Essen. Professor Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen im Interview: Das erwartet er von einem verschärften Tempolimit auf der A 40.

An der A 40 in Essen ist die Luftbelastung durch Schadstoffe nach wie vor zu hoch, an der Messstelle Kruppstraße wurde der Grenzwert für Stickstoffdioxid auch 2022 überschritten. Das Tempolimit soll deshalb verschärft werden. Die Redaktion sprach darüber mit Professor Michael Schreckenberg von der Universität-Duisburg Essen, einem breiten Publikum bekannt als „Stauforscher“.

Lesen Sie auch:

Herr Schreckenberg, an der A 40 in Essen soll die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/ herabgesetzt werden. Welchen Effekt erwarten Sie dadurch?

Michael Schreckenberg: Das ist ein zweischneidiges Schwert. Der Verkehr fließt auf einer Autobahn ja am besten bei Tempo 80.

Durch das Herabsetzen auf 60 km/h soll die Schadstoffbelastung sinken.

Autos stoßen besonders viele Schadstoffe aus, wenn sie im Stau stehen. Deutschlandweit sind es eine Million Tonnen CO2 pro Jahr, die nur durch Rumstehen und ständiges Stop-and-go entstehen. Gerade im Bereich Essen-Zentrum staut sich der Verkehr besonders oft. Diesen Effekt darf man nicht unterschätzen. Interessanterweise ist die Messstelle dort die einzige, an der die Grenzwerte überschritten werden, was ja durchaus für den Rest der A 40 spricht.

Professor Michael Schreckenberg.
Professor Michael Schreckenberg. © Frank Preuss

Tempo 60 bringt dort also gar nichts?

Der Unterschied zwischen Tempo 60 und Tempo 80 ist minimal, was den Schadstoffausstoß angeht. Indem ich das Tempo reduziere, greife ich aber in den Verkehrsfluss ein. Das beeinflusst den Durchfluss im rückwärtigen Verlauf der A 40 bis Duisburg-Kaiserberg. Ich habe die Befürchtung, dass sich die Verkehrssituation dort verschlimmert.

In Höhe der Kruppstraße könnte der Grenzwert eingehalten werden…?

…die Gesamtschadstoffmenge aber steigen.

Auch interessant

Warum ist auf der A 40 so oft Stau?

Die A 40 ist keine typische Autobahn, sie ist streng genommen eine innerstädtische Straße. Sie war einmal eine Bundesstraße, die zur Autobahn ausgebaut und aufgewertet wurde. Das Besondere sind die vielen Anschlussstellen. An der A 40 haben wir alle Nase lang eine. An Anschlussstellen entstehen sogenannte Stauwellen – durch Rückstau an den Abfahrten und durch den Zufluss an den Auffahrten. Deshalb gibt es auf der A 40 so häufig Stau.

Laut Bezirksregierung wurde erwogen, die Ausfahrt Holsterhausen zu schließen.

Autobahnen sollen dem Fernverkehr dienen. Daher kommt man schnell auf die Idee, Anschlussstellen zu schließen. Die A 40 ist aber eine Pendlerautobahn, was man in der Ferienzeit sieht. Dann geht das Verkehrsaufkommen schlagartig zurück. Würde man die A 40 allein dem Fernverkehr überlassen, wäre sie wahrscheinlich fast leer…

...was keine realistische Option ist. Geplant ist stattdessen der sechsspurige Ausbau vom Kreuz Kaiserberg bis Essen-Frohnhausen.

Man verschiebt das Problem dadurch nur. Irgendwo entsteht immer ein Engpass. Dann haben Sie Stau auf sechs Spuren, statt auf vier. Die Frage ist: Wird der Verkehr weiter anwachsen?

Solange diese Frage nicht beantwortet ist, bleibt auf der A 40, alles wie es ist, oder wird gar schlimmer?

Deshalb greift man zu Geschwindigkeitsbeschränkungen. Das lässt sich leicht und schnell umsetzen. Man muss nur ein paar Schilder aufstellen. Ob Tempo 60 aber den gewünschten Effekt erzielt? Ich bezweifele das.

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig & Werden + Borbeck & West | Alle Artikel aus Essen]