Essen. Bis Montag hatten sich schon rund 88.000 Wahlberechtigte gemeldet. QR-Code auf der Wahlbenachrichtigung erweist sich als voller Erfolg.

Für eingefleischte Polit-Experten muss es eine echte Enttäuschung sein: Keine zwei Wochen mehr bis zur Europawahl, doch angesichts eines fast lautlos dahinplätschernden Wahlkampfs scheint auch in Essen bislang so recht keine Wahlstimmung aufzukommen. Umso mehr erstaunen die aktuellen „Wasserstandsmeldungen“ aus dem Wahlamt am Kopstadtplatz. Danach gibt es im Vorfeld des 9. Juni einen „extrem hohen Anteil an Briefwahl-Anträgen“. Springt die Beteiligung auf neue Höhen?

Bis zum Montag dieser Woche hatten jedenfalls schon rund 87.800 der mehr als 408.000 wahlberechtigten Essenerinnen und Essener einen Wahlschein beantragt – deutlich mehr als zum gleichen Zeitraum bei der letzten Direktwahl für das Europäische Parlament vor fünf Jahren. Großen Anteil am Zulauf hat offenbar die deutliche Vereinfachung des Briefwahl-Antrags durch einen sogenannten QR-Code, der erstmals auf den Wahlbenachrichtigungen aufgedruckt ist. Allein auf diesem Weg orderten nach Auskunft von Guido Mackowiak vom Wahlamt bislang fast 59.000 Wahlberechtigte ihre Unterlagen.

Eine höhere Beteiligung als bei der Landtagswahl? Der aktuelle Trend gibt‘s her

Und täglich kommen tausende Anträge hinzu, nach dem Wochenende oder nach Feiertagen etwa bis zu 9000 Anforderungen und mehr. Parallel dazu gibt es nach wie vor die Möglichkeit, bei einem Innenstadt-Besuch im Rathaus vorbeizuschauen und dort an der Direktwahl teilzunehmen. Bislang machten gut 2900 Essenerinnen und Essener davon Gebrauch.

Die Beteiligung bei Europwahlen ließ in früheren Jahren stets zu wünschen übrig, lag etwa bei den Urnengängen der Jahre 1999, 2004 und 2009 in Essen durchweg unter 40 Prozent. 2014 gab es dann einen Sprung auf rund 47 Prozent, vor fünf Jahren gar auf knapp unter 60 Prozent. Schon damals bescherte augenscheinlich die Sorge vor einem Rechtsruck in der europäischen Politik einen spürbar stärkeren Zulauf. Sollte bei der aktuellen Wahl der bislang zu verzeichnende Trend Bestand haben, dann könnte die Europawahl 2024 zumindest in Essen eine höheren Stimmenanteil verzeichnen als die letzte Landtagswahl. Bei der landete die Beteiligung allerdings auch nur leicht über der 50-Prozent-Marke.

Geier bleibt im Parlament, Reil räumt seinen Sitz: Diese Entscheidungen sind schon sicher

Wenig Überraschendes hält die Europawahl in Essen für lokale Mandatsträger bereit: Der Rüttenscheider SPD-Europaabgeordnete Jens Geier (62) jedenfalls muss als Zweiter der sozialdemokratischen Bundesliste nicht um seinen erneuten Einzug ins Europa-Parlament fürchten. Guido Reil (54) von der AfD wiederum beendet sein Gastspiel in Brüssel und Straßburg gegen seinen Willen: Er hatte zwar für eine weitere fünfjährige Amtszeit kandidiert, war aber bei der parteiinternen Nominierung durchgefallen. CDU und Grüne haben keinen Essener Bewerber auf den vorderen Rängen platziert.

Und dennoch wird das Ergebnis des Europawahl-Abends auch für sie ausgesprochen interessant. Schließlich gilt die Abstimmung als kleiner Testlauf für die Wahlen im kommenden Jahr, wenn neben dem Bundestag auch der Stadtrat, die Bezirksvertretungen und auch der OB-Posten zur Wahl stehen. Nicht nur der Zuspruch für die „Alternative für Deutschland“ wird mit Spannung erwartet, es geht auch um die Frage, ob es den Grünen noch einmal gelingt, sich als zweitstärkste Kraft in Essen vor die SPD zu schieben.

Die Antwort auf diese Frage dürfte am Wahltag des 9. Juni gegen 22 Uhr absehbar sein. Bis das vorläufige amtliche Endergbenis feststand, mussten die Essenerinnen und Essener vor fünf Jahren allerdings bis kurz vor 23 Uhr warten.