Essen.
Der Aldi-Gründer und Multimilliardär Theo Albrecht starb mit 88 Jahren in seiner Heimatstadt Essen. So groß sein Erfolg, so gering war seine Neigung ein Leben in der Öffentlichkeit zu führen.
Er und sein Bruder waren und sind die großen Unbekannten der Stadtgesellschaft. Und doch haben neben den Krupps keine anderen Essener je eine solche ökonomische Breitenwirkung entfaltet wie die Gebrüder Albrecht. Theo, der jüngere, ist am Samstag nach langer Krankheit im Alter von 88 Jahren verstorben. Und es passt zur extremen Geheimniskrämerei von Firma und Familie, dass der Tod des Aldi-Gründers erst gestern gegen Mittag publik wurde. Die Beerdigung auf dem Friedhof an der Westerwaldstraße in Bredeney war um diese Zeit gerade beendet. Selbstverständlich fand sie im engsten Familienkreis statt. Da Theo Albrecht in Essen gestorben ist, zuvor am Alfried-Krupp-Krankenhaus behandelt wurde und in Bredeney begraben liegt, kann man vermuten, dass er dort auch gelebt hat - wohl in jenem Haus, das er sich vor über 50 Jahren an der Westerwaldstraße baute.
Mit einem Vermögen von geschätzt 12,3 Milliarden Euro war Theo Albrecht nur unwesentlich ärmer als sein 90-jähriger Bruder Karl, der es nach der aktuellen Forbes-Liste auf 17,3 Milliarden bringt. Das sind märchenhafte Summen, bedenkt man, dass beide ganz klein anfingen. In Schonnebeck, an der Huestraße 89, hatten die Eltern in den 1920er Jahren einen kleinen Krämerladen übernommen, den die Brüder ab 1946 weiterführten. Ein „Albrecht Discount“ war das natürlich noch nicht . Auf die Discount-Idee, die der Familie Reichtum und den Konsumenten niedrige Lebensmittelpreise bescherte, kamen die Brüder in den 1950er Jahren.
Werte des ehrbaren Kaufmanns
An diese Pionierleistung der Wirtschaftsgeschichte, die in aller Welt kopiert wurde, erinnerten gestern auch der Essener Einzelhandelsverband und die Industrie- und Handelskammer in ihren Würdigungen. Bei allem Erfolg habe Albrecht „die Werte des ehrbaren Kaufmanns besonders hochgehalten“, so die IHK. In der Todesanzeige rühmt die Aldi-Nord-Gruppe - die Brüder hatten 1961 ihre Vertriebsgebiete getrennt - die große persönliche Bescheidenheit ihres Chefs. Tatsächlich war Theo Albrecht dafür und für seine große Sparsamkeit zeitlebens bekannt. Von Spenden und Sponsoring weiß man offiziell wenig. Es gab dennoch Unterstützungsgaben, auch solche im lokalen Rahmen, aber sie blieben im Verborgenen. Der Spender hatte dies stets zur Bedingung gemacht.
Ein sicher entscheidender Einschnitt im Leben von Theo Albrecht war die spektakuläre Entführung im Jahr 1971, die mit der Lösegeldübergabe durch den damaligen Ruhr-Bischof Franz Hengsbach endete. Albrecht wurde nach diesem Verbrechen öffentlichkeitsscheuer denn je.
Folglich weiß man wenig über ihn, stattdessen kursieren Anekdoten. Als Theo Albrecht, ein gläubiger Katholik, nach mehreren Inkognito-Besuchen in einer Essener Kirche angesprochen wurde, wer er eigentlich sei, habe die Antwort gelautet: „Ich bin ein Einzelhändler.“ Und das war ja nichts als die Wahrheit.