Essen-Bredeney. Friedrich-Wilhelm Voerste führte ab 1968 zehn Jahre das „San Francisco“ in der Essener City. Er zeigt spannende Bilder aus der Zeit.
- Zehn Jahre führte Friedrich-Wilhelm Voerste das „San Francisco“ in der Essener City.
- Bei dem Bredeneyer gingen damals viele Prominente ein und aus.
- Getanzt wurde zu Live-Musik von bekannten Bands.
„Bei uns kamen sie alle rein“, sagt der Bredeneyer Friedrich-Wilhelm Voerste (86), der ehemalige Besitzer des Tanzlokals „San Francisco“ in der Essener Innenstadt. Gern erinnert er sich an die 1960er und 1970er Jahre, als das Nachtleben in Essen diesen Namen noch verdiente und so mancher Prominente den Weg in seinen Club fand, der täglich bis in die Morgenstunden geöffnet war. Viele Bilder erinnern an die Zeit.
Die Zeiten sind lange vorbei, viele der Musikstars von damals wie die Bandleader Jochen Brauer oder Hazy Osterwald sind längst verstorben. Doch ein Kontakt von damals ist Voerste geblieben: Bis heute pflegt er seine Freundschaft zu Sänger Roberto Blanco, mit dem er früher auch gern gemeinsam auf dem Tennisplatz stand. „Ich kenne ihn noch aus der Zeit, als er 800 Mark pro Abend an Gage nahm, später waren es dann 20.000 Mark“, beschreibt er den rasanten Aufstieg des Stimmungssängers.

Markenzeichen des Lokals sei ein originalgetreu nachgebautes Cable Car gewesen. „Wir hatten bei der Gestaltung des Ladens Flower Power, Hippie-Bewegung und San Francisco im Kopf und wollten die entsprechende Mode und Musik haben“, so Voerste. Das Motto wurde schließlich zum Club-Namen. „Ich selbst bin erst viel später in San Francisco gewesen, kannte das damals nur von Bildern.“
In Voerstes Tanzlokal konnte man mit etwas Glück Prominente wie Udo Jürgens, Joy Flemming, Harald Juhnke oder Heinz Drache treffen. Manchmal griffen die Gäste spontan zu den Instrumenten und hielten eine regelrechte Jam-Session ab, blickt der 86-Jährige zurück.
Das Essener Nachtleben boomte in den 1970er Jahren
Friedrich-Wilhelm Voerste ist gebürtiger Essener, hat das Helmholtz-Gymnasium besucht und seine gastronomisch-kaufmännischen Erfahrungen unter anderem im Parkhotel in Düsseldorf, im französischen Bordeaux und auf hoher See auf der Hamburg-Südamerika-Linie gesammelt. Der Weg in diese Branche war ihm quasi vorgezeichnet: Seine Eltern führten vor dem Krieg die in Essen bekannte Gaststätte „Halber Hahn“ und später das „Hotel zum Ritter“ an der Kettwiger Straße. Nach dem frühen Tod des Vaters leitete Voerste dieses mit seiner Mutter weiter, bis er alle Kraft in seinen neuen Betrieb steckte.

„Durch den gemeinsamen Steuerberater mit dem Besitzer des damaligen Tanzlokals Arkadia an der I. Dellbrügge 5 in der Innenstadt habe ich mich darum beworben, den Laden zu übernehmen“, sagt Voerste und blättert in seinen Aktenordnern mit Fotos und anderen Erinnerungsstücken. Im Dezember 1967 übernahm er das Lokal, das etwa zehn Jahre bestanden hatte, baute es im Januar um und eröffnete es am 1. Februar 1968 unter dem Namen „San Francisco“ neu.

„Ich wollte den Job von Anfang an nur zehn Jahre machen, vor allem wegen der Nachtarbeit, die ein normales Familienleben unmöglich macht“, sagt Voerste, der damals seine Frau Hille kennenlernte, die ganz in der Nähe arbeitete. Das Ehepaar hat eine Tochter und einen Enkel.
Nach zehn Jahren wollte der Besitzer keine Nachtarbeit mehr machen
Wie geplant zog sich Voerste nach zehn Jahren aus der Führung des „San Francisco“ zurück. Das übernahm dann Musiker Hazy Osterwald, der weitere Lokale in der Schweiz führte. „Ich habe aber weiterhin mitgearbeitet, war nach wie vor für die Buchung der Kapellen und die Mitarbeiter zuständig, musste aber keine Nachtarbeit mehr übernehmen“, sagt der Essener. Hazy Osterwald habe das Lokal aber nur wenige Jahre geführt und dann wieder verkauft.

Als das „San Francisco“ noch Friedrich-Wilhelm Voerste gehörte, seien dort Bands wie das Orchester Pepe Lienhard, Joe Lord, die Dorados oder die Tielman Brothers aufgetreten. Wie sein Vorgänger mit dem Arkadia setzte Voerste weiter auf Livemusik. „Bei mir spielten immer Kapellen, während im Mississippi im Handelshof damals schon Platten aufgelegt wurden“, betont er.
Er sei damals viel gereist, habe sich die Bands meist erst angehört, bevor er sie für Auftritte verpflichtet habe. „Wenn man den Gästen das Beste bietet, ist das der Garant für langfristigen Erfolg“, sei immer seine Überzeugung gewesen. Schließlich seien 20 Mark Eintritt für einen Abend damals sehr viel Geld gewesen. In den Sommermonaten, wenn das Lokal nicht so gut besucht war, verpflichtete der erfahrene Hotel- und Gaststättenkaufmann eher unbekanntere und damit preiswertere Bands.
Livemusik statt Platten gab es im „San Francisco“
Da keine Platten aufgelegt wurden, sei das „San Francisco Dancing“ keine Diskothek im eigentlichen Sinn gewesen, sondern eher ein Ballroom oder Nachtclub mit 350 Sitzplätzen. Viele Bands hätten um Mitternacht eine Show geboten, die Gäste hätten im Laufe des Abends oft mehrfach das Lokal gewechselt, um zu schauen, was anderswo los war.

„Wir hatten jeden Tag bis 4 Uhr früh geöffnet, auch in der Woche. Wochentags gab es Bier vom Fass und Kleinigkeiten zum Essen wie Suppe, Gulasch oder Currywurst.“ Das habe auch Taxifahrer und Geschäftsleute angelockt, die abends noch ausgehen wollten. „Am Wochenende war das nicht machbar, da war der Laden mit 800 bis 1000 Leuten zu voll.“
Ganz anderes Publikum sei zum Tanztee gekommen, bei dem am Mittwochnachmittag ebenfalls eine Kapelle aufspielte. „Aber mit ganz anderer Musik als abends“, sagt Voerste und lacht. So sei sein Lokal mittwochs von 16 bis 4 Uhr nachts geöffnet gewesen und habe so zur auch damals schon geforderten Belebung der Essener Innenstadt beigetragen.
Mit Abendkleid und Smoking zum Ball
Einmal im Jahr stand der große Geburtstagsball an, zu dem schriftlich eingeladen wurde. Die Gäste erschienen in Abendkleid und Smoking. Auch an normalen Tagen war der Dresscode mit Jackett und Krawatte eher förmlich. Nur selten vermietete Voerste sein Lokal für private Feiern. „Das war gefährlich. Denn selbst wenn man eine geschlossene Gesellschaft angekündigt hatte, hatten es einige Stammgäste nicht mitbekommen, standen vor verschlossener Tür und waren verärgert.“
Als das „San Francisco“ für ihn endgültig Geschichte gewesen sei, habe er erstmal ein Jahr lang nichts getan, sich erholt und viel Sport getrieben, um seinen Lebensrhythmus wieder umzustellen. Danach stieg er erfolgreich ins Immobiliengeschäft ein. „Meine früheren Kontakte haben mir dabei sehr geholfen, ich hatte zu vielen ein Vertrauensverhältnis.“
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