Essen-Rüttenscheid. Die Stadt Essen will den Autoverkehr auf der Rüttenscheider Straße drastisch zurückdrängen. Warum es gar nicht anders geht – ein Kommentar.
Wie sinnvoll war es, die Rüttenscheider Straße als beliebteste Einkaufsstraße der Stadt zur Fahrradstraße zu machen? Das sei dahingestellt. Fakt ist aber: Sie ist jetzt eine Fahrradstraße und man kann sie nicht wieder aus dem städtischen Radroutennetz herausreißen. Fakt ist auch: In ihrer jetzigen Form funktioniert sie nicht als Radstraße. Die Autofrequenz ist extrem hoch, jeden Tag gibt es Stau, Radfahrer klagen über gefährliche Situationen, nicht nur zu später Stunden rasen Autoposer mit aufheulendem Motor über die Straße.
Dass die Stadt jetzt handelt, ist nur konsequent. Denn Arbeitskreis nach Arbeitskreis zu bilden, immer wieder den Verkehr zu beobachten, Gutachten einzuholen und Szenarien zu entwerfen, bringt nichts, wenn man am Ende keine Entscheidung trifft. Damit signalisiert man höchstens Unentschlossenheit und Uneinigkeit innerhalb der schwarz-grünen Ratskoalition. Wer davon spricht, man könne verschiedene Mobilitätsbedürfnisse vereinen und die Probleme auf der „Rü“ lösen, ohne den Autoverkehr zurückzudrängen, lügt sich in die eigene Tasche. Deshalb sind Einschränkungen für Autofahrer unumgänglich.
Rüttenscheider Straße: Vergleichbares Angebot findet man in Essen nicht
Dass sich Gastronomie und Einzelhandel nun Sorgen machen, aufgrund schlechterer Erreichbarkeit Kundschaft zu verlieren, ist nachvollziehbar. Allerdings: Wohin sollte die eigentlich abwandern? In die Essener Innenstadt? In ein anderes Mittelzentrum? Kaum vorstellbar. Rüttenscheid hat seinen guten Ruf in erster Linie aufgrund seiner gastronomischen Vielfalt und der hohen Zahl inhabergeführter Boutiquen. Ein vergleichbares Angebot sucht man in Essen vergebens. Und ins nahe gelegene Düsseldorf zu fahren, ist für Autofahrer sicherlich kein größerer Spaß, als in Rüttenscheid einen Umweg zu nehmen.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Kann man den üblichen Weg mit dem Auto nicht mehr fahren, muss weiter weg parken und mehr laufen, dann ist das im ersten Moment nervig. Es wird aber in der Regel nicht lange dauern, bis man sich daran gewöhnt und eine Strategie entwickelt hat: Sei es, einen kleinen Umweg zu fahren, sei es, gleich mit dem ÖPNV oder mit dem Fahrrad zu kommen. Schlecht erreichbar ist und bleibt die „Rü“ nicht. Das Lieblingscafé oder -geschäft nicht mehr zu besuchen, wird für die wenigsten eine Lösung sein.
- Die Gegenmeinung von Frank Stenglein lesen Sie hier
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