Essen. „Wohnorte gegen Geburtsorte“: Der Künstler Andreas Slominski zeigt gesammelte Fußballplakate aus den 1980ern im Museum Folkwang.
Eigentlich kennt man Andreas Slominski als den großen Fallensteller der Kunst. Seit vielen Jahren schon ködert der gewohnt publikumsscheue Tüftler den Betrachter mit seinen skurrilen, wie gefährlich anmutenden Kisten, Körben und Käfigen, die uns im Museum immer schon so irritierend fremd vorkamen wie – Fußballplakate. Zumal das Museum Folkwang seinen Ausstellungsraum im Rahmen der Fußball-EM 2024 nicht für die Königsklasse frei gemacht hat, sondern eher für Begegnungen aus dem tieferen Fußball-Souterrain: Altona 93 gegen den SV Meppen beispielsweise.
Die Paarung hat Andreas Slominski zu einer ungewöhnlichen Sammlung angestiftet. Es war das damalige Duell „Wohnort (Altona) gegen Geburtsort“ (Meppen). Ergebnis dieses Oberliga-Nord-Kicks aus dem Jahr 1986: 80 Original-Plakate von Alemannia Aachen bis zum VfR Wormatia Worms, von Rot-Weiss Essen bis zum MSV Duisburg, die sich der Künstler in der Zeit zwischen 1986 und 1988 auf Anfrage von den jeweiligen Vereinen zuschicken ließ. Seit 2019 zählt die Werkgruppe bereits als Schenkung des Künstlers zur stolzen Folkwang-Plakatsammlung. Nun, passend zur Europameisterschaft im eigenen Land, haben die bunten Werbeträger ihren großen Auftritt.
Fußball und Fallenstellen, beides zumindest kennt noch archaische Instinkte und Gebräuche. In Slominskis wunderbarer Fußballwelt ist die Zeit denn auch ein wenig stehengeblieben. Man blickt auf schokobraune Spielerfigürchen, die noch für den Suchard Express werben dürfen, und Männer in sehr kurzen Sporthosen, die sich ihrer Minipli-Locken nicht schämen. Ab und an mischt sich unter die Mannschaftsbilder auch schon mal die kecke Zeichnung eines Bayer-Leverkusen-Spielers, der auf dem Ankündigungsplakat für die UEFA-Pokal-Begegnung gegen Feyenoord Rotterdam vorfreudig ein vierblättriges Kleeblatt kaut.
Mit derlei grafischen Spielereien hält man sich in der vordigitalen Zeit allerdings selten auf, oft müssen die puren Informationen genügen: Zwei Mannschaften, ein Stadion, die Anstoßzeit, reich flankiert von Versprechen der örtlichen Werbepartner, die sich mal – „stark im Sport, stark in Mode“ – als Trikot-Sponsor präsentieren, mal als verlässlicher Finanzpartner: „Wenn‘s um Geld geht, Kreissparkasse.“
Andreas Slominski stellt im Museum Folkwang Fußball-Plakate aus
Wo sich der örtliche Autohändler und der Getränkegroßmarkt auf Anzeigeflächen treffen, geht‘s noch nicht um millionenschwere Werbedeals, sondern um Pfefferminzbonbons und Orangenlimonade. Gebrauchsgrafik eben, eigentlich so unspektakulär wie das torlose Kellerduell im Stadion eines Verbandsligisten. Und doch ist Slominskis unprätentiös präsentierte Fußballschau mehr als eine nostalgische Zeitreise in die westdeutsche Fußballkultur der 1980er.
Sie ist auch Zeugnis einer erstaunlichen Kontinuität. Fast alle der über 100 auf den Plakaten genannten Vereine stellen bis heute eine Fußballmannschaft, gespielt wird bisweilen aber in anderen Ligen und neuen Sportstätten. Immergrüne Austragungsorte hoher Fußballkunst, die Slominski nun einmal ganz in Weiß tauchen möchte. Für das Essener Stadion an der Hafenstraße hat er sich nämlich eine monumentale Kreidezeichnung ausgedacht. 140 Säcke Sportplatzkreide wären dafür auf dem Rasen zu verteilen. Eine paar Säcke liegen schon im Museum bereit – gleich neben der Mausefalle mit Fußballkugel, die auch in dieser Ausstellung nicht fehlen darf.
Andreas Slominski: „Wohnort gegen Geburtsort“ läuft bis zum 14. Juli im Museum Folkwang, Museumsplatz 1. Eintritt frei. Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do/Fr bis 20 Uhr. Der Katalog kostet in der Ausstellung 24 Euro.
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