Essen. An ihrer neuen Adresse sollte die Stadtbibliothek ab 2025 die Innenstadt beleben. Doch die Immobilie wird nicht pünktlich fertig.

Dass der Zeitplan ehrgeizig war in dieser von Krieg und Krisen geprägten Zeit, war den Verantwortlichen im Rathaus sehr wohl bewusst. Dennoch zeigte sich Essens Stadtplanungsdezernent Martin Harter optimistisch, als er im Juni vergangenen Jahres gemeinsam mit Oberbürgermeister Thomas Kufen und Mitgliedern des Stadtrates das Gebäude der ehemaligen Mayerschen Buchhandlung an der Marktkirche in der Innenstadt besuchte, das zu Essens neuer Zentralbibliothek umgebaut werden soll. Die Bauarbeiten sind im Gange, doch es zeigt sich: Das Ziel war zu hoch gesteckt, der Zeitplan ist nicht zu halten. Der Umzug von der Hollestraße in die Immobilie Am Markt 5 wird sich erheblich verzögern.

Im Juli kommenden Jahres sollte es so weit sein, nun heißt es, mit der Schlüsselübergabe sei frühestens im Frühjahr 2026 zu rechnen. Im Anschluss brauchen dann auch Umzug und Probetrieb ihre Zeit. Mit der Eröffnung der Zentralbibliothek an der neuen Adresse wird vor September 2026 wohl nichts.

Der Mietvertrag der Essener Zentralbibliothek läuft Ende April 2025 aus

Die städtische Kulturverwaltung stellt dies vor die Frage, wie es bis dahin weitergehen soll, denn der Mietvertrag für die Immobilie an der Hollestraße unweit des Hauptbahnhofes läuft bereits zum 30. April 2025 aus. Wie zu hören ist, hat der Vermieter der Stadt angeboten, den auslaufenden Vertrag zu verlängern – mit einer neuen Laufzeit von 24 Monaten. Bei Bedarf könnte der Vertrag jeweils um ein weiteres Jahr verlängert werden.

Wenn die Stadt vermeiden will, dass ihre Zentralbibliothek mehr als ein Jahr nicht genutzt werden kann, wird sie nicht umhinkommen, das Angebot anzunehmen. Das hat seinen Preis, die Jahresmiete beträgt rund 2,1 Millionen Euro.

Vom Umzug der Bibliothek von der Hollestraße an die zentral gelegene Porschekanzel versprechen sich Politik und Verwaltung mehr Nutzer und nicht zuletzt eine Belebung der Innenstadt. Am Markt 5 wird die Zentralbibliothek rund 10.900 Quadratmeter nutzen, verteilt auf sechs Etagen.

Die neue Zentralbibliothek soll ein Ort der Begegnung in zentraler Lage werden

Das entspricht vom Platzangebot in etwa der Fläche, welche die Bibliothek an ihrem heutigen Standort zur Verfügung steht. Die Ansprüche, die an eine solche Einrichtung gestellt werden, sind jedoch längst andere. Eine Zentralbibliothek bietet mehr als Bücher und Lesesäle, sie soll ein Ort der Begegnung und Raum für Veranstaltungen sein. Eine Eltern-Kind-Bibliothek, eine Außengastronomie und eine Dachterrasse mit bester Aussicht über die Innenstadt sind Teil des Konzepts an der künftigen Adresse.

Die Entscheidung für diesen Standort hatte Oberbürgermeister Thomas Kufen als „ein klares Signal an alle“ bezeichnet, „dass wir in unsere Innenstadt investieren“. Als innerstädtische Immobilien, die für den gewünschten Zweck infrage kamen, waren zunächst auch die Theaterpassage im Gespräch sowie die Kirche St. Gertrud in der nördlichen Innenstadt. Letztendlich entschied der Rat der Stadt sich für die ehemalige Buchhandlung Am Markt 5. Ausschlaggebend war die zentrale Lage, was auch gegen einen Neubau sprach.

Die Immobilie hat die Stadt für 25 Jahre angemietet – zu einer Miete von jährlich rund 2,8 Millionen Euro. Das mag man gewagt nennen, angesichts einer fortschreitenden Digitalisierung. Niemand mag mit Sicherheit voraussagen, wie sich Leseverhalten und Bibliothekswesen im kommenden Vierteljahrhundert entwickeln werden. Die Verantwortlichen und Politik und Verwaltung gehen von einer Investition in die Zukunft aus. Die erhoffte Belebung der Innenstadt muss nun allerdings noch etwas länger warten.

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