Essen. Die Ex-TV-Nonne Antje Nikola Mönning stellt ihr Buch über sexuelle Orientierungen „oben ohne“ in Essen vor und diskutiert mit den Besuchern.
- Die Schauspielerin Antje Nikola Mönning liest „oben ohne“ aus ihrem neuen Buch.
- Rund 50 Gäste verfolgen die ungewöhnliche Veranstaltung im Essener Unperfekthaus.
- Die Autorin wirbt für eine befreite Sexualität, für Toleranz und gegenseitigen Respekt.
Ungewöhnliche Lesung im Essener Unperfekthaus: Die Schauspielerin und Filmproduzentin Antje Nikola Mönning, bekannt als Nonne Jenny in der ARD-Vorabendserie „Um Himmelswillen“, stellte ihr neues Buch vor, in dem es um sexuelle Orientierungen jeder Art und das Thema Respekt geht. So verlief die Oben-ohne-Lesung.
Antje Nikola Mönning (46), geboren in Münster und seit längerer Zeit in Oberbayern beheimatet, empfängt die Besucherinnen und Besucher im offenherzigen roten Lack-Minikleid, kombiniert mit gleichfarbigen Overknees. Die Frau mit den roten Locken begrüßt die Gäste herzlich, zeigt jedem persönlich den für ihn oder sie reservierten Stuhl, auf dem ein Zettel mit dem jeweiligen Vornamen liegt.
Rund 50 Gäste hörten die Oben-ohne-Lesung im Essener Unperfekthaus
Nach und nach kommen die Gäste, es herrscht kein großer Andrang, aber der Raum in der ersten Etage des Unperfekthauses füllt sich, es müssen sogar noch zusätzliche Stühle aufgestellt werden. Am Ende sind es rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer, die meisten zwischen 40 und 65, mehr Männer als Frauen, aber auch etliche Paare, die teils während der Lesung Händchen halten.
Ein Zettel an der Eingangstür verweist darauf, dass es drinnen nackte weibliche Brüste geben werde und nur wer das sehen wolle, solle eintreten. Punkt 19.30 Uhr setzt sich Antje Nikola Mönning auf einen Barhocker, holt die Lesebrille heraus und beginnt. Freundlich fragt sie nach, ob es okay sei, sich zu duzen, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass es ebenfalls in Ordnung sei, wenn jemand das nicht wolle – es gehe schließlich um gegenseitigen Respekt. Dieser Aspekt spielt die zentrale Rolle an diesem Abend und ist – bezogen auf sexuelle Vorlieben und Orientierungen – auch der rote Faden im Buch „Nicht normal ist ganz normal“.
Mönning öffnet den Reißverschluss des roten Lackkleidchens weiter und lässt ihr Oberteil fallen – „wenn niemand was dagegen hat“. Das wirkt weder inszeniert noch aufreizend, vielmehr natürlich-unaufgeregt, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, dass frau bei einer Buchpräsentation ihre nackten Brüste zeigt. Und genau das will Mönning vermitteln: Ihre Brüste seien Teil ihres Körpers, und zwar immer, nicht nur, wenn sie Sex habe. „In unserer Gesellschaft sieht man nackte weibliche Brüste eigentlich nur im Zusammenhang mit Aufklärung über Brustkrebs, bei stillenden Müttern oder in der Werbung, um mit Sex das Geschäft anzukurbeln“, sagt sie. „Eine Frau, die ,oben ohne’ ein Buch im Park liest oder joggt, sieht man nicht.“ Bei Männern sei das anders.
Für die Schauspielerin und Autorin ist Nacktheit etwas Natürliches
„Für mich ist Nacktheit natürlich, ich bin gerne nackt“, betont die 46-Jährige. Und das kommt im Laufe des Abends so authentisch rüber, dass viele am Ende wohl gar nicht mehr wahrnehmen, dass sie „oben ohne“ liest – ein Phänomen, das ihr Zuhörer bei vergangenen Lesungen auch bereits so bestätigt hätten. Auch bei der Veranstaltung im Unperfekthaus herrscht eine sehr entspannte und absolut nicht sexuell aufgeladene Atmosphäre.
Die Autorin berichtet von der Diskrepanz zwischen ihrem liberalen Elternhaus – „meine Eltern waren echte 68er“ – und dem konservativen Umfeld, in dem sie im Münsterland aufwuchs. Sie habe ihre eigene sexuelle Identität, ihre exhibitionistischen Vorlieben, erst während der Schauspielausbildung entdeckt, weil sie damals unproblematisch in verschiedene Rollen schlüpfen konnte. Eine Chance, die nicht jeder habe.
Für ihr Buch „Nicht normal ist ganz normal“ hat sie Gespräche mit Menschen mit unterschiedlicher Sexualität geführt, hat einige davon jahrelang begleitet. Mönning schreibt über Männer, die Frauenkleider tragen, über Sexarbeiterinnen, Pornodarsteller, Swinger, Menschen, die BDSM praktizieren oder einen Fetisch haben, über solche, die selbstbestimmt handeln oder andere, die unter Missbrauch und Ängsten leiden, sich nicht outen können. Dabei hat die Autorin einen wohlwollenden Blick auf die Menschen, schreibt in der Hoffnung, dass auf dieser Welt Platz für alle ist.
In Hamburg wird die ehemalige TV-Nonne ganz nackt auftreten
Ihr Buch hat sie schon in Berlin, Leipzig und München vorgestellt, in Hamburg wird sie noch zu Gast sein, „auf dem Kiez“, und wie sie auf Nachfrage eines Zuhörers bestätigt, komplett nackt. „Da passt das hin“, sagt sie. Im Unperfekthaus dagegen nutzten auch andere Gruppen das Gebäude zeitgleich, weshalb sie sich hier mit „oben ohne“ begnüge.
Am Ende der Lesung stellen die Zuhörerinnen und Zuhörer Fragen, diskutieren mit der Autorin, ob und warum die Gesellschaft freier oder doch wieder konservativer geworden ist, warum „oben ohne“ im Freibad oder am Baggersee für Frauen vor 20 oder 30 Jahren normal war und es heute nicht mehr ist. Dass nackte Brüste nicht von Inhalten ablenken müssen, hat Antje Nikola Mönning an diesem Abend jedenfalls mit ihrer erfrischenden Art bewiesen.
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