Essen-Stoppenberg. Immer öfter werden in einem Essener Wohngebiet Ratten gesichtet. Weil unklar ist, woher sie kommen, übernimmt niemand Verantwortung.
Die Ratten sind los – das zumindest berichten Anwohner einer Stoppenberger Wohnsiedlung. Und tatsächlich: Alle paar Meter sind Löcher im Boden zu sehen. Nahe des Helenenparks hat jemand Fallen aufgestellt – doch die hätten nicht viel bewirkt, sagen sie: Die ungebetenen Gäste hätten es sich längst in der Siedlung am Stoppenberger Bach gemütlich gemacht. Viele Nachbarn hätten schon ihre Erfahrungen mit den Tieren gemacht. Und man hört hier immer wieder: „Die Ratten müssen weg.“
Essenerin fürchtet Krankheiten durch Ratten im Garten
Es vergeht kein Abend, an dem Sibylle Bärsch nicht das Hühnerfutter in ihr Wohnzimmer holt. Die Ratten haben bereits ein Loch in den Hühnerstall genagt. Das Futter würde laut Bärsch die Tiere nur weiter anlocken. „Das machen wir jetzt schon seit über einem Jahr“, sagt Bärsch. Sie geht immer wieder durch ihren Garten und klopft auf Gartenmöbel und andere Gegenstände – es könnten ja Ratten darunter lauern.
Normalerweise pflanze sie gerne Kräuter an, sagt sie. Durch die Ratten aber habe sie Angst, sich mit Krankheiten anzustecken. „Man kann die Kräuter zwar abwaschen, aber trotzdem ist das ekelig.“ Auch ihre Teenager-Tochter würde durch die Ratten im Alltag eingeschränkt werden. „Sie traut sich gar nicht mehr aus dem Haus und schickt immer unseren Hund vor“, sagt die 53-Jährige.
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Auch die Nachbarn berichten von einer „Rattenplage“. Michel Buschmann wohnt zusammen mit seiner Frau und Kindern in einem Haus der Siedlung. Schon drei Mal habe er einen Kammerjäger kontaktiert – viel gebracht habe das allerdings nicht. Den Gifteinsatz sieht er daher umso kritischer: „Die Kinder spielen ja auch im Garten. Wenn da Gift herumliegt, ist das gar nicht schön.“ Auch seinen Sohn Elias belastet die Situation. „Ich habe Angst vor den Ratten, die können mich ja beißen“, sagt der Sechsjährige. „Wir glauben, dass wegen der Ratten unsere Kaninchen gestorben sind.“
Unklare Eigentumsverhältnisse erschweren die Rattenbekämpfung in Stoppenberg
Die Anwohner der Stoppenberger Siedlung fühlen sich mit der Situation überfordert. Die meisten Köder und Fallen würden sie selbst bezahlen müssen. „Wir haben schon alleine für Fallen über 200 Euro gezahlt“, sagt Bärsch. Nach einer Beschwerde beim Ordnungsamt habe sich nur kurzfristig etwas verändert. Lediglich am Fuße des Grünstreifens seien ein paar Fallen aufgestellt worden.
Auch Adam Kowalski hat schon mehrfach Fallen und Giftköder besorgt. „Das Gift ist für die Tiere wie Leckerlis. Jetzt brauchen wir richtige Kammerjäger von der Stadt“, fordert der 56-Jährige.
Die Vermutung der Anwohner, dass es sich bei dem Grünstreifen, von dem die Ratten kommen würden, um ein städtisches Grundstück handle, treffe nicht zu. Die Fläche sei im Privatbesitz, teilt ein Stadtsprecher auf Anfrage mit. Aus diesem Grund könne die Stadt dort keine Fallen aufstellen, da sie nur auf städtischen Flächen aktiv werden könne. Sollten Bewohner einen Rattenbefall auf städtischen Grundstücken bemerken, sollten sie dies per Mail oder Mängelmelder-App melden. Auf ihren eigenen Grundstücken seien die Bewohner selbst für die Schädlingsbekämpfung verantwortlich.
Essener Anwohner halten Baustelle der Emschergenossenschaft für Auslöser des Rattenproblems
Doch weshalb haben sich die Ratten überhaupt in der Siedlung ausgebreitet? Die Emschergenossenschaft baut derzeit in der Nähe der Siedlung. Unter anderem werden Rohre verlegt. Sibylle Bärsch vermutet dort den Ursprung des Rattenproblems. „Ich glaube, dass die Tiere durch die ganzen Erschütterungen in der Erde rausgekommen sind“, sagt die 53-Jährige. Das Problem sei nämlich parallel zum Start der Erdarbeiten aufgetreten.
Ein Sprecher der Emschergenossenschaft weist diese Vermutungen zurück: „In der Regel rühren Rattenprobleme von achtlos oder bewusst erfolgten Müllablagerungen“, so der Sprecher. Ein Rattenproblem in Stoppenberg sei darüber hinaus nicht bekannt, da keine Beschwerden eingegangen seien. Die Bewohner geben zu, dass sie regelmäßig Grünschnitt aus dem Garten in den Grünstreifen legen – jedoch nie Essensreste. Müllablagerungen am Grünstreifen sind bei einem Ortsbesuch überschaubar: Grünschnitt und ein wenig Plastikmüll.
Der stellvertretende Bezirksbürgermeister Wilhelm Bock erinnert sich, dass es in der Gegend vor einigen Jahren ein ähnliches Problem gegeben habe, ihm sei die aktuelle Situation jedoch nicht bekannt: „In der Bezirksvertretung ist mir noch nichts zu Ohren gekommen.“ Auch hätten ihn keine Beschwerden vonseiten der Anwohner erreicht. Dennoch wolle er sich demnächst ein Bild vor Ort machen.
Für die Anwohner sind die Antworten der Stadt und der Emschergenossenschaft enttäuschend. Die Ratten würden sich in den Gärten ausbreiten: Sie seien überall.
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