Essen-Werden. Das Bauvorhaben „Alte Post“ in Essen-Werden mit Wohnen überm Supermarkt findet weitgehend Zustimmung. Doch es gibt auch Kritik an den Plänen.
Der Diskussionsabend zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Alte Post Werden“ zog die Menschen in die Aula des Gymnasiums. An die hundert Werdener wollten sich informieren, wollten mitreden, stellten Fragen. Eva Fendel ist bei der Stadt zuständig für die Bauleitplanung im Essener Süden und führte durch den Abend. Es gab auch Kritik an den Plänen.
Ein von vielen als „Filetstück“ der Altstadt bezeichnetes Areal soll mit einem großflächigen Lebensmittelmarkt im Erdgeschoss und etwa 25 bis 32 Wohnungen in den oberen Geschossen bebaut werden. Dazu sollen Dienstleistungsnutzungen und eventuell auch Arztpraxen kommen. Die historische Fassade der Alten Post soll erhalten bleiben, ebenso der auf dem Planungsgebiet befindliche Teil der alten Stadtmauer.
In Essen-Werden soll nach den Plänen ein viergeschossiges Parkhaus entstehen
Den Wohnungen, Büros und dem Verbrauchermarkt zuzurechnende Stellplätze werden entstehen, die meisten in einer Tiefgarage. Als Ersatz für die 43 in diesem Bereich wegfallenden öffentlichen Stellplätze ist auf dem bisher 39 Plätze bietenden Lehrerparkplatz neben der Sporthalle ein Parkhaus mit vier Ebenen vorgesehen, mit 93 bewirtschafteten Plätzen. Insgesamt würden also zusätzlich elf öffentliche und 69 private Stellplätze entstehen plus vieler Fahrradstellplätze.
Doch viele Stimmen forderten, den Pkw-Verkehr aus dem Ortskern herauszuhalten. Denn so ein Supermarkt bringe viel zusätzlichen Verkehr. Genaue Zahlen müsse erst ein Verkehrsgutachten liefern, hieß es von Stadtseite. Aber Michael Happe von der Bürgerinitiative „Gemeinsam für Stadtwandel Werden“ kalkuliert mit rund 1000 zusätzlichen Fahrten täglich: „Zudem dürften die dann sogar noch ausgebauten Parkmöglichkeiten mitten in der Altstadt weitere Autofahrer anlocken. Man baut doch nicht ein Parkhaus in die Altstadt.“
Was seine Mitstreiterin Barbara Vilijt noch untermauerte: „Ein Parkhaus direkt an der Brehminsel würde den Ausblick verbauen und viel mehr Autos in unsere Altstadt ziehen.“ Das „Hufeisen“ mit Heckstraße, Joseph-Breuer-Straße, Körholz- und Grafenstraße werde dann überrollt von einer Blechlawine: „Mit diesem Parkhaus wäre eine Verkehrsberuhigung im Ortskern unmöglich.“
Bürger schlagen anderen Orte für zusätzliche Stellplätze vor
Für Rainer Ringhoff von der IG „B 224 Werden“ wäre ein viergeschossiges Parkhaus im Ortskern ein städtebaulicher Fauxpas. Er fordere schon seit vielen Jahren, das Parken vor den Toren von Werden-Mitte stattfinden zu lassen. Mit einer zweiten Parkebene unterhalb der Ruhrtalbrücke, zwei Ebenen auf dem Platz der Feintuchwerke, mit vergünstigtem Parken für Dauerparker der Kliniken sowie „Brötchentasten“. Die jetzige Parkfläche des Kastellgrabens könne durch eine Untergeschoss-Parkfläche erweitert werden.
Christiane Gregor begrüßt grundsätzlich den geplanten Lebensmittelmarkt: „Das belebt unsere Stadt. Ich würde aber einen Bio-Supermarkt anregen.“ Sorge bereite ihr jedoch die Sicherheit der zwischen den einzelnen Schulgebäuden pendelnden Gymnasiasten: „Zusätzliche Parkplätze ziehen Ortsfremde an, die sich nicht auskennen.“ Das provoziere gefährliche Situationen. Zugleich werde mit dem Parkhaus die letzte Chance verbaut für eine dringend benötigte Erweiterung des Gymnasiums: „Ich bin für ein modernes Schulgebäude an dieser Stelle. Dann könnten endlich die über 50 Jahre alten Behelfspavillons der Schule weg.“
Anwohner Norbert Welter von der Grafenstraße fragte an, ob es nicht möglich sei, das Erdgeschoss tiefer zu legen, um die Gesamthöhe zu mindern: „Der Lebensmittelmarkt ragt schon vier, fünf Meter aus dem Boden.“ Den Ball nahm Peter Bialas von der Werdener CDU auf: „Uns beschäftigt die Intensität der Bebauung. Geht es nicht auch ein bisschen kleiner?“
Begrünung von Innenhof und Dächern ist geplant
Britta Giese wohnt an der Heckstraße und macht sich Sorgen, dass der Neubau die Frischluftzufuhr unterbrechen werde. Dazu kam die Antwort, solch eine Luftleitbahn sei eher bei Brehminsel und Ruhr zu spüren. Im Stadtkern, ohnehin einer hitzeanfälligen Lage, werde keine Kaltluft erzeugt. Da könne das Bauvorhaben also auch nichts negativ verändern. Immerhin sei intensive Begrünung von Dächern und Innenhof geplant.
Peter Bankmann wollte wissen, wie es um geförderte Wohnungen stehe für junge Familien mit Kindern? Eine etwa 30-prozentige Quote sei politisch gewollt, antwortete Projektverantwortliche Edeltraud Bäger. Zunächst müsse das NRW-Ministerium befragt werden, ob dieses Projekt überhaupt gefördert werden könne.
Unbeantwortet blieb die Frage von Carsten Langer. Er leitet den bisherigen Post-Mieter „Werdener Musikschule“ und wollte wissen: „Essen und Wohnen sind Grundbedürfnisse. Aber was ist mit Bildung und Kultur? Gibt es Angebote, wo die Musikschule dann unterschlüpfen kann?“
Letztlich zog Eva Fendel ein Fazit: „Ich nehme mit, dass die Haltung zum Vorhaben Alte Post zustimmend ist. Jedoch mit einem großen Aber. Wenn der Verkehr nicht wäre! Ist das Parkhaus da an der richtigen Stelle?“ Am Ende lobte sie die Teilnehmer für ihre konstruktive Mitarbeit: „Anderes habe ich es hier aber auch nicht erwartet.“ Nun folgen die nächsten rechtlichen Planungsschritte. Läuft alles zügig, könnte Anfang 2026 erster Spatenstich sein.
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