Essen. Im Zuge der Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof soll die Hauptverwaltung des Warenhaus-Konzerns noch 2024 nach Düsseldorf umziehen.

Einer Pleite zu entkommen, das geht nicht ohne die Belegschaft. „Man muss die Leute mitnehmen“, sagen Manager dann gerne, also wandte sich, als Galeria Karstadt Kaufhof im Januar zum nun schon dritten Mal in die Insolvenz rutschte, auch Rechtsanwalt Stefan Denkhaus an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Essener Galeria-Zentrale: „Geben Sie uns die Chance, dass wir gemeinsam den Karren aus dem Dreck ziehen und in eine gute Zukunft führen“, so lautete der Appell des Insolvenzverwalters. Knapp drei Monate später scheint klar: Der Karren rollt in die Zukunft, aber er rollt weg aus Essen. Und er nimmt offenbar weniger mit, als von manchem erhofft.

Die vermeintlichen Retter von Galeria stoßen in der Belegschaft auf gebremste Begeisterung

Klarheit gibt es voraussichtlich am kommenden Dienstag, der zum großen Tag für Galeria werden dürfte – mit allerlei guten wie auch schlechten Nachrichten: Zu den guten zählt, dass Denkhaus dann offenbar jenen finanzstarken Investor präsentieren kann, der den angeschlagenen Warenhaus-Konzern aus der Krise führen will. Bei einem der beiden letzten verbliebenen Interessenten soll es sich laut „Wirtschaftswoche“ um das Family Office des amerikanischen Geschäftsmanns Richard Baker (NRDC) handeln.

Eine Nachricht, die in der Belegschaft auf gebremste Begeisterung stößt, denn die zu NRDC gehörende kanadische Handelskette Hudson’s Bay Company (HBC) war schon einmal Eigentümer der damals noch eigenständigen Warenhauskette Kaufhof – und dort wenig erfolgreich. „Das sollen die Heilsbringer sein?“, staunen manche: „Die haben Kaufhof doch erst übernahmereif gemacht.“

Sie wollen den Warenhauskonzern wieder auf Vordermann bringen (von links): Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus und Galeria-Chef Olivier van den Bossche.
Sie wollen den Warenhauskonzern wieder auf Vordermann bringen (von links): Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus und Galeria-Chef Olivier van den Bossche. © dpa | Rolf Vennenbernd

Doch mehr noch als der skeptische Blick auf den möglichen Eigentümer bewegt die Belegschaft der Essener Kaufhaus-Zentrale die Frage, wo und in welcher Größe diese künftig ihren Platz hat. Nach Informationen dieser Redaktion ist der Abschied aus Essen intern bereits ausgemachte Sache: Weg aus Essen-Bredeney, hin nach Düsseldorf. Genauer: an die Schadowstraße im Herzen der Landeshauptstadt. Dort sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Vernehmen nach in den oberen Etagen eines Galeria-Warenhauses ihren Schreibtisch vorfinden. Eine solche Lösung passt zu dem Credo, das Galeria-Chef Olivier van den Bossche zuletzt formuliert hatte: „Mir wäre persönlich am liebsten, dass wir so nah wie möglich bei unseren Kunden in einer Filiale sind.“

Nach 55 Jahren in Bredeney wanderte die Kaufhaus-Zentrale jetzt nach Düsseldorf ab

Wenn es so kommt, wäre dies das Ende einer Essener Kaufhaus-Ära, die nach dem Zweiten Weltkrieg begann: Da kam ein Teil der Zentrale für die einst in Wismar gegründete Warenhauskette Karstadt im alten Kaufhaus von Theodor Althoff am Limbecker Platz in Essen unter. Die neue Hauptverwaltung in Essen-Bredeney, von Architekt Walter Brune mit viel Platz und Glas entworfen und nur einen Steinwurf von der Autobahn A52 entfernt, wurde dann 1969 bezogen. Sie steht seit 2017 unter Denkmalschutz und beherbergt mittlerweile auch die Polizeiinspektion Süd.

Seit 55 Jahren regiert das Management von hier aus die Geschicke des Warenhaus-Konzerns: das Gelände an der Theodor-Althoff-Straße in Bredeney.
Seit 55 Jahren regiert das Management von hier aus die Geschicke des Warenhaus-Konzerns: das Gelände an der Theodor-Althoff-Straße in Bredeney. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Dass für Galeria die Tage an der Theodor-Althoff-Straße gezählt sind, zeichnete sich allein aus Kostengründen längst ab. Das Gebäude gehört der insolventen österreichischen Galeria-Mutterfirma Signa. Dem Vernehmen nach soll das Unternehmen rund vier Millionen Euro Miete im Jahr an Signa zahlen; und das für eine offenbar sanierungsbedürftige Immobilie.

Früh war klar, dass Essen die vom Galeria-Chef geforderte Nähe der Verwaltung zum Verkauf an einem anderen Standort wohl nicht würde bieten können. Die Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft legte sich dennoch kräftig, wenn auch am Ende vergeblich ins Zeug, diente dem Konzern für seine Unternehmens-Zentrale (interner Begriff: „Service-Center“) mehrere Immobilien innerhalb der Essener Stadtgrenzen an, darunter am Opernplatz und in der Kettwiger Straße. Was die Auswahl dabei einschränkte, war unter anderem die Notwendigkeit, kurzfristig verfübar zu sein. Denn noch in diesem Jahr, so heißt es, soll der Umzug über die Bühne gehen.

„Das wird blutig“, heißt es über den Personalabbau in der Galeria-Zentrale: Nur 350 sollen bleiben

Sonderlich groß musste der Standort nicht sein, und das ist eine weitere schlechte Nachricht für die Belegschaft: Sie soll dramatisch verkleinert werden. „Das wird blutig“, orakelt eine mit den Zahlen vertraute Person: Danach soll die Hauptverwaltung von derzeit gut 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf nur noch 300 bis 350 verkleinert werden. Galeria müsse, so hatte es Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus ausgedrückt, künftig eher „mittelständisch aufgestellt“ sein, in Essen gebe es aber teilweise „immer noch Konzernstrukturen“. Selbst Betriebsräte mögen da nicht allzu laut widersprechen: Dass der Laden doch eher „überdimensioniert“ sei, räumte zuletzt selbst der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats ein.

Bleibt die Galeria-Filiale im Einkaufscenter Limbecker Platz erhalten? Auch diese Frage könnte in der kommenden Woche entschieden sein.
Bleibt die Galeria-Filiale im Einkaufscenter Limbecker Platz erhalten? Auch diese Frage könnte in der kommenden Woche entschieden sein. © FUNKE Foto Services | Julian Heppe

Vom massiven Personalabbau im „Service-Center“ auf eine ähnlich einschneidende Lockerung des Filialnetzes zu schließen, wäre gleichwohl falsch. Nach wie vor gilt es als ausgemacht, von den bundesweit aktuell 92 Galeria-Warenhäusern auf eine Größenordnung von „60 plus X“ abzuschmelzen. Ob damit auch die Essener Filiale im Einkaufscenter Limbecker Platz erhalten bleibt, ist weiter offen. Die Entscheidung steht und fällt wohl mit weiteren Zugeständnissen bei der Miethöhe, wobei ohnehin schon eine spürbare Verkleinerung der Verkaufsfläche ausgemachte Sache scheint. Derzeit stehen Galeria im Limbecker rund 20.000 Quadratmeter zur Verfügung.

Ob es einen „goldenen Handschlag“ gibt, wird sich für die Mitarbeiter schon bald erweisen

Ein quälend langer Warteprozess bis zur Entscheidung bleibt allen Beteiligten bei alledem wohl erspart: Der Insolvenzverwalter will noch im April den wesentlichen Teil der Mietverträge und -nachträge unterzeichnen sowie den Verkauf mit dem Investor beim Notar beurkunden. „Das ist das goldene Tor, durch das wir schreiten müssen“, ließ er sich jüngst zitieren. Wie viele Mitarbeiter alles in allem mit hindurch dürfen, ist unklar.

Und ob es für jene, die gehen müssen, einen goldenen Handschlag gibt.