Essen. Als die Essener Polizei Wind von der drohenden Gewalt zwischen Irakern und Syrern bekam, wurde bundesweit der Sicherheitsapparat hochgefahren.

Zwei Tage nach dem massiven Präsenzeinsatz von Hundertschaften wegen drohender Straßenschlachten in der Essener Innenstadt, ist die Polizeiführung überzeugt: „Wir haben eine große Auseinandersetzung in Essen verhindert.“

Wie Behördensprecher Thomas Weise am Montag sagte, habe es „eine Vielzahl von glaubhaften und konkreten Hinweisen gegeben“, dass am Wochenende eine Konfrontation zwischen irakischen und syrischen Gruppen in Essen gedroht habe. Dabei dienten den Ermittlern nicht nur Videos in sozialen Netzwerken, in denen in der irakischen Community zu einem Schlag gegen die Syrer in Essen aufgerufen wurde, als Quelle. Es haben sich zudem offenbar friedliebende arabischstämmige Informanten „in großer Zahl“ direkt an die Polizei gewandt, bei denen die Aufrufe zur Gewalt alle Alarmglocken haben schrillen lassen.

Mehrere hundert Iraker auch aus dem europäischen Ausland

Demnach sollten „mehrere hundert Iraker auch aus dem europäischen Ausland nach Essen kommen“, so Weise. Durch umfangreiche Ermittlungen sei es gelungen, die Urheber der virtuellen Gewaltbotschaften zeitnah zu identifizieren, um von Amts wegen bei ihnen anzuklopfen. „Im gesamten Bundesgebiet hat es dann solche Gefährderansprachen gegeben“, weiß Weise. Dabei sei die Essener Polizei von Beamten anderer Behörden großflächig unterstützt worden.

Einer ganzen Reihe von Adressaten habe man dabei sehr deutlich gemacht, dass man sie auf dem Schirm habe, die Polizei ihre Absichten kenne, sich nicht überrumpeln lasse, sondern etwaige Tumulte in Essen mit starken Kräften unterbinden und Straftaten konsequent verfolgen werde. Die Botschaften scheinen ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Der Clan-Krieg wurde erst einmal abgeblasen.

Davon hatte eine sechsköpfige Gruppe von Syrern wohl keinen Wind bekommen, die am Samstagnachmittag von Einsatzkräften auf dem Salzmarkt angetroffen wurde. Da sie mutmaßlich auf dem Weg zu der vermeintlichen Auseinandersetzung waren, stellten die Beamten die Identitäten der 16 bis 51 Jahre alten Männer fest und sprach anschließend Platzverweise aus.

Dolmetscher übersetzen die Videobotschaften der Rädelsführer

Zur Zeit werden die gesicherten Videos mit Unterstützung von Dolmetschern ausgewertet, um zu prüfen, ob sie von strafrechtlicher Relevanz sind, so Weise. Auch eine Kostenerstattung für den provozierten Polizeieinsatz stehe im Raum.

In den Kontext dieser Videosichtung passt eine Festnahme am Wochenende in der Innenstadt: In einer Seitenstraße am Salzmarkt sei Einsatzkräften ein Mann aufgefallen, der in einem der Filmchen auftauchte, wenn auch nicht als einer der Rädelsführer. Bei der Überprüfung des 26-Jährigen stellte sich heraus, dass er mit gleich zwei Haftbefehlen zwecks Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen gesucht wurde, weil er von einem Gericht verhängte Geldstrafen nicht bezahlt habe.

Was der Grund für die geplante massenhafte Selbstjustiz war, ist noch nicht bekannt. Es könnte der uralte religiös motivierte Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten oder aber eine weitere empfundene Ehrverletzung unter etwaigen Beteiligten sein. Die Ermittlungen laufen.

Auch wenn der Polizei aktuell keine konkreten Hinweise auf weitere Gewaltpläne vorliegen, gehen die Beobachter der Behörde davon aus, dass es sich um einen Zwist handelt, der nicht auf Dauer beigelegt ist, sondern im Hintergrund weiter schwelt.