Essen. Für 2024 plant Essen mit einem Etat von knapp 3,8 Milliarden Euro. Unterm Strich steht eine „schwarze Null“, doch der Weg dahin wird unbequemer.
Bangemachen gilt nicht. Nach dieser Devise hat die Essener Stadtspitze der örtlichen Politik am Mittwoch ihren Finanzplan fürs kommende Jahr 2024 vorgestellt. Ja, die Zeiten werden härter, heißt es da durch die Bank: Krieg und Krisen, Inflation und Zinssprünge, Flüchtlinge und Fachkräftemangel reißen immer neue, immer größere Löcher in die städtische Kasse, doch am Ende meldet Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp nicht ohne leisen Triumph einen Haushalt im Lot. Und dass dies erneut ohne höhere Grund- und Gewerbesteuern klappt.
Sicher zu sein vor neuen höheren Ausgaben wenigstens an dieser Stelle – das ist fraglos eine gute Nachricht, für die Bürgerinnen und Bürger genauso wie für die lokalen Unternehmen. „Eine große Leistung“ nennt es Oberbürgermeister Thomas Kufen, der sich bei der Präsentation des Zahlenwerks vor dem Stadtrat bemühte, ein Signal der Sicherheit in unsicheren Zeiten zu geben: Da stehe, so der OB, „keine einfache Aufgabe“ bevor, zumal für die ehrenamtlich gestaltete Politik. Es sei aber sein Ehrgeiz, die anstehenden Herausforderungen zu meistern und verloren gegangenes Vertrauen in den Staat und vielleicht auch die Stadt zurückzugewinnen – „damit wir keinen Nährboden bieten für Hass, für Hetze und für vermeintlich einfache Antworten“.
Kämmerer Grabenkamp: „Der Weg solider Finanzen wird steiniger und unbequemer“
Die nüchternen Zahlen bieten immerhin Anlass auch für Zuversicht, denn wenigstens auf geduldigem Papier ist der Stadt-Etat für das kommende Jahr in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen. Mehr noch: Bei einem Gesamtvolumen von annähernd 3,8 Milliarden Euro bleiben unterm Strich noch 6,4 Millionen Euro Überschuss übrig. Ein eher dünnes Polster und eines, das nur deshalb minimalen finanziellen Spielraum bietet, weil die hohen Haushalts-Belastungen durch Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie in insgesamt zweistelliger Millionenhöhe ein letztes Mal ausgeklammert werden durften.
„Kein Wunder, dass der städtische Finanzchef warnt: „Der Weg solider Finanzen wird steiniger und damit auch unbequemer!“ Denn die finanziellen Rahmenbedingungen, so Gerhard Grabenkamp, verschlechterten sich wohl auf breiter Front: weil die Wirtschaft lahmt, weil Steueränderungen neue Belastungen bescheren, weil Kosten aus dem Ruder zu laufen drohen. Beispiel Ruhrbahn: Der Zuschuss steigt hier von 80 auf 105 Millionen Euro. „Die Grenze des Machbaren“, heißt es.
Endlich ein Altschulden-Fonds „nach Jahren des Stillstands und Schwarze-Peter-Spiels“
Grabenkamp hat deshalb den sonst so verpönten Rasenmäher aus der Finanzgarage geholt: Budgets in der Stadtverwaltung wurden durchweg um zwei Prozent gekürzt, während den städtischen Tochterfirmen aufgetragen ist, ihre Ausschüttungen pauschal um ein Prozent zu erhöhen. Und für die kommenden drei Jahre gelten pauschale Einsparvorgaben, bei denen gar noch nicht klar ist, wie man sie erreichen könnte. Geht nicht anders, signalisiert der Kämmerer, und da ist es wieder, das Wort, das sie eigentlich vermeiden wollten: „alternativlos“.
Denn da ist ja dieser immense Schuldenberg, der umso stärker drückt, seit die Zinsen wieder steigen und steigen. Liegt deren Niveau auch nur ein Prozentpunkt höher als eingeplant, löst das in den kommenden drei Jahren Mehrkosten von 55 Millionen Euro aus, so rechnet Oberbürgermeister Thomas Kufen vor. Und auch dies nur, wenn der geplante Altschulden-Fonds der Stadt die Hälfte der Schuldenlast abnimmt. Darauf setzt die Stadtspitze „nach Jahren des Stillstands und des Schwarze-Peter-Spiels“, wie der Kämmerer formuliert.
Allein im kommenden Jahr will die Stadt über eine halbe Milliarde Euro investieren
Und doch: Weder er noch der OB mögen von einem Sparhaushalt sprechen. Nicht angesichts der immensen Finanzkraft, die Essen nach wie vor bündelt: Nicht weniger als 536 Millionen Euro will die Stadt allein im kommenden Jahr investieren. 146 Millionen in Schulen und Turnhallen, 75 Millionen in Straßen und Nahverkehr, 53 Millionen in Stadterneuerung und Grunderwerb, 46 Millionen in den Sport.
Es blieb an diesem Mittwoch dem OB überlassen, Hoffnung auf eine attraktivere Infrastruktur zu wecken, auf mehr Service für Bürgerinnen und Bürger, vom städtischen Termin-Management bis zu personellen Aufstockung von Ämtern bei Nachfragespitzen, auf mehr Sauberkeit und Sicherheit und eine digitalere Verwaltung. „Krisen waren schon immer eine Chance, um daraus gestärkt hervorzugehen“, sagt Thomas Kufen, „wenn man sich ihnen mutig stellt“.
Und das, findet der OB bis zum Beweis des Gegenteils, „können wir in Essen sehr gut“.