Essen-Altenessen. Die Stadt Essen reißt ein riesiges Haus ab. Nachdem es 2005 errichtet wurde, blieb es ungenutzt. Trotzdem sind viele happy, dass es verschwindet.

Die Fenster mussten zuerst dran glauben, durch die Öffnungen sieht man Trinkpäckchen, umgeschmissene Einkaufswagen und Schmierereien an den Wänden. So ganz ungenutzt war die Bauruine am Altenessener Bahnhof offensichtlich nicht. Die Spuren zeugen von Menschen, die dort ein (illegales) Dach über dem Kopf gefunden hatten. Nach jahrelangem Streit wird das Riesen-Gebäude, in dem ursprünglich Geschäfte und Wohnungen entstehen sollten, jetzt endgültig abgerissen.

Was die Baustelle auch offenbart, sind die Ausmaße des Gebäudes: 4400 Quadratmeter, die im Jahr 2005 errichtet und im Anschluss nie (legal) genutzt wurden. Große Abrissbagger türmen Glas, Holz, Beton und Steine sortenrein getrennt hinter der Immobilie auf.

Altenessener Bauruine: Ursprünglich sollten Einzelhandel und Wohnungen entstehen

Im Gebäude selbst sind einige Wände nie verputzt worden, Treppen blieben ohne Absicherung, in einer Ecke scheint es gebrannt zu haben: Kleidungsstücke, ein einzelner Turnschuh und eine leere Haribo-Tüte liegen halb-verrußt am Boden. Shopping und Familienleben in einer Vierzimmerwohnung? Man braucht Fantasie und einen Blick zu den unzählbaren Fenstern, um sich vorzustellen, was dort ursprünglich entstehen sollte.

Das große Gebäude am Bahnhof Altenessen wird nach jahrelangem Streit dem Erdboden gleich gemacht.
Das große Gebäude am Bahnhof Altenessen wird nach jahrelangem Streit dem Erdboden gleich gemacht. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska
Der Generalunternehmer geriet 2005 in finanzielle Schwierigkeiten, das Gebäude am Altenessener Bahnhof wurde nie fertiggestellt.
Der Generalunternehmer geriet 2005 in finanzielle Schwierigkeiten, das Gebäude am Altenessener Bahnhof wurde nie fertiggestellt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Wie konnte es soweit kommen, dass ein riesiges Gebäude gebaut und dann nie genutzt wurde? Die Kurzfassung des oft erzählten Sachverhalts: Während der Bauarbeiten im Jahr 2005 geriet der Generalunternehmer in finanzielle Schwierigkeiten, die Bauarbeiten stoppten und wurden nie beendet. Bevor Anstreicher, Bodenverleger und Elektriker zum Einsatz kamen, war das Geld alle.

Die Immobilie wurde aber nicht verkauft, sondern verfiel zunehmend. Zuletzt galt sie als Schandfleck. Es dauerte Jahre bis die Eigentümergesellschaft per Gerichtsbeschluss zum Abriss gezwungen wurde. Den Ausschlag gab zuletzt unter anderem die Baufälligkeit. Das Gebäude war zuletzt marode.

Nachdem nichts passierte durfte die Stadt tätig werden und reißt jetzt alles ab – zunächst auf Kosten des Steuerzahlers. Stadtsprecherin Jacqueline Riedel erklärt jedoch: „Die durch den Abbruch entstehenden Planungs- und Baukosten von voraussichtlich rund 308.000 Euro – für die die Stadt in Vorleistung geht – werden nach Abschluss der Eigentümergesellschaft in Rechnung gestellt.“ Ob das Geld je zurückgezahlt wird, ist fraglich. „Da ist kein Cent zu holen“, sagte Uwe Kutzner (CDU), Mitglied im Planungsausschuss der Stadt, im Mai. Zunächst muss der Steuerzahler jetzt in Vorleistung gehen.

Altenessener Bauruine: Möglicher Investor wollte Kita errichten

Mehr als 300.000 Euro kostet es also zunächst die Fenster und dann den Rohbau von oben nach unten mit dem Abbruchhammer abzureißen, Beton zu zerkleinern, Material zu entsorgen und die Baugrube mit Beton zu zu kippen. Die Eigentümergesellschaft selbst hat bis zuletzt versucht, mit der Stadt zu verhandeln, wollte den Rohbau ertüchtigen, eine Kita und altengerechtes Wohnen errichten. Mit dem Holsterhauser Zahnarzt Khodr Darwiche war sogar ein möglicher Investor gefunden. Doch das Vertrauen war zerstört, die Stadt lehnte eine Zusammenarbeit ab.

Viele im Stadtteil sind froh, dass das zuletzt unansehnliche Gebäude jetzt verschwindet. „Das ist nicht nur für das Stadtbild gut, es erhöht auch das Sicherheitsgefühl“, sagt etwa Stefanie Kölking, Fraktionsvorsitzende der CDU in der Bezirksvertretung (BV). Die Eigentümergesellschaft bleibt zunächst jedoch auch nach Abriss des Gebäudes im Besitz des Grundstücks und kann demnach auch entscheiden, was dort passiert.

An Wünschen und Vorstellungen der Altenessener mangelt es nicht. Studentenwohnungen, Polizeiwache und ein Platz der Partnerstädte wurden bereits als Ideen genannt. Einzig die Eigentümergesellschaft hat sich bisher noch nicht zu ihren Vorstellungen geäußert. Die Abrissarbeiten sollen laut Stadt Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Stimmen aus dem Stadtteil:

Markus Spitzer Pachel (BV-Mitglied der Grünen): „Der Altenessener Bahnhof wird jetzt ein neues Gesicht bekommen durch den Abriss der Bauruine. Wir sollten in erster Linie über ein modernes Mobilitätskonzept nachdenken, da der Ort ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt ist. Diesen können wir jetzt neu denken und das sollten wir tun. Es könnte ein Bahnhof-Light entstehen, in den ein neues Gebäude eingebunden werden sollte.“

Uwe Kutzner (Vorsitzender CDU Altenessen Süd, Mitglied Stadtplanungsausschuss): „Der Abriss hat für die Bürgerinnen und Bürger in Altenessen eine ganz große symbolische Bedeutung. Auch wenn die Zukunft des Areals mit der Abrissbirne nicht gesichert ist, endet hier eine rund 15 jährige Hängepartie. Dieses Ereignis könnte in Altenessen zum Feiertag werden und erhöht bei mir die Hoffnung, das auf dem alten Milchhofgelände auch bald die Abrissbagger anrollen.“

Friedel Frentrop (BV-Mitglied, fraktionslos): „Ich bin sehr froh darüber, dass die Bauruine am Bahnhof Altenessen nun endlich abgerissen wird. Leider bleiben die Eigentümer im Besitz des Grundstücks. Hier wäre es begrüßenswert, wenn die Stadt Essen, die mit den Abrisskosten in Vorkasse geht, eine gute Lösung für unseren Stadtteil findet. Men wäre es, eine neue Polizeiwache an diesem zentralen Ort zu bauen.“

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