Essen. Eine Psychotherapeutin erklärt, worin für Jugendliche der Reiz bei Challenges in sozialen Medien liegt und wie Eltern damit umgehen sollten.
Bei Challenges in sozialen Medien werden Jugendliche dazu aufgerufen, bestimmte Dinge zu tun und ein Video davon hochzuladen. Hannah Busch, Leiterin des Jugendpsychologischen Instituts der Stadt Essen, erklärt, dass man diese Mutproben nicht grundsätzlich verteufeln sollte, den Jugendlichen aber zeigen sollte, dass der echte Freundeskreis wertvoller ist, als Likes und Beifall im Internet.
Worin liegt für Jugendliche der Reiz, an Social-Media-Challenges teilzunehmen?
Grundsätzlich sind diese Challenges vergleichbar mit Mutproben. Ab 13 Jahren wird das für Jugendliche zunehmend interessant, da das Austesten von Grenzen in dem Alter eine wichtige Rolle spielt. Hinter diesen Challenges verstecken sich viele Themen und die Mehrheit davon zeugt von Kreativität. Da geht es auch um Tänze, Sport- oder Geschicklichkeitswettbewerbe. Bekommen die Jugendlichen dann Bestätigung in Form von Likes, generiert das ein Zugehörigkeitsgefühl.
Wann wird es mit Blick auf diese Mutproben kritisch?
Grundsätzlich muss man sagen, dass extreme und auch verbotene Sachen das Interesse von Jugendlichen wecken. Wenn es um Straftaten wie beispielsweise Schultoiletten zerstören oder gesundheitlich kritische Aspekte geht, wird es schwierig. Zuletzt wurden Jugendliche in einer Challenge beispielsweise dazu aufgerufen, möglichst scharfe Chips zu essen, einige Jugendliche landeten daraufhin im Krankenhaus.
Wie können Erwachsene die Jugendlichen dafür sensibilisieren zu erkennen, wann sie Grenzen überschreiten?
Verstöße im Internet meldet
Die Internetseite „Jugendschutz.net“ wurde 1997 als Stelle aller Bundesländer durch die Jugendminister und Jugendministerinnen gegründet und handelt mit gesetzlichem Auftrag. Jeder, der im Internet auf etwas stößt, das er für illegal, jugendgefährdend oder entwicklungsbeeinträchtigend hält, kann das dort melden.
Das Team von Jugendschutz.net sichtet die Meldungen, bewertet die Inhalte unter rechtlichen Aspekten, prüft, wer verantwortlich ist und fordert unter Umständen zur Beseitigung des Verstoßes auf. Weitere Infos unter www.jugendschutz.net/
Erwachsene sollten Interesse zeigen, mit den Jugendlichen im Gespräch bleiben und soziale Netzwerke wie Tik Tok nicht grundsätzlich verteufeln. Schließlich gibt es auch viele gute Sachen dort. Eltern und Lehrer können beispielsweise offen fragen, ob die Jugendlichen schonmal an Challenges teilgenommen haben und was das für welche waren. Im Austausch können Eltern und Lehrer auf Gefahren aufmerksam machen und zusätzlich Jugendliche dafür sensibilisieren, dass neben Gefahren auch gefälschte Videos und Beiträge im Internet zu finden sind.
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Und über Konsequenzen aufklären?
Ja, Erwachsene sollten die Konsequenzen beschreiben. Das Absurde ist ja, dass die Jugendlichen oft vorher nicht erkennen, dass sie selbst die Leidtragenden sind. Wenn sie beispielsweise ihre Schultoilette zerstören, können sie diese selbst im Anschluss nicht mehr nutzen. Zusätzlich wird die Tat unter Umständen strafrechtlich verfolgt.
In der Pubertät ist es für Eltern mitunter schwierig, einen entsprechenden Zugang zu den eigenen Kindern zu bekommen. Wie können sie dennoch verhindern, dass sich ihre Kinder mit Challenges in Gefahr bringen?
Die beste Prävention ist ein Klassengespräch. Ältere Schüler, sogenannte Medienscouts, können dabei gut mit den Lehrern zusammenarbeiten und sich gegenseitig informieren. Diese Expertise sollte genutzt werden. Untereinander hören sich Schüler mehr zu. Die direkte Rückmeldung von Mitschülern über Challenges kann ein gutes Instrument sein.
Was sollte genau Gegenstand dieser Gespräche sein?
Man sollte die Schüler ermutigen, die Challenges zu hinterfragen und darin stärken, dem Gruppendruck nicht unbedingt nachzugeben. Die Jugendlichen müssen sich die Frage stellen, ob sie die Likes im Internet anstreben oder im echten Freundeskreis anerkannt werden wollen. Der Reiz der Likes im Internet ist groß, Glück generieren sie aber in Wirklichkeit nicht. Erwachsene sollten die Kinder bestärken, genau das zu erkennen.
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