Essen-Steele. Am Unglückshaus in Essen-Steele zeigt sich ein Bild der Verwüstung. Eine Anwohnerin erzählt, wie sie die Explosion und den Brand erlebt hat.
Es ist kurz nach 22 Uhr am Tag vor dem zweiten Advent, als der Malteserhund von Madeleine Wehmeier unruhig wird. Zwei Minuten später ertönt ein ohrenbetäubender Knall und die 28-Jährige sieht, wie das Haus gegenüber explodiert. „Mein Hund muss irgendwas gespürt haben“, sagt sie am nächsten Tag, als sie mithilfe eines Schneeschiebers unendlich viele Scherben einsammelt.
Durch die Detonation steht das alte Haus an der Westfalenstraße sofort lichterloh in Flammen. Die Druckwelle hat alle Fenster zum Bersten gebracht, auch die Scheiben der parkenden Autos sind zerstört, die Überwachungskamera des gegenüberliegenden Tatoo-Studios zeigt das Ausmaß der Gewalteinwirkung.
Explosion in Essen: „Flammenmeer bis zur Mitte der Straße“
Polizisten auf dem Steeler Weihnachtsmarkt hatten den Knall ebenfalls gehört, eilen direkt zur Einsatzstelle. „Dort erwartete sie bereits ein Flammenmeer, das bis zur Mitte der Straße reichte“, sagt Feuerwehrsprecher Christian Schmücker. Madeleine Wehmeier sagt, sie habe sofort die Feuerwehr angerufen. Gäste der benachbarten „Sportsbar 300“ und des ebenfalls nahen Kiosks liefen derweil zum brennenden Haus und richteten einen Feuerlöscher auf die Flammen.
Aus dem Obergeschoss versuchte sich nach Angaben der Feuerwehr eine Frau durch einen Sprung auf die Straße zu retten. Zeugen sagen, jemand habe gerufen: „Spring, wenn du das hier überleben willst.“ Die junge Frau sprang, verletzte sich dabei schwer. In Lebensgefahr schwebt die Frau laut Feuerwehr jedoch wegen der Brandverletzungen. Im Bochumer Bergmannsheil, wo es eine Fachklinik für Verbrennungen gibt, versuchen die Ärzte zur Stunde, ihr Leben zu retten.
„Massenanfall von Verletzten“ lautete der Alarmcode bei der Feuerwehr, die mit starken Kräften anrückte und sofort begann, das in Flammen stehende Mehrfamilienhaus zu löschen. Zwei leicht verletzte Bewohner wurden direkt versorgt, wer jedoch zunächst unauffindbar blieb, war der 68-jährige Mann, in dessen Wohnung sich die Explosion ereignet hatte.
Wohnhaus durch Explosion einsturzgefährdet
Madeleine Wehmeier erzählt, dass sie den Mann vor Jahren an einem Kiosk kennengelernt habe: „Dort standen sie immer zu dritt oder viert, und mein alter Hund wurde von ihnen stets freundlich gegrüßt.“ Wo war er aber zum Zeitpunkt der Explosion? In den Altbau hineingehen und den Vermissten suchen, war für die Feuerwehr am Sonntag noch keine Option. Durch die Explosion ist das Haus derart beschädigt worden, dass es massiv einsturzgefährdet ist.
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Von außen schaut man durch rußgeschwärzte Fensterrahmen in ein ebenso rußgeschwärztes Chaos, Deckenteile hängen zur Hälfte hinunter, Wände sind umgefallen, sämtliche Einrichtung ist Opfer der Flammen geworden. Auf der Straße schlängeln sich mitten in der Nacht Feuerwehrschläuche, Schaumreste mischen sich mit Löschwasser, die Feuerwehrleute arbeiten konzentriert und ruhig, das komplette Gebäude qualmt. Am Ende werden rund 100 Kräfte im Einsatz gewesen sein. Auch die Wand zum Nachbarhaus ist zerstört, es soll selbst zwar unbewohnbar, aber nicht einsturzgefährdet sein. Weit nach Mitternacht, während die Feuerwehr weiter den Brand in dem benachbarten Altbau gekämpft, dürfen einige Bewohner dort ein paar Dinge herausholen. In ihren Gesichtern steht das pure Entsetzen.
Hunde durchsuchen Brandhaus auf Suche nach Verletztem
Wie konnte es zu der Explosion kommen und wo ist der 68-jährige Bewohner? Diese beiden Fragen werden auch zwölf Stunden nach dem Brand unbeantwortet bleiben. Hunde durchsuchen das Brandhaus, bringen Kamerabilder mit, auch diese lassen aber keine Spur des Vermissten erkennen. Eine Fährte von einer unter Umständen komplett verbrannten Person aufzunehmen, sei jedoch für Hunde äußerst schwierig, erklärt Schmücker.
Explosion: Leichenspürhunde in Essen im Einsatz
Gasflaschen hätten die Bewohner für das Beheizen des Hauses genutzt, berichten Zeugen, ob das der Grund für die Explosion ist, das müssen jetzt die Brandursachenermittler der Polizei herausfinden. „Die Feuerwehr hat alle Maßnahmen zur Suche des Vermissten ausgeschöpft“, meldet Feuerwehrsprecher Christian Schmücker am Mittag des zweiten Advents (10.12.). Gewissheit, ob er noch lebt, habe man dennoch nicht. Madeleine Wehmeier sagt, ihre Mutter, mit der sie zusammen wohnt, habe kurz vorher in seiner Wohnung noch Licht brennen sehen.
Am Abend fanden Feuerwehrleute dann eine tote Person in dem Haus – wahrscheinlich die Leiche des Vermissten.
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