Essen. Der Immobilienmarkt in Essen hat sich gedreht: Die Preisexplosion ist vorbei, das Angebot wächst. Warum sich Käufer dennoch zurückhalten.
Die Sparkasse Essen als größter Makler in der Stadt spürt die Wende auf dem Wohnimmobilienmarkt deutlich. „Wenn wir vor einem Jahr eine Immobilie neu inserierten, dann hatten wir in nur wenigen Minuten 30 und mehr Besichtigungsanfragen“, berichtet Georg Meintrup, Geschäftsführer der Sparkassentochter S-Immobilien.
Das ist vorbei. Die Käufer sind deutlich zurückhaltender geworden. Vor allem in den letzten drei Monaten 2022 sei die Nachfrage eingebrochen, so Meintrup. Und auch im Januar und Februar 2023 vermittelte die Sparkasse rund 50 Prozent weniger Immobilien als vor einem Jahr, als es allerdings noch einen regelrechten Hype gab.
Bauzinsen haben sich fast vervierfacht binnen eines Jahres
Der Immobilienmarkt hat sich binnen eines Jahres vollends gedreht. Ursachen sind die stark gestiegenen Zinsen, der Ukraine-Krieg und hohe Energiekosten. Meintrup bestätigt: „Vor allem der Zins ist die große Bremse für das Immobiliengeschäft.“ Lagen die Bauzinsen vor einem Jahr noch bei rund einem Prozent für eine zehnjährige Finanzierung, sind es mittlerweile rund vier Prozent. Viele Essener müssen ihren Wunsch nach einer Immobilie deshalb entweder ganz begraben oder ihre Ansprüche an Lage, Größe und Preis senken. „Das erleben wir gerade“, berichtet Meintrup.
Die Sparkasse selbst hat auf die geänderte Marktlage reagiert und bietet bei der Baufinanzierung statt der bislang üblichen zwei Prozent Tilgung nun ein Prozent an. Damit dauert die Rückzahlung des Darlehns zwar länger, aber die monatliche Rate fällt kleiner aus. Es gehe der Sparkasse darum, auch weiterhin Wohneigentum zu ermöglichen, sagt Meintrup. Dennoch ist die Kreditbelastung stark gestiegen. Wer heute 100.000 Euro über zehn Jahre finanziert, zahlt bei einem Prozent Tilgung immer noch eine Rate von rund 450 Euro im Monat, vor einem Jahr waren es noch rund 200 Euro weniger bei damals zwei Prozent Tilgung.
Wer also kann sich noch ein eigenes Heim leisten? Das sei pauschal schwer zu sagen. Als Orientierung rechnet Meintrup vor: Wer 350.000 Euro finanzieren will, muss derzeit mit einer monatlichen Belastung von rund 1600 Euro rechnen. Viele Banken raten, dass die Kreditrate nicht mehr ausmachen sollte als 40 Prozent des Nettoeinkommens. Das wären bei diesem Beispiel mindestens 4000 Euro Nettoverdienst im Monat. (Hier gibt es Tipps dazu von der Verbraucherzentrale)
Mehr Angebote auf dem Essener Immobilienmarkt
Für Käufer hat der Umbruch am Immobilienmarkt aber auch positive Seiten: Wer sich ein Haus oder eine Wohnung leisten kann, der findet jetzt deutlich mehr Angebote. Allein die Sparkasse Essen hat derzeit rund 120 Objekte in der Vermarktung. Meintrup spricht von einem „guten und breitgefächerten Angebot“, das es lange Zeit so nicht mehr gab. Das liege in erster Linie nicht daran, dass jetzt mehr verkauft wird, sondern das es schlicht deutlich länger dauert, bis eine Immobilie den Besitzer wechselt. Die hitzige Zeit, in der sich Käufer schnell, manchmal vorschnell entscheiden mussten, sei vorbei, sagt Meintrup. Was generell nicht schlecht sei, man kehre zu einer Normalität zurück.
Auffällig ist auch, dass mehr Inserate in den einschlägigen Portalen auftauchen. Die Angebote werden sichtbarer, weil offenbar weniger von privat an privat verkauft wird oder wie Meintrup glaubt: „Der Nachbar kauft nicht mehr so schnell.“ Auch die Sparkasse inseriert jetzt rund 80 Prozent ihrer Immobilien offen sichtbar, noch vor kurzem dagegen wurden zwei Drittel Interessenten direkt angeboten.
Immobilienpreise in Essen fallen bislang erst leicht
Bei den Preisen beobachtet Meintrup eine Korrektur. Spitzenpreise, wie sie Anfang 2022 noch aufgerufen worden, sind am Markt nicht mehr zu erzielen. Gefühlt liegen sie nunmehr zehn Prozent darunter. „Es gibt aber keine verfallenden Preise auf breiter Front“, betont der Sparkassen-Makler.
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