Essen. Die Corona-Infektionen sind in Essen angestiegen. Wem eine Auffrischung empfohlen wird und warum der Piks in der Apotheke an Bedeutung gewinnt.
Von einem Extrem ins andere: Vor drei Jahren standen die Menschen noch Schlange vor Impfzentren, um die begehrte Spritze gegen das Coronavirus zu ergattern. Heute hingegen warnen Hausärzte vor einer gefährlichen Impfmüdigkeit. Angesichts zunehmender Corona-Infektionen rät der Essener Virologe Professor Ulf Dittmer (Universitätsklinikum) zu einer Auffrischungsspritze. „Corona- und Grippeimpfung machen für Menschen ab 60 und Risikogruppen Sinn, aber bitte mit dem XBB-angepassten Impfstoff“, sagt der Wissenschaftler.
„Corona- und Grippeimpfung machen für Menschen ab 60 und Risikogruppen Sinn“
Zu den Risikogruppen zählen chronisch Kranke, zum Beispiel Patienten mit Atemwegserkrankungen, aber auch bestimmte Berufsgruppen.
Dittmer geht außerdem davon aus, dass es im bevorstehenden Winter und im nächsten Frühjahr „ein bis zwei Corona-Wellen“ geben werde. Wer stark gefährdet sei, schwer zu erkranken – dazu zählen sogenannte Immunsupprimierte – sollte sich auf Anraten des Virologen im öffentlichen Raum wieder selber mit Mund-Nasen-Schutz schützen.
„Wenn man jetzt in der Spätsommerwelle eine Corona-Infektion hatte, braucht man sich aber nicht noch mal impfen lassen“, fügt der Direktor des Instituts für Virologie an der Essener Uniklinik einschränkend hinzu.
Wie ist überhaupt das aktuelle Infektionsgeschehen in Essen? Der Chef-Virologe spricht von einer „Covid-19-Spätsommer-/Herbst-Welle“. Eine Zunahme an Infektionsfällen gebe es bereits seit Ende August, allerdings mit wenig Veränderung in den zurückliegenden Wochen.
Etwa ein Drittel der Essener Apothekerschaft impft ebenfalls
Die Anfrage beim Gesundheitsamt der Stadt Essen führt zu ähnlichen Befunden: Die Zahlen steigen wieder. „Die Betrachtung der werktäglich erfassten Anzahl positiv Getesteter für die Stadt Essen lässt erkennen, dass das Infektionsgeschehen im August 2023 im Vergleich zur Jahresmitte 2023 angestiegen ist und seither ein Niveau mit Inzidenzen im hohen ein- und niedrigen zweistelligen Bereich unter 20 erreicht hat und aktuell hält“, sagt Stadtsprecherin Jacqueline Riedel. Die aktuellen Inzidenzen seien vergleichbar mit denjenigen aus dem Frühjahr 2023 (ab Mitte April).
Seitdem der Anspruch auf einen kostenlosen Corona-Test im März 2023 weggefallen ist, haben die Infektions-Statistiken eine eher begrenzte Aussagekraft. „Es finden in der Bevölkerung wesentlich weniger Testungen auf SARS-CoV-2 statt, so dass die Mehrheit der Infektionen unerkannt bleiben und zahlenmäßig nicht erfasst sein dürfte“, fügt die Stadtsprecherin hinzu. Beruhigend aus Sicht des Virologen: Dittmers Angaben zufolge gebe es „weiterhin so gut wie keine schweren Krankheitsverläufe“.
Bei den Grippe- und Corona-Impfungen gewinnt neben den Hausarztpraxen, die zum Teil überlastet sind, zunehmend die Essener Apothekerschaft an Bedeutung. „Von den 120 Apotheken in Essen haben etwa 40 die Befähigung zum Impfen“, sagt der Essener Apothekensprecher Hanno Höhn von der Nordstern-Apotheke in Karnap. Und betont: „Wir Essener Apotheker werden selber impfen.“ Die Nachfrage nach dem an die Omikron-Variante XBB.1.5 angepassten Covid-19-Impfstoff von Biontech/Pfizer sei spürbar, auch die Arztpraxen würden den Impfstoff in den Apotheken ordern. Aus Gesprächen mit Essener Ärzten zieht der Apothekensprecher denselben Schluss wie der Virologe. „Es gibt wieder mehr Corona-Fälle.“
Apotheker berichtet von 50 bis 100 Impfungen am Tag
Peter Ricken, Inhaber der Apotheke „Rathaus-Galerie“, betreibt in der belebten Einkaufspassage mitten in der Essener Innenstadt sogar ein eigenes Impfzentrum, eigenen Angaben zufolge das einzig verbliebene seiner Art in der ganzen Stadt. Es hat montags bis samstags von 9 bis 18 Uhr geöffnet, eine Terminvereinbarung sei nicht erforderlich. Die Resonanz sei dementsprechend. „Täglich lassen sich 50 bis 100 Menschen impfen“, berichtet Ricken.
Ein Rentnerehepaar aus Gerschede ist erleichtert, an diesem Donnerstagmorgen die ersehnte Auffrischungsspritze gegen Corona zu bekommen. „Beim Hausarzt hätten wir erst im November einen Termin bekommen“, sagen sie. Nach jeweils zwei Grundimpfungen und zwei Auffrischungen folge nun die dritte Auffrischung. Die Ständige Impfkommission rät dazu, die Auffrischimpfung möglichst in einem Mindestabstand von zwölf Monaten zur letzten vorangegangenen Corona-Impfung durchzuführen.
Die beiden Rentner aus Gerschede halten sich pedantisch an diese Empfehlungen und haben es bislang nicht bereut. Und das aus gutem Grund. „Wir hatten bis jetzt noch kein Corona“, berichten sie und schreiten zufrieden zur Impfkabine, wo der nächste Piks auf sie wartet.
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