Essen. Tempo 60 auf der A 40 in Essen soll den Verkehrsfluss und die Luftqualität verbessern. Was die Verschärfung des Tempolimits bislang gebracht hat.

Fuß vom Gas heißt es seit einigen Wochen auf der A 40 in Essen. Auf Anordnung der Bezirksregierung Düsseldorf wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit zwischen den Anschlussstellen Essen-Frohnhausen und Essen-Zentrum in beiden Richtungen tagsüber herabgesetzt auf 60 km/h. Bis dahin galt auf diesem Streckenabschnitt Tempo 80, je nach Verkehrslage auch Tempo 100. Hat das verschärfte Tempo-Limit den gewünschten Effekt erzielt. Nach gut sechs Wochen darf man daran zweifeln.

Mit der Tempo-Reduzierung reagierte die Aufsichtsbehörde auf die anhaltend hohe Luftbelastung durch Stickstoffdioxid – und auf Beschwerden der Deutschen Umwelthilfe. Diese hatte in einem Rechtsstreit vor dem Oberverwaltungsgericht Münster durchgesetzt, dass die Bezirksregierung und die Stadt Essen diverse Schritte unternehmen, um die Belastung durch Schadstoffe zu senken.

2022 lag die Belastung nur an der Messstelle an der A 40 in Essen über dem Grenzwert

Die A 40 in Essen bleibt gleichwohl hochbelastet. An der Messstelle Kruppstraße wurde im vergangenen Jahre laut Auswertung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) eine durchschnittliche Jahresbelastung durch Stickstoffdioxid von 45 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Zulässig sind im Jahresmittel maximal 40 Mikrogramm.

Landesweit ist die Messstelle Kruppstraße die einzige, an der der zulässige Grenzwert nicht eingehalten wurde. Im Vergleich zum Vorjahr war die Belastung sogar noch gestiegen; 2021 lag sie im Jahresdurchschnitt bei 43 Mikrogramm.

Laut Berechnungen des LANUV wird sich die Situation an der A 40 durch die Tempoverschärfung verbessern. In einer Prognose für 2024 geht die Behörde davon aus, dass der Schadstoffausstoß um 15 Prozent zurückgeht. An Stickoxiden werden demnach aufs Jahr gerechnet 7452 Kilogramm pro Kilometer freigesetzt. Im Jahr 2022 waren es nach Angaben des LANUV 8740 Kilogramm. Im kommenden Jahr, so die Prognose, wird der Grenzwert eingehalten.

Von der Deutschen Umwelthilfe gab es für das Tempolimit auf der A 40 lobende Worte

Von der Deutschen Umwelthilfe gab es für das verschärfte Tempolimit lobende Worte. Dass der von den Behörden erwartete Effekt eintritt, setzt voraus, dass sich der Verkehrsfluss verbessert und es weniger häufig zu Staus kommt. Ist dies der Fall?

Die zuständige Autobahn GmbH zieht auf Anfrage der Redaktion eine ernüchternde Zwischenbilanz. Die von der Verkehrszentrale erhobenen Daten lassen demnach kein geändertes Verkehrsaufkommen erkennen, heißt es. Auch das Fahrverhalten habe sich „nicht wesentlich verändert“. Gleiches gelte für den Verkehrsfluss auf der A 40.

Weiter lässt die Behörde wissen: „Wie auch vor der Umsetzung dieser Geschwindigkeitsbegrenzung verzeichnen wir weiterhin Staulagen in den Hauptverkehrszeiten.“ Und: „Eine unterschiedliche Ausbildung von Staulagen zur zugelassenen Höchstgeschwindigkeit – zuvor 80 km/h, heute tagsüber 60 km/h – ist nicht zu erkennen.“

Keine Blitzer: Tempo 60 wird an der A 40 in Essen nicht überwacht

Alles also wie gehabt? Dass es zu Staus kommt, liegt an dem hohen Verkehrsaufkommen von mehr als 100.000 Fahrzeugen täglich. Ursächlich seien aber auch die vielen dicht aufeinander folgenden Anschlussstellen auf diesem Streckenabschnitt. An den Auf- und Abfahrten kommt es zu Bremsmanövern, was den Verkehrsfluss behindert.

Professor Michael Schreckenberg, „Stauforscher“ an der Universität Duisburg-Essen hatte im Gespräch mit der Redaktion davor gewarnt, die zulässige Höchstgeschwindigkeit herabzusenken und damit in den Verkehrsfluss einzugreifen. Denn dies würde den Durchfluss im rückwärtigen Verlauf der A 40 beeinflussen bis zum Autobahnkreuz Duisburg-Kaiserberg. „Ich habe die Befürchtung, dass sich die Verkehrssituation dadurch verschlimmert“, sagte Schreckenberg damals. Laut Autobahn GmbH hat sich diese Sorge bislang nicht bestätigt.

Überwacht wird das Tempolimit übrigens nicht, obwohl dies laut dem Entwurf zum Luftreinhalteplan der Bezirksregierung ausdrücklich vorgesehen ist. Die Autobahn GmbH verweist auf Anfrage an die Stadt Essen. Diese teilt mit, dass eine Geschwindigkeitsüberwachung durch das Ordnungsamt nur „im Auftrag“ erfolgen könne, da es sich um eine Bundesautobahn handelt – analog zum „Blitzer“ an der Buderuskurve der A 40. Wie dort dürfte der Verkehr nur durch eine stationäre Anlage überwacht werden. Im Bereich Frohnhausen gibt es eine solche Anlage nicht.

Wie geht es weiter? Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz betont, dass eine abschließende Bewertung der Luftqualität frühestens erst nach Ablauf eines Jahres erfolgen könne, denn maßgeblich sei der Jahresmittelwert. Erst dann werde man wissen, ob Tempo 60 etwas gebracht hat oder nicht.