Essen. Nach dem letzten Starkregen im August erklärte die Stadt, wie sich Bürger vor Starkregen schützen können: Sandsäcke und Rückschlagklappen.

Nach den sintflutartigen Regenfällen, die Mitte August über dem Essener Norden niedergingen und dort Häuser, Keller und Straßen unter Wasser setzten, appellierte die Stadt Essen an die Bevölkerung sich darauf einzustellen, dass sich solche extremen Wetterereignisse wiederholen werden. Bürgerinnen und Bürger sollten sich entsprechend vorbereiten. Jetzt, kurz vor Weihnachten, könnten einige davon profitieren.

So hatte die Feuerwehr Hauseigentümern, deren Immobilien besonders bedroht sind, geraten, die guten, alten Sandsäcke vorzuhalten, um ihren Besitz vor Überflutung zu schützen. Das klingt nicht gerade nach Hightech, doch solle man die Wirkung von Sandsäcken keinesfalls unterschätzen. Beim Jahrhunderthochwasser im Sommer 2021 an der Ruhr hätten stellenweise einige wenige Sandsäcke ausgereicht, um zu verhindern, dass Keller volllaufen, sagte Sascha Keil, Branddirektor der Essener Feuerwehr.

Die Feuerwehr Essen will ihrerseits vorbeugen und 5000 bis 10.000 Sandsäcke einlagern, benötigt dafür allerdings eine Halle. Noch bedient sich die Wehr im Ernstfall bei den Feuerwehren in Ratingen und Duisburg.

Hausbesitzer sollten Rückschlagklappen regelmäßig überprüfen lassen

Die Stadtwerke Essen raten Immobilieneigentümern darüber hinaus, dringend sicherzustellen, dass in ihren Kellern Rückschlagklappen eingebaut sind und diese auch regelmäßig gewartet werden. Rückschlagklappen verhindern, dass Regenwasser, welches die Kanalisation nicht mehr aufnehmen kann, in den Keller gedrückt wird und dieser buchstäblich absäuft. Welche Häuser besonders gefährdet sind, lässt sich auf der Starkregenkarte der Stadt Essen ablesen.

In der betreffenden Nacht zu Donnerstag war die Kanalisation den Wassermassen nicht mehr gewachsen. „Auf diese Extremsituation ist kein Kanalnetz in Deutschland ausgelegt“, betonte Stadtwerke-Vorstand Peter Schäfer, als er am Montag gemeinsam mit Oberbürgermeister Thomas Kufen sowie mit Vertretern von Feuerwehr, Umweltamt und Stadtwerken Bilanz zog.

Starkregen lässt sich laut Feuerwehr Essen nicht präzise vorhersagen

Übersetzt heißt das: Die Behörden sind einer solchen Extremsituation letztlich genauso hilflos wie die Bürger. Binnen einer Stunde waren über Teile des Essener Nordens 54,2 Liter Regenwasser pro Quadratmeter niedergegangen. Zum Vergleich: In Bredeney fielen zur gleichen Zeit 15,6 Liter Regen pro Quadratmeter. Die durchschnittliche Jahresmenge beträgt 800 Liter pro Quadratmeter.

OB Thomas Kufen attestierte allen voran der Feuerwehr „großartige Arbeit“ geleistet zu haben. Berufswehr und Freiwillige Feuerwehren rückten bis zum Morgen zu mehr als 100 Einsätzen aus. Wie Branddirektor Sascha Klein am Montag berichtete, war die Wehr am späten Mittwochabend um 22.41 Uhr durch die Bezirksregierung Düsseldorf telefonisch darüber informiert worden, dass laut Rechenmodellen in Essen sogar über 100 Liter Regen pro Quadratmeter fallen könnten.

Oberbürgermeister Thomas Kufen zog gemeinsam mit Vertretern aus Verwaltung, Feuerwehr, Stadtwerken und Emschergenossenschaft Bilanz nach dem Starkregen.
Oberbürgermeister Thomas Kufen zog gemeinsam mit Vertretern aus Verwaltung, Feuerwehr, Stadtwerken und Emschergenossenschaft Bilanz nach dem Starkregen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Erwartet wurden die Niederschläge demnach zwischen drei Uhr nachts und acht Uhr morgens. Die amtliche Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes habe einen Zeitraum von Mitternacht bis ein Uhr genannt. „Wir hatten keine verlässliche Datengrundlage“, bedauert Sascha Keil im Rückblick. Präzise Vorhersagen seien bei Starkregen leider nicht möglich. Eine Aussage, die sich in der fraglichen Nacht bestätigte. Nur wenige Kilometer entfernt von den betroffenen Gebieten war wenig bis nichts von Starkregen zu spüren.

Poldergebiete im nördlichen Ruhrgebiet sind besonders gefährdet

Als die Feuerwehr um 0.10 Uhr ausrückte, lief die Kanalisation bereits über, die Wassermassen drückten Kanaldeckel bis zu einem Meter in die Höhe. Straßen wurde überflutet. Besonders schlimm traf es eine Wohnsiedlung an der Straße Graitenweg in Stoppenberg. Die Straße liegt in einer Senke, was durchaus typisch ist für den Essener Norden.

Nach Angaben der Emschergenossenschaft sind 40 Prozent des Ruhrgebiets Poldergebiet, bis zu 30 Meter ist der Boden abgesackt – eine Folge des Bergbaus. Am Graitenweg sind es vier Meter. Obwohl die Pumpwerke der Emschergenossenschaft laut dem technischen Vorstand Frank Obenaus ständig unter Volllast liefen, wurden sie den Wassermassen nicht Herr.

Laut Emschergenossenschaft handelte es sich bei dem Starkregen um ein Wetterereignis, wie es statistisch alle hundert Jahre einmal vorkommt. Doch vieles spreche dafür, dass die Statistik der Wirklichkeit angepasst werden muss. Eine Folge des Klimawandels, auf den sich auch die Stadt Essen einstellen will.

Emschergenossenschaft sucht nach flutbaren Flächen

So sucht die Emschergenossenschaft nach geeigneten Flächen, die bei Starkregen geflutet werden könnten. Langfristig lautet das Ziel, Essen zu einer „Schwammstadt“ umzubauen, die Regenwasser besser aufnehmen kann. Die notwendigen Entsiegelungen dürften allerdings Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Doch auch jeder einzelne Grundstückseigentümer könne dazu beitragen, in dem er Flächen auf seinem Grund und Boden entsiegelt, heißt es.

Hinweis: Dieser Text ist zuerst im August 2023 erschienen.

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