Essen. Das Festival startet mit einer sensationellen Entdeckung. Mit Wolfgang Muthspiel ist noch ein Weltstar der Jazz-Gitarre zu Gast in der Zeche Carl
Was für ein imposanter Start des Joe-Festivals in der Zeche Carl, wo mit dem „Jazz Pott“-Preisträger Wolfgang Muthspiel zum Festival-Finale am 17. Februar auch ein Weltstar der Jazz-Gitarre zu erleben ist! Sorgten doch eine höchst unkonventionelle Hammondorgel, ein traumhaft delikates Pianoforte und eine als Synthesizer tönende Gitarre für einen beeindruckend abwechslungsreichen Spannungsbogen am erfreulich gut besuchten ersten Abend.
Kenner ahnten, dass der ein besonderes Erlebnis werden würde. Gab es doch gleich zum Auftakt ein Wiedersehen mit dem englischen Tastenass Kid Downes, der schon 2019 beim 23. Joe-Festival an der Sauer-Orgel der Alten Kirche Altenessen für Staunen gesorgt hatte. Nun traktierte er im Trio namens „Deadeye“ mit dem Schlagzeuger Jonas Burgwinkel und dem Gitarristen Reinier Baas den großen Dinosaurier im Jazz-Instrumentarium, eine Hammondorgel moderner Bauart, derart überwältigend, dass einem Hören und Sehen verging.
Ganz unkonventionell zog Kit Downes alle Register seiner stupenden Spielkunst und kredenzte statt traditionellem Fauchen und Röhren dynamisch fein abgestufte Klangfarben, die sich mit den zupackenden, oft flächigen Gitarrensound von Reinier Baas zu mitreißender Ekstase verbanden. Angetrieben von Jonas Burgwinkels trommellastigen Beats, die das zwischen Canterbury-Rock und Free Jazz schillernde Gebräu perfekt abrundeten.
Aus nordischen Gefilden ging‘s Richtung Westafrika
Beim schwedischen Trio „Ghosted“ nutzt der Linkshänder Oren Ambarchi seine Gitarre vor allem als Synthesizer-Input, weshalb diese zu afrikanischen Rhythmen des Drummers Andreas Werlin gar wie eine rasende Kalimba klang. Schön grundiert von Johan Berthling am gestrichenen Bass, geisterte man zunächst durch nordische Gefilde, bog dann nach Westafrika ab und endete schließlich mit blubberndem E-Bass in gewaltig aufblühender Psychedelic-Pracht.
Doch die wahre Entdeckung des Abends war die von den Festival-Machern Patrick Hengst und Simon Camatta zwischen beiden Trios platzierte Pianistin Marta Warelis. Schon wie sie sich ihrem Instrument annäherte, erinnerte an den legendären Cecil Taylor. Meditativ tastete die in Holland lebende Polin zunächst pianissimo zarteste Töne, die sie dann mit Manipulationen im Saitenkasten zu Gong-ähnlichen Klanggespinsten veredelte. Um plötzlich mit rasantem Tastendonner aufzuwarten und für ein Hörerlebnis von rarer Originalität zu sorgen. Dem atemlosen Staunen folgte tosender Jubel für Marta Warelis’ Solo-Auftritt, der schon vorzeitig den Höhepunkt des dreitägigen Joe-Festivals markierte.
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