Essen-Borbeck. Das hauseigene Bier wird längst woanders gebraut, die Stammkunden kommen trotzdem. Ein Rückblick auf 40 Jahre Borbecker Dampfe.
Haxe, Bratensauce, Currywurst: Wer den Hof der Borbecker Dampfe betritt, hat sofort viele verschiedene Gerüche in der Nase. Der Biergarten ist zwar noch im Winterschlaf – direkt gegenüber im Gebäude sind jedoch alle hellwach. Selbst an einem Abend unter der Woche ist hier viel los.
Viele der Besucher seien Stammkunden und kämen aus ganz NRW in die Dampfe, erzählt Wirt Martin Grahl. Seit 24 Jahren ist er der Chef im Borbecker Brauereiausschank, versucht noch immer, so viele Besucher wie möglich persönlich zu begrüßen.
Dampfe-Bier kommt heute von der Essener Brauerei Stauder
Vor 15 Jahren wurde das letzte Dampfe-Bier hier hergestellt, heute wird es bei Stauder gebraut. Von der ehemaligen Produktionslinie ist nicht viel übrig, lediglich Sudkessel und Maischpfannen sind der Brauerei erhalten geblieben. Die spezielle Brauweise mit Dampf sei einfach zu teuer geworden, sagt Grahl. „Es hat sich nicht mehr gelohnt. Die Anlage war zu groß und der Unterhalt war zu teuer.“ Es sei zwar eine schöne Tradition gewesen – effizient aber keinesfalls. „Das war, wie wenn ich mit einem Ferrari Brötchen holen fahre.“
Die Gäste habe der neue Produktionsstandort nie interessiert. Trotz der neuen Linie würde man keinesfalls ein umetikettiertes Stauder trinken. „Das ist eine ganz eigene Linie. Die Grundstoffe sind andere“, sagt Grahl. Das findet offenbar auch bei den Gästen Anerkennung: Auf die Frage, warum sie Stammkunden seien, kommt immer wieder die Antwort: „Das Bier ist einfach gut.“
Freunde und Familie machen den Erfolg der Essener Dampfe aus
Neben dem Bier hätten immer auch die Mitarbeitenden für den Erfolg des Brauhauses gesorgt. Trotz einer allgemein hohen Fluktuation im Gastronomiebereich seien viele von ihnen der Dampfe treu geblieben. Manche weit über 15 Jahre lang.
Arndt Plenker etwa arbeitet schon seit 30 Jahren im Ausschank der Dampfe. Auch nach der langen Zeit in der Gastronomie habe er immer noch Spaß mit den Gästen, so Plenker. „Ich bin niemand für einen nine-to-five-Job.“ In der Gastronomie sei jeder Tag ein bisschen anders. Laut Plenker ist der Umgang mit den Kollegen locker, viele seien im Laufe der Jahre Freunde geworden – oder Partner.
Mitarbeiterin aus der Dampfe-Verwaltung sprang immer wieder im Service ein
Einer ehemaligen Mitarbeiterin ist der Wirt besonders dankbar, wie er erzählt: Karin Flemming sei damals in der Verwaltung tätig gewesen, heute ist sie Rentnerin. „Sie hat für eine unglaubliche Kundenbindung gesorgt“, sagt Grahl. Bei dem normalen Bürojob sei es für Flemming nämlich nie geblieben: Sobald jemand im Ausschank fehlte, habe sie mitgeholfen. „Wir haben im Grunde alles gemacht – im Ausschank, in der Küche und auch sonst“, sagt Flemming. Zwischen ihr und Grahl sei eine Freundschaft gewachsen: „Die Dampfe ist für mich wie eine zweite Familie geworden“.
Ein Familienbetrieb ist die Dampfe dabei tatsächlich: Grafs Sohn Noah soll eines Tages den Betrieb weiterführen. „Ich habe hier nach meinem Abitur als Ferienjobber angefangen und bin nach meiner Ausbildung zum Industriekaufmann zurückgekehrt“, sagt der 26-Jährige. Dass der eigene Vater erstmal sein Chef ist, sei für ihn aber kein Problem. Auch die Ausbildung zum Industriekaufmann stünde seiner Arbeit in der Dampfe nicht im Weg. „Im Büro bin ich Industriekaufmann. Im Ausschank bin ich Gastronom“, sagt Noah Graf.
Gäste verbinden viele Erinnerungen mit der Borbecker Dampfe
Viele Gäste kommen immer wieder in Dampfe – und das seit Jahren. Volker und Berit Görtz aus Schönebeck etwa, und Volker Görtz. Die Dampfe sei ein besonderer Ort für ihn, erzählt er, denn: „Ich habe hier mein erstes Bier in der Öffentlichkeit getrunken.“ Sogar seine Frau habe er hier kennengelernt. „Unser erstes Date war in der Dampfe. Seitdem kommen wir immer wieder hier hin.“
Die 79-Jährige Magarethchen Scholten kommt ebenfalls regelmäßig ins Brauhaus, ihr Stammlokal, wie sie sagt. „Wir reservieren jetzt schon einen Tisch für den Geburtstag von meinem Sohn im Mai.“ Viel verändert habe sich nicht – nur die Theke aus Kupfer sei nicht mehr da. Ein weiterer Gast steuert das Schlusswort bei: „Die Dampfe ist Borbeck und Borbeck ist Dampfe.“
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