Essen-Bredeney. Warum Essener wieder Kastanien zum Wildgatter im Heissiwald schleppen. Und wieso Besucher dort jetzt noch bessere Aussichten auf die Tiere haben.

Von der „Herbstaktion“ zum Kastanienfest: Der Förderverein Wildgatter Heissiwald in Essen-Bredeney lädt am Sonntag, 15. Oktober, von 10 bis 12 Uhr zum Kastaniensammeln ein. Und präsentiert bei dieser Gelegenheit auch gleich die neue Empore, die mit Hilfe der Essener Jugendberufshilfe direkt am Gatter entstanden ist und die freie Sicht unter anderem auf die Wildschweine bietet.

Ja, wo laufen sie denn? Wer Tiere in einer natürlichen Umgebung beobachten will, braucht vor allem eines: Geduld. Das gilt unter Umständen auch im Heissiwald, obwohl die dort heimischen Tiere natürlich „hinter Gittern“ sind und damit für Besucherinnen und Besucher zumindest die Blickrichtung vorgegeben ist. Doch die Wildschweine etwa suchen sich ihr Plätzchen selbst aus und lassen sich nichts vorschreiben. Wenn es aber frische Kastanien und Eicheln gibt, dann ist das ein erster Hinweis darauf, wo die Tierchen gerade ihren Rüssel vergraben haben könnten.

Aus der „Herbstaktion“ in Essen-Bredeney wird das Kastanienfest

Und um eben diese Kastanien und Eicheln dreht sich traditionell alles beim herbstlichen Kastanienfest. Sehr beliebte Zusatznahrung sei das, weiß Vorarbeiter Michael Schröder, der Tag für Tag am und im Wildgatter unterwegs ist und die Vorlieben seiner Schützlinge genau kennt. Und auch für Martina Schürmann, die Vorsitzende des Fördervereins Wildgatter Heissiwald, ist das Kastanienfest, das jetzt auch offiziell so heißt, nachdem es in der Vergangenheit immer als „Herbstaktion“ betitelt war, einer der Höhepunkte im Jahr.

Blick durch den Zaun: Die Wildschweine im Gehege des Heissiwalds stehen auf Kastanien. Deshalb wird am Sonntag gesammelt.
Blick durch den Zaun: Die Wildschweine im Gehege des Heissiwalds stehen auf Kastanien. Deshalb wird am Sonntag gesammelt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

„Die Kinder sammeln entweder hier oder bringen die Kastanien aus dem eigenen Garten mit“, erzählt sie. „Das ist immer wieder toll, wenn sie mit ihren Eimerchen ankommen oder auch schon mal mit größeren Behältnissen, die Mama und Papa dann schleppen müssen. Wir haben hier einen Hänger, wo die Beute ausgeleert werden kann.“ Für die Kinder gibt es dann zur Belohnung eine Urkunde, von denen die Vorsitzende in den vergangenen Tagen bereits so einige eigenhändig unterschrieben hat. „Darauf sind die immer sehr stolz.“

Partner und Unterstützer aus der Essener Wirtschaft und der Region

Für Speis’ und Trank ist natürlich auch gesorgt, und bei einer Tombola gibt es Preise zu gewinnen, die viele Partner des Wildgatters, vor allem Geschäftsleute aus dem Stadtteil, aus ganz Essen und sogar darüber hinaus gespendet haben. „Das Angebot Wildgatter ist ja kostenfrei“, erklärt Schürmann, „und deshalb sind wir nicht nur bei der Tombola, sondern auch im täglichen Betrieb auf Spenden angewiesen. Wir freuen uns über jede Unterstützung – auch außerhalb dieser Veranstaltung.“

Gegründet wurde der Förderverein vor 29 Jahren, um das Wildgehege zu erhalten, das inzwischen so langsam auf seinen 60. Geburtstag zusteuert. Die Stadt wollte es seinerzeit aus Kostengründen aufgeben. „Das war zu Beginn der 90er-Jahre“, erinnert sich der langjährige Vereinsvorsitzende Hans-Peter Huch, der vor zwei Jahren sein Amt an die Rechtsanwältin und CDU-Ratsfrau Martina Schürmann abgeben hat. „Dann hat sich die damalige Bundesministerin Antje Huber mit einigen Menschen zusammengeschlossen und sich vehement dafür eingesetzt, dass das Wildgatter erhalten bleibt. Damals hat sich dann auch der Förderverein gegründet, der mittlerweile um die 300 Mitglieder hat.“ Darunter sogar recht viele junge Menschen, die aktiv und vor allem ehrenamtlich mitarbeiten. „Das ist recht ungewöhnlich“, so Schürmann, „weil man doch ansonsten in der Vereinsarbeit feststellen muss, dass es immer weniger junge Leute gibt.“

Hans-Peter Huch, Theo Körber, Martina Schürmann und Vorarbeiter Michael Schröder haben auch in diesem Jahr wieder ein Kastanienfest am Wildgatter im Heissiwald auf die Beine gestellt.
Hans-Peter Huch, Theo Körber, Martina Schürmann und Vorarbeiter Michael Schröder haben auch in diesem Jahr wieder ein Kastanienfest am Wildgatter im Heissiwald auf die Beine gestellt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Wildgatter bietet kostenloses Bildungsangebot im Essener Heissiwald

Dass das Wildgehege bis heute ein beliebter Anlaufpunkt für Familien ist, ist demnach ein großer Erfolg: Rund 40.000 Besucherinnen und Besucher kommen jedes Jahr, um die Tiere auf dem sechs Hektar großen Gelände zu beobachten, darunter viele Schulklassen. „Wir haben ja hier einen Bildungsauftrag“, fügt Theo Körber, Mitglied im Förderverein, hinzu. „Wir haben vielfach von unseren Eltern und Großeltern noch gelernt, welche Tiere es im Wald gibt. Heutzutage können das Eltern vielfach nicht mehr, weil sie da eben selbst ein Wissensdefizit haben. Diese Aufgabe übernehmen wir als Verein.“ Aktionen wie der Kastanientag und das Ostereiersuchen im Frühjahr seien daher besonders wichtig – um Werbung für den Verein und das Wildgatter bekannter zu machen und auch, um neue Mitglieder und Sponsoren zu gewinnen.

Einen besonders guten Ausblick auf die Tiere hat man übrigens von den vier Plattformen, die rund um das Gelände platziert sind. Bis vor kurzem war eine davon noch defekt. Doch dank des Einsatzes der Essener Jugendberufshilfe ist dieses Problem nun aus der Welt geschafft: „Die Plattform ist schon einige Jahre gesperrt gewesen“, so Körber. „Also gab es die Idee, eine neue bauen zu lassen. Im Etat der Stadt Essen gab es noch ein klein wenig Geld, das Oberbürgermeister Thomas Kufen uns bei anderer Gelegenheit mal versprochen hatte. Und er hat gesagt: Ja, das könnt ihr haben. Ihm gebührt also unser großer Dank.“

Neue Plattform im Essener Heissiwald ist aus Stahlblech

Mit dem Geld wurde eine neue Futterhütte gebaut und eben die Aussichtsplattform, die nun nicht mehr aus Holz ist, sondern aus feuerverzinktem Stahlblech, was deutlich haltbarer ist. Körber: „Da hat die Jugendberufshilfe einen tollen Job gemacht. Jugendliche, die einen schweren Stand haben, werden von dieser Institution darin unterstützt, ihren Weg ins Berufsleben zu finden. Das Gerüst ist von einem Architekten statisch berechnet worden, und nach dessen Vorgaben haben die Jugendlichen das gebaut. Auf dieses Projekt sind wir sehr stolz und wir sind den Jugendlichen sehr dankbar für ihre tolle Arbeit.“

Die neue Aussichtsplattform vor dem Gehege wird am Sonntag von OB Kufen eingeweiht.
Die neue Aussichtsplattform vor dem Gehege wird am Sonntag von OB Kufen eingeweiht. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Die neue Plattform wird am Sonntag beim Kastanienfest von Oberbürgermeister Kufen eingeweiht. Außerdem wird die „Rollende Waldschule“ der Kreisjägerschaft Essen vor Ort sein und die Kinder in die Welt der Wildschweine und Mufflons sowie des Rot- und Damwilds einführen. „Und natürlich beantworten sie Fragen zu allen anderen Waldbewohnern, zu Füchsen, Hasen, Käfern und Farnen“, erklärt Schürmann. „Vielleicht bringen sie auch ein paar ausgestopfte Tierchen mit, die in freier Wildbahn nur schwierig zu finden sind. Bei den dazu gehörigen Erklärungen hört man dann auch von Erwachsenen häufig: Mensch, das habe ich ja gar nicht gewusst.“

Tiefenentspannte Arbeit im Waldgebiet in Essen-Bredeney

Auch Vorarbeiter Schröder ist selbstverständlich an seinem Arbeitsplatz und steht Kindern und Eltern bei Fragen zur Seite. Schließlich ist er jeden Tag hier und kennt die Tiere in- und auswendig. Für ihn ist die Arbeit im Heissiwald übrigens wie täglicher Urlaub, sagt er selbst – auch wenn die körperliche Tätigkeit mitunter hart ist, wenn Zäune repariert oder mit der Kettensäge ein neuer Trog „geschnitzt“ werden muss. Aber: „Ich bin jeden Tag im Wald. Da wo andere ihre Freizeit verbringen. Und abends komme ich tiefenentspannt nach Hause.“ Besuchende sollten das auch mal ausprobieren – zum Beispiel beim Kastaniensammeln am kommenden Sonntag.

Informationen zum Wildgatter Heissiwald und zum Förderverein gibt es unter www.wildgatter-essen.de.