Essen. Vor allem die Preise für Häuser und Wohnungen mit niedrigen Energiestandards fallen. Die Mieten aber steigen in Essen, wie aktuelle Zahlen zeigen
Häuser und Wohnungen in Essen mit schlechter Energiebilanz verlieren stark an Wert. „Bei Bestandsimmobilien gibt es einen erheblichen Druck auf die Preise“, sagte Nora Golda, Finanzierungsspezialistin im Private Banking bei der Hypovereinsbank (HVB). Die Bank stellte jetzt ihren aktuellen Wohnimmobilienmarktbericht Ruhrgebiet vor. Grundlage dafür sind hauseigene Daten der HVB.
Demnach zahlen Käufer von neu gebauten Eigentumswohnungen derzeit etwa 3600 bis 4800 Euro pro Quadratmeter in mittleren Lagen. Zehn bis 20 Jahre alte Wohnungen hingegen kosten in vergleichbaren Gebieten 2300 bis 3100 Euro. „Das ist schon ein eklatanter Unterschied“, betonte Nora Golda. Selbst solche vermeintlich noch jungen Immobilien würden heutigen energetischen Standards nicht mehr entsprechen. Ausnahme seien „zeitgemäße Einheiten in den sehr guten Lagen“. Hier bewege sich das Preisniveau seitwärts.
Essen: Zeiten überhöhter Preise am Immobilienmarkt sind vorbei
Spätestens seit dem neuen Heizungsgesetz werfen Käufer wie auch Banken einen deutlich kritischeren Blick in die Heizungskeller. „Früher achteten Käufer vor allem aufs Bad und die Fenster. Das hat sich stark verändert: Jetzt sind die Wärmedämmung und die Heizung wichtig“, sagte der Essener HVB-Filialleiter Peter Schellenberg. Nicht nur Käufer sind daher nicht mehr bereit, überhöhte Preise für eine Immobilie wie noch während der Boomzeit zu zahlen. Auch die Banken schauen bei der Finanzierung einer Immobilie in diesen Punkten längst genauer hin.
Die generelle Preiskorrektur im Bestand gilt zwar auch für Ein- bzw. Zweifamilienhäuser. „Die Zeiten, dass 20 bis 30 Prozent über dem Marktwert bezahlt wurden, sind vorbei“, meinte Nora Golda. Dennoch ist das Preisniveau in Essen immer noch hoch. Für ein Einfamilienhaus in sehr guter Lage zahlt man laut HVB-Marktbericht ab 800.000 Euro (Alter zehn bis 20 Jahre, circa 140 Quadratmeter Wohnfläche), in mittleren Lagen sind es immer noch 530.000 bis 660.000 Euro. Die nach wie vor hohen Preise resultieren nicht zuletzt daraus, dass Einfamilienhäuser in Essen eher Mangelware sind - im vergangenen Jahr wurden weniger als 100 neue Häuser gebaut. Andererseits ist die Verkäuferseite vielfach noch nicht bereit, mit ihren Preisvorstellungen herunterzugehen.
Weniger Immobilien-Käufe - Bauzinsen schrecken ab
Das Kaufgeschehen in Essen hat sich unterdessen deutlich abgekühlt. „Das über viele Jahre dynamische Marktgeschehen ist seit Frühjahr 2022 ins Stocken geraten“, konstatierte Schellenberg. Schuld sind die hohe Inflation und die deutlich gestiegenen Bauzinsen. Lagen diese Anfang 2022 noch bei einem Prozent, sind es derzeit etwa 4,3 Prozent. Schellenberg rechnet vor: Wer in der Niedrigzinsphase zwischen 400.000 und 500.000 Euro finanzieren wollte, musste mit einer monatlichen Rate von 1000 bis 1500 Euro rechnen, heute sei es das Doppelte.
Das lässt für viele den Traum von einer eigenen Immobilie entweder ganz platzen oder sie müssen Abstriche bei der Wunschimmobilie machen. Schellenberg rät: „In der Immobilienfinanzierung ist es angesichts des sich verändernden Marktumfeldes entscheidend, bei der Objektauswahl genau zu prüfen, ob es zu den eigenen finanziellen Möglichkeiten wirklich passt.“ Die Bank stehe hier beratend zur Seite.
Die Experten der Hypovereinsbank erwarten erst dann eine Belebung des Kaufgeschehens, wenn sich der Zinsmarkt wieder stabilisiert hat. Das dürfte aber wohl erst Ende nächsten Jahres der Fall sein, so Schellenberg. Wie sich in den kommenden Monaten die Preise für Häuser und Wohnungen entwickeln werden, sei Spekulation. Sicher sei nur, dass schlecht sanierte Objekte jenseits der bevorzugten Lagen in höherem Maße von Preisabschlägen betroffen sein werden.
Mieten in Essen steigen und steigen
Ganz anders entwickeln sich derzeit in Essen die Mietpreise: Da Wohnbauprojekte wegen hoher Baupreise ins Stocken geraten sind oder sich verzögern, wird guter Wohnraum knapp. Der Anstieg der Mietpreise habe sich daher zuletzt noch beschleunigt. Wie der Marktbericht der Hypovereinsbank ausweist, zahlen Mieter in einer neu gebauten Wohnung in sehr guter Lage inzwischen elf bis 15 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, in mittleren Lagen sind es immer noch 7,50 bis 9,50 Euro. Die HVB geht kurzfristig davon aus, dass die Mietpreise weiter befeuert werden.
Details aus dem Wohnimmobilienmarktbericht der Hypovereinsbank
Mietpreise (Neuvermietung, circa 75 Quadratmeter):
- sehr gute Lage: 11 bis 15 Euro pro Quadratmeter, Tendenz steigend
- gute Lage: 9,50 bis 11,50 Euro, Tendenz steigend
- mittlere Lage: 7 bis 9,50 Euro, Tendenz steigend
- einfache Lage: 6 bis 7,50 Euro, Tendenz steigend
Kaufpreise Eigentumswohnungen (Neubau, circa 75 Quadratmeter)
- sehr gute Lage: 5300 bis 7000 Euro pro Quadratmeter, Tendenz gleichbleibend
- gute Lage: 4600 bis 5400 Euro, Tendenz gleichbleibend
- mittlere Lage: 3600 bis 4800 Euro, Tendenz fallend
- einfache Lage: geringes Angebot
Kaufpreise Eigentumswohnungen (Wiederverkauf, Alter zehn bis 20 Jahre)
- sehr gute Lage: 4000 bis 4700 Euro, Tendenz gleichbleibend
- gute Lage: 2900 bis 4200 Euro, Tendenz fallend
- mittlere Lage: 2300 bis 3100 Euro, Tendenz fallend
- einfache Lage: 1500 bis 2400 Euro, Tendenz fallend
Kaufpreise Einfamilienhäuser (Neubau bis zehn Jahre, circa 140 Quadratmeter):
- sehr gute Lage: ab 800.000 Euro
- gute Lage: 650.000 bis 830.000 Euro
- mittlere Lage: 530.000 bis 660.000 Euro
- einfache Lage: geringes Angebot
Kaufpreise Doppelhaushälften (Neubau bis zehn Jahre, circa 125 Quadratmeter):
- sehr gute Lage: ab 720.000 Euro
- gute Lage: 580.000 bis 740.000 Euro
- mittlere Lage: 480.000 bis 590.000 Euro
- einfache Lage: 390.000 bis 490.000 Euro
Kaufpreise Reihenhäuser (Neubau bis zehn Jahre, circa 115 Quadratmeter)
- sehr gute Lage: 640.000 bis 670.000 Euro
- gute Lage: 520.000 bis 650.000 Euro
- mittlere Lage: 430.000 bis 530.000 Euro
- einfache Lage: 370.000 bis 440.000 Euro
Bauland
- sehr gute Lage: 630 bis 800 Euro pro Quadratmeter
- gute Lage: 500 bis 640 Euro
- mittlere Lage: 320 bis 520 Euro
- einfache Lage: 220 bis 340 Euro