einigen Räumen die Belastung gar bei über 100 Fasern pro Kubikmeter Luft. Mediziner sprechen in diesem Zusammenhang übrigens nicht von „Fasern“, sondern bezeichnenderweise von „Nadeln“.
Zulässig sind Höchstgrenzen von bis zu 1000 Asbest-Fasern in der Raumluft - es ist ein theoretischer Wert, deshalb raten Experten immer zu einer vollständigen Entfernung der Asbestprodukte. Diese kostenintensive Lösung ist jedoch oft aus finanziellen Gründen nicht realisierbar. Auch an der Uni Duisburg-Essen gibt es einen finanzbedingten Sanierungsstau. AStA-Mitarbeiter beziffern diesen auf bis zu 500 Millionen Euro. Weil das Geld fehlt, bleiben Spuren des Giftstoffs in der Luft. Fatal, denn auch bei niedrigerer Konzentration ist eine Gefährdung der Gesundheit, anders als Rektor Ambrosy versichert, keineswegs ausgeschlossen.
„Prinzipiell gilt, je höher die Belastung, desto größer die Gefahr. Aber auch kleinste Mengen können ganz üble Folgen haben, denn im Laufe von Tagen, Wochen, Monaten und Jahren potenziert sich die Menge aufgenommener Asbestnadeln erheblich“, berichtet Dr. Wilfried Eberhardt, Onkologe am Uniklinikum. Zur Begründung der 1000-Faser-Grenze sagt Onkologe Eberhardt, dass „für Begutachtungszwecke eine willkürliche Grenze festgelegt werden musste, ab der Asbestfasern als gesundheitsschädlich gelten“.
Die unterschwellige Angst bleibt
Die Erforschung von asbestbedingten Krankheiten, wie dem gefürchteten „Pleuramesotheliom“, einem Rippenfell-Tumor, werde zudem erheblich dadurch erschwert, dass bis zum Ausbrechen der Krankheit bis zu 30 Jahre vergehen können. „Wenn ein Mensch erstmal ernsthaft erkrankt ist, lässt sich kaum noch feststellen, wo er die Giftstoffe aufgenommen habe und wie hoch die Belastung tatsächlich war“, sagt Eberhard.
An der UDE wird bis Mitte 2013 nach und nach das betroffene R-Gebäudes saniert, wobei die Überbleibsel des einst als „Wunderfaser“ gepriesenen Baustoffs so gut es geht entfernt werden sollen. Die unterschwellige Angst jedoch bleibt.