Essen-Borbeck. . Die Borbecker Dampfbierbrauerei besteht seit 30 Jahren. Dort genossen schon Helmut Kohl und Gerhard Schröder ein frisch Gezapftes, standen schon „Brings“ und „Bläck Fööss“ auf der Bühne. Mittlerweile haben auch Touristen aus Fernorst das Brauhaus mitten im Revier für sich entdeckt.

Die Dampfe, Essens größter Gastronomiebetrieb, ist längst in Fernost ein Begriff. „Wir haben immer wieder chinesische Touristen zu Besuch. Die kommen rein, essen ’ne Haxe, trinken einen halben Liter Bier und sind fertig. Bei der Busfahrt zur nächsten Sehenswürdigkeit können sie aber schlafen“, sagt Martin Grahl, der seit 15 Jahren die Geschäfte führt.

Die meisten der 100.000 Gäste, die pro Jahr aus der näheren und weiteren Umgebung in die Dampfe kommen, haben indes mehr Ausdauer und feiern für kleines Geld gerne groß. Da bleibt es am Abend zwar meist bei einem Gericht, aber nicht bei nur einem halben Liter Bier. „Unsere Gemütlichkeit wird sehr geschätzt. Dafür sind die Mitarbeiter wie auch die Gäste verantwortlich“, erklärt Grahl. Der Bahnhalt direkt vor der Haustür, von dem man in zehn Minuten Essen Hauptbahnhof, Bottrop oder Oberhausen erreicht, verführt dazu, das Auto stehen zu lassen. Oder es gar nicht erst mitzubringen.

15.000 RWE-Fans feierten im Biergarten den Aufstieg

Seit genau 30 Jahren gibt es jetzt die Dampfe, die im Februar 1984 als Borbecker Brauereigasthaus eröffnet wurde. Die Bürger sollten ihr Bier dort trinken, wo es gebraut wurde. Schon damals konnte das Industriekultur-Anwesen auf eine bewegte Geschichte blicken: 1896 hatten dort zwei Münchener Einwanderer die „Schloss-Brauerei Marx und Co“ gegründet. In den vergangenen 30 Jahren ist viel passiert. Prominente Gäste waren da; die Bundeskanzler Helmut Kohl und Gerhard Schröder gönnten sich in Borbeck einen erfrischenden Hopfentee und bewiesen: Die Liebe zum Bier kennt keine Parteigrenzen. In der Dampfe selbst wurde ein umfangreiches Programm etabliert. Stimmungsbands, wie „Brings“ oder „Bläck Fööss“, kommen ebenso gerne nach Borbeck, wie bekannte Kabarettisten. Besondere Veranstaltungen, wie der Maibockanstich, Karneval oder Oktoberfest, ziehen jedes Jahr reichlich Gäste an.

Für 700 ist im Biergarten Platz, für weitere 700 innerhalb des historischen Gemäuers. Ein Event allerdings aus 2004, als 15.000 RWE-Fans dort den Aufstieg ihres Klubs feierten, ist nicht planbar – wäre aber mal wieder wünschenswert.

Dampfe-Erinnerungen: Im Taxi von Borbeck nach Bern

Für Geschäftsführer Martin Grahl, ein Zugezogener, war die Dampfe erst Liebe auf den zweiten Blick. „Ich kam hier damals mit Anzug rein. Was ich zuerst hörte, war: Ey, mach ma‘n Bier.“ Der Anzug hängt seither im Schrank.

Grahl erzählt nette Anekdoten: Von dem angetrunkenen wie müden Dampfe-Gast, der ins Taxi fiel und nach Gummersbach wollte. Als er erwachte, stand das Taxi im Oberbergischen, Der Fahrer kannte das Restaurant Gummersbach an der Fürstenbergstraße 2 nicht.

Grahl nennt das Schweizer Paar, das beim Abendessen heftig stritt: „Sie stand auf, bestellte ein Taxi und ließ sich nach Bern fahren.“ Auch ein anderes Ehepaar wurde in der Dampfe getrennt. Eine Frau erlitt an der Toilette einen Schwächeanfall, kam ins Krankenhaus. Noch beim Zapfenstreich irrte der Gatte umher, suchte seine Frau.

Kerngeschäft bleibt aber der klassische, (all-)tägliche Gastrobetrieb in der Braustube, dem Hopfenlager oder dem Zwickelkeller. Hier sind die Bierspezialitäten ebenso begehrt wie kulinarische Grüße aus der Küche, die gar nicht immer zwingend Brauhaus-deftig sind. „Wir sind da schon kreativ“, sagt Martin Grahl. Menü Nummer 1 ist und bleibt auch im Jubiläumsjahr die aus Überruhr importierte Bratwurst, von der pro Jahr sieben Kilometer auf Dampfe-Tellern landen.