Essen. Die Künstlerin hat einen Aufruf unterstützt, der Israel mit „Apartheid“ in Verbindung bringt. An der Essener Folkwang Uni tritt sie nun nicht an.

Die renommierte US-Performance-Künstlerin Laurie Anderson verzichtet auf ihre Pina Bausch Professur an der Folkwang Universität der Künste. Anderson sollte die Position als Nachfolgerin der prominenten Performerin Marina Abramovic eigentlich am 1. April antreten. „Nun wurde bekannt, dass sich Laurie Anderson im Jahr 2021 als Unterstützerin des Aufrufs palästinensischer Künstlerinnen und Künstler mit dem Titel ,Letter Against Apartheid‘ (Brief gegen Apartheid) öffentlich positionierte, der unter anderem Boykottforderungen der israelfeindlichen BDS-Bewegung aufgreift“, heißt es in einer Mitteilung der Hochschule. Vor dem Hintergrund der mittlerweile öffentlich gewordenen Frage nach ihrer politischen Haltung habe Laurie Anderson schließlich entschieden, sich von der Professur zurückzuziehen, heißt es weiter.

Museum Folkwang hat Kurator wegen israelfeindlichen Postings ausgeladen

Ein ähnlicher Fall hat erst vor wenigen Wochen das Museum Folkwang beschäftigt. Kurz vor der Eröffnung der Ausstellung „Wir ist Zukunft“, trennte sich das Haus Ende November von dem in den USA lebenden haitianischen Kurator und Autor Anaïs Duplan. Begründet wurde die Absage damit, dass Duplan auf seinem Instagram-Account zur Unterstützung der israelfeindlichen BDS-Bewegung aufgerufen hatte. BDS steht für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen. Die von Duplan kuratierte Ausstellungssektion „Afrofuturismus“ wurde danach gestrichen. In den sozialen Netzwerken wurde im Anschluss gezielt gegen die Ausladung des Gastkurators agitiert.

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Für die Folkwang Universität der Künste dürfte sich auf die Schnelle kein Ersatz für die renommierte Gast-Professur finden, die das Land NRW gemeinsam mit der Pina Bausch Foundation auslobt. Laurie Anderson war erst Anfang Januar 2024 aufgrund ihrer außerordentlichen künstlerischen Bedeutung und bahnbrechender Werke im Bereich der Bildenden Künste, des Theaters, der experimentellen Musik und Technologie als zweite Pina Bausch Professorin an die Folkwang Uni berufen worden.

Findungskommission muss nun das weitere Vorgehen beraten

Offenbar war den Verantwortlichen bis dahin nicht bekannt, dass die 76-jährige Künstlerin zu den Unterstützern des von palästinensischer Künstlern formulierten „Letter Against Apartheid“ gehörte. Mit „Apartheid“ wurde die Trennung nach Hautfarben des früheren südafrikanischen Regimes bezeichnet. Israel damit in Verbindung zu bringen, gilt vielen nicht nur als israelkritischer, sondern als typischer antisemitischer Topos.

In einem gemeinsamen Dialog mit Laurie Anderson und der Pina Bausch Foundation habe man nach dem Bekanntwerden der Aufrufunterstützung diskutiert, inwieweit das geplante künstlerische Projekt Andersons an der Folkwang Uni umzusetzen und eine ungestörte und konzentrierte Arbeit zum jetzigen Zeitpunkt möglich sei, heißt es in der Hochschule-Mitteilung. Die Documenta-Teilnehmerin habe sich schließlich entschieden, das Amt nicht anzutreten. „Für mich stellt sich nicht die Frage, ob sich meine politischen Ansichten geändert haben. Die eigentliche Frage ist: Warum wird diese Fragen überhaupt gestellt“, wird Anderson in einer Mitteilung der Uni zitiert.

Folkwang Universität setzt „auf Diskurs und Dialog“

Die Bedeutung und Person Laurie Andersons sei mit der Entscheidung in keiner Weise infrage gestellt, heißt es seitens der Hochschule. Man habe sich die Entscheidung auch nicht leicht gemacht, denn „zum Selbstverständnis der Folkwang Universität der Künste gehört es, auf Diskurs und Dialog zu setzen“. Jeder Form von Antisemitismus, Menschenhass und Rassismus trete die Hochschule aber ebenso entschieden entgegen. Das weitere Vorgehen rund um die Besetzung der Pina Bausch Professur werde nun gemeinsam mit der Findungskommission angegangen.

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