Essen. Das Unternehmen Ruhrfibre verlegt in Essen gerade massiv Glasfaserleitungen. Wie der Stand ist, berichtet der Geschäftsführer im Interview.

Herr Rautenberg, vor knapp einem Jahr hat Ruhrfibre mit dem Aufbau eines Glasfasernetzes in Essen begonnen. Wo stehen Sie heute?

Wir sind aktuell in 15 Stadtteilen unterwegs und damit natürlich im Straßenbild zu bemerken. Um sich ein Bild zu machen: In der Woche sind 70 bis 90 Baukolonnen unterwegs, um Trassen zu legen und Anschlüsse bis zum Haus. Hinzukommen weitere Kolonnen für die Bereitstellung der Inhausverkabelung. Die Trupps, die meist aus vier Leuten bestehen, schaffen dabei zusammen bis zu zehn Kilometer in der Woche. Das ist schon ein signifikantes Volumen.

Trassen zu legen ist das eine, aber wie viele Hausbesitzer entscheiden sich momentan tatsächlich für einen Anschluss?

Da wo wir bereits unterwegs sind, entscheiden sich mehr als 50 Prozent der Haushalte für Glasfaser von Ruhrfibre. Wir bauen also nicht an den Häusern vorbei, sondern sind bei den Anschlüssen extrem erfolgreich. Bei Einfamilienhäusern haben wir teils sogar noch eine höhere Quote, bei Mehrfamilienhäusern ist es noch etwas niedriger. Die Vermieter sollten sich allerdings fragen, wie attraktiv ihre Wohnungen künftig ohne einen Glasfaseranschluss sind und sollten sich schnell entscheiden.

Um den Glasfaseranschluss am Ende nutzen zu können, muss man einen Tarifvertrag abschließen. Wie viele Haushalte, die sie anschließen, machen das dann tatsächlich?

Um eines klarzustellen: Wir verkaufen keine Tarife. Wir sind lediglich das Unternehmen, das die Infrastruktur bereitstellt. Und viele Eigentümer nutzen jetzt die Chance, ihr Haus für die Zukunft fit zu machen, unabhängig davon, ob sie Glasfaser sofort oder erst später nutzen wollen. Bei uns muss niemand einen Tarif buchen. Momentan ist es für die Besitzer ja auch kostenlos, sich anschließen zu lassen. Wer sich später dafür entscheidet, für den könnte es dann teuer werden.

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Wenn Sie die Anschlüsse kostenlos und auch ohne Tarifabschluss verlegen, womit verdienen Sie dann Ihr Geld?

Wir sind nicht börsennotiert und somit kurzfristig getrieben, sondern setzen auf Langfristigkeit. Für uns ist wichtig, wie unser Netz in einigen Jahren dasteht. Wir können es uns erlauben, länger zu warten, bis unser Netz voll ausgelastet ist.

Klingt so, als ginge es zunächst darum, möglichst als Erster und noch vor der Konkurrenz zu sein.

Natürlich möchten wir die Immobilien in Essen so schnell wie möglich für die Glasfasernutzung ertüchtigen.

Dennoch kommt es auch in Essen zu einem sogenannten Überbau. Das heißt: Wo gerade erst ein Anbieter gebuddelt hat, kommt kurz danach der nächste und reißt die Straße wieder auf.

Für die Konkurrenz kann ich nicht sprechen. Aber wir möchten diesen Doppelausbau vermeiden. Denn er ist volkswirtschaftlicher Unsinn. Wir schauen uns vorher immer an, wo bereits Glasfaser liegt. Und wenn das der Fall ist, bauen wir nicht aus, sondern fokussieren uns auf die Gebiete, die noch nicht versorgt sind.

Im Juni 2023 ging‘s los: Erster Spatenstich für den Glasfaserausbau am Viehauser Berg in Essen-Werden. Im Bild (v.l.n.r.): Stefan Andrien (Vodafone), Jochen Sander (EVV), Bürgermeister Rudolf Jelinek, Florian Donath (Ruhrfibre), Rainer Wienke (Stadt Essen), Marcel Beverungen (DIF Capital Partners) und Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp.
Im Juni 2023 ging‘s los: Erster Spatenstich für den Glasfaserausbau am Viehauser Berg in Essen-Werden. Im Bild (v.l.n.r.): Stefan Andrien (Vodafone), Jochen Sander (EVV), Bürgermeister Rudolf Jelinek, Florian Donath (Ruhrfibre), Rainer Wienke (Stadt Essen), Marcel Beverungen (DIF Capital Partners) und Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Ihr Ziel lautete zu Beginn, dass Ruhrfibre bis Ende 2025 etwa 150.000 Haushalte mit Glasfaseranschlüssen ausstatten will. Sind Sie auf Kurs?

Wir sind auf einem guten Weg dahin. Im vergangenen Jahr sind wir etwas langsamer vorangekommen als gedacht, holen dies aber in diesem Jahr auf. Man muss sich auch die Dimension vorstellen: Wir wollen 1200 Kilometer Glasfaserleitungen im Essener Stadtgebiet verlegen. Da passieren immer mal wieder unvorhergesehene Dinge.

In den Verträgen, die Ruhrfibre mit den Hauseigentümern abschließt, steht keine Verpflichtung, bis wann das Unternehmen den Anschluss realisieren muss. Warum nicht?

Tatsächlich sind die häufigsten Fragen, die wir am Servicetelefon hören: Wann sind Sie in unserer Straße, wann bekomme ich meinen Anschluss? Leider können wir das nicht längerfristig planen, sondern nur kurzfristig mit wenigen Wochen Vorlauf sagen. Das kann daran liegen, wie wir auf unseren eigenen Baustellen vorankommen oder auch an Koordinationsfragen mit fremden Baustellen sowie an den Baugenehmigungen.

Glasfaserausbau Essen

Ruhrfibre ist eines von drei Unternehmen, das derzeit aktiv in Essen den Glasfaserausbau vorantreibt. Die Stadt Essen ist über ihre Holding EVV an Ruhrfibre beteiligt. So will sie Einfluss darauf nehmen können, dass übers Stadtgebiet hinweg ausgewogen ausgebaut wird und sich Unternehmen nicht nur die lukrativen Gegenden aussuchen.

Neben Ruhrfibre verlegt auch die Telekom großflächig Glasfaser in Essen. Dritter Anbieter ist die Deutsche Giga Access GmbH (DGA). Letztere hat mit rund 18.000 Haushalten das kleinste Ausbauziel der Genannten. Die DGA ist ausschließlich in südlichen Stadtteilen unterwegs.

Infos zum Ausbaustand und den ausbauenden Unternehmen gibt es auch bei der zuständigen Breitbandbeauftragten der Stadt Essen, Cathrin Lehmann. Sie ist erreichbar unter Telefon 0201 8862003 oder per Mail cathrin.lehmann@amt62.essen.de.

Die Verbraucherzentrale in Essen hilft bei Fragen rund um Verträge und ist unter 0201 64957401 oder per Mail essen@verbraucherzentrale.nrw zu erreichen.

Wir hören immer wieder von Bürgern, dass Gehwege oder Straßen nach dem Glasfaserausbau nicht so hergestellt werden wie vorher. Jetzt mag das nicht unbedingt Ruhrfibre betreffen, aber gibt es da keine Vorgaben?

Generell besteht die Pflicht, die Oberflächen wieder so herzustellen, wie sie vorher waren. Uns erreichen dazu nur wenige Beschwerden aus der Bevölkerung. Und wenn, dann reagieren wir schnell. Wir schauen uns auch regelmäßig den Mängelmelder der Stadt an, ob es dort Einträge zu unseren Baustellen gibt. Außerdem gibt es immer eine Abnahme seitens der Stadt. Wir selbst haben ein Interesse daran, dass die Baustellen ordentlich verlassen werden. Denn wenn das nicht geschieht, schadet das dem Ansehen der gesamten Branche und der Akzeptanz von Glasfaser insgesamt.

Jüngst meldete sich ein Bürger aus Bredeney, vor dessen Haustür die Bautrupps morgens um 7 Uhr begannen und abends nach 20 Uhr bei Regen und Kälte immer noch buddelten. Er fragt natürlich zu Recht, ob da arbeitsrechtliche Standards eingehalten werden und nach welchen Kriterien Ruhrfibre seine Auftragnehmer aussucht?

Der konkrete Fall ist uns nicht bekannt. Das werden wir prüfen. Generell gibt es bei Ruhrfibre einen ausführlichen Auswahlprozess für Bauunternehmen, die wir beauftragen, bei dem es auch darum geht, dass Qualität und arbeitsrechtliche Standards sowie Sicherheitsvorschriften auf den Baustellen eingehalten werden. Das ist auch unsere Verantwortung. Deshalb sind täglich unseren Bauüberwacher draußen, um das zu kontrollieren. Bislang gab es nach meiner Kenntnis keine Auffälligkeiten in diese Richtung. Sollten wir Unregelmäßigkeiten feststellen, dann werden wir natürlich Maßnahmen ergreifen.

Letzte Frage: Ruhrfibre arbeitet mit Vodafone als Tarifpartner zusammen. Das heißt: Wer aktuell Ihren Glasfaseranschluss nutzen will, muss einen Vertrag mit Vodafone abschließen. Viele Hausbesitzer würden aber gerne die Wahl haben. Wann vermietet Ruhrfibre sein Netz auch an andere?

Vodafone hat attraktive Produkte, Preise und bietet höchste Bandbreiten. Open Access, also der offene Zugang, wird kommen. Möglicherweise gibt es dazu schon im nächsten Jahr erste Schritte.

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