Essen-Steele. Hochwasser: Warum das Freibad in Essen-Steele in den Sommerferien geschlossen bleibt, in diesem Jahr aber auf jeden Fall noch in Betrieb geht.
Sommerzeit ist Freibadzeit, und eines der beliebtesten Freibäder in Essen ist zugleich auch eines der ältesten: „Steele 11“, wie das Freibad in Steele liebevoll von den Stammgästen in Anlehnung an den Betreiber, den Schwimmverein SV Steele 1911, genannt wird, liegt landschaftlich reizvoll genau zwischen Ruhrwanderweg und der Ruhr. Ein idealer Standort, der vor allem bei Familien mit Kindern sehr beliebt ist. Das Problem: Das Freibad ist geschlossen – und das mitten in der Saison. Die für den Beginn der Ferien angekündigte Wiedereröffnung verschiebt sich, die Sanierung infolge der Hochwasserschäden dauert an. Geöffnet werden kann das Bad frühestens im August oder September.
Zwei Hochwasser zerstörten Becken und Technik des Steeler Freibades
Als die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 Essen traf, ging auch das Freibad Steele unter. Das Becken, die Wiesen und Außenanlagen standen unter Wasser, außerdem die Umkleiden und vor allem jener Bereich, der die komplette Schwimmbadtechnik beherbergte. Das Ergebnis: ein vollkommen zerstörtes Becken, unbrauchbare technische Anlagen. Ein zweites Hochwasser im Februar 2022 tat dem Gelände ebenfalls nicht gut.
Ein aktueller Besuch auf der Fläche an der Westfalenstraße zeigt: Bis heute sieht es hier so gar nicht nach Schwimmvergnügen aus, sondern nach Baustelle. Ein Kran bewegt schwere Elemente, das Schwimmbecken ist mit einer Plane ausgelegt – an eine anständige Füllung mit Wasser ist noch nicht zu denken. Lars Eckner vom Technischen Service Bäder der Sport- und Bäderbetriebe Essen führt über das Gelände: „Das Freibad wird jetzt hochwassersicher. Hier ist das neue Becken aus Edelstahl, dem kann ein neuerliches Hochwasser nichts anhaben.“ Das 25-Meter-Becken wird einen Nichtschwimmer- und einen Schwimmerbereich haben und zudem Startblöcke erhalten, damit der SV Steele 1911 hier vernünftig trainieren kann.
Freibad in Essen-Steele wird „State of the Art“
Das neue Freibad in Steele, es wird, wie sagt man so schön, „State of the Art“, also so modern wie es heutzutage geht. Da ziehen die Sport- und Bäderbetriebe alle Register – Barrierefreiheit eingeschlossen. Eckner: „Von hier nach da wird eine Rampe gebaut, über die auch Rollstuhlfahrer ans Becken gelangen. Und hier können sie sich dann vom Beckenrand ins Wasser gleiten lassen.“ Ganz am Ende, wenn alles fertig ist, wird dann noch Rollrasen verlegt.
Und auch in puncto Technik geht man zukünftig auf Nummer sicher: „Da hinten kommen die beiden Container hin“, erklärt Eckner und deutet an die Stelle, an der jetzt noch der Kran steht. Denn die Technik für das Schwimmbad soll in Zukunft in zwei fahrbaren Containern untergebracht werden. Die können im Winter und bei Hochwasser vom Gelände gefahren und sicher abgestellt werden, so dass kein großer Technik-Schaden mehr entstehen kann.
Zur Badesaison 2024 ist dann der letzte Schritt zur Modernisierung geplant: Das Wasser soll über eine Luft-Wärme-Pumpe erhitzt werden. Wann genau die kommt, ist schlecht zu sagen. „Ich muss Ihnen ja nicht erklären, wie schwierig es im Moment ist, solche Geräte zu bekommen“, sagt Falko Hildebrand, Abteilungsleiter Bädermanagement beim SBE.
Altlasten und schlechtes Wetter verzögerten Sanierung von „Steele 11“
Eigentlich wollte man bis zum Beginn der Sommerferien fertig werden, doch das Wetter, Lieferschwierigkeiten bei Beton und Rohren sowie einige unerwartete Funde auf dem Gelände machten den Plänen der SBE einen Strich durch die Rechnung. Baubeginn war im Januar 2023 und das in einem vergleichsweise nassen Winter. „Auf einer Außenbaustelle kann man nicht bei jedem Wetter arbeiten, gerade mit Beton“, erklärt Eckner. „Und wenn man solche Feinheiten und hochsensiblen Sachen wie Edelstahl verarbeitet, muss es doch relativ trocken sein.“
Doch das war nicht der einzige Grund. „Was hier bei Erd- und Schachtarbeiten alles zu Tage kam, hat uns vor zusätzliche Herausforderungen gestellt, die wir bewältigen mussten“, fügt Ecker hinzu und zeigt auf einige alte Rohre, die am Rand liegen. Die Arbeit habe archäologischen Ausgrabungen geglichen, bei denen man sich Schicht um Schicht nach unten vorarbeitete. Bei der zeitlichen Bestimmung der einzelnen Schichten habe Hannelore Rottmann, erste Vorsitzende des SV Steele 1911, geholfen.
„Der Verein wurde 1911 gegründet, da schwamm man aber noch in der Ruhr“, erklärt Rottmann. „Nach dem Krieg war daran nicht mehr zu denken, deshalb entstand hier Mitte bis Ende der 40er-Jahre erstmals ein Schwimmbecken.“ Das Wasser kam über Rohre aus der Ruhr und wurde gereinigt ins Becken geleitet. Auch einen Sprungturm gab es. Rottmann: „Alte Bilder davon finden sich noch im Steeler Archiv.“
Badebetrieb in Essen-Steele erst wieder im August oder September
Im Laufe der Jahre wurde dann mindestens zweimal saniert – was jetzt mehr als offensichtlich wurde: Die Experten trafen auf eine oberste Schicht mit Rohren aus den 90er-Jahren, eine zweite darunter aus den 70er-Jahren und schließlich ganz unten die – zum Erstaunen aller noch intakten – Rohre aus den 40ern. „Die mussten wir alle rausholen und entsorgen, das hat uns natürlich zeitlich zurückgeworfen.“
Bleibt die Frage nach der Öffnungsperspektive. Hildebrand: „Wir gehen davon aus, dass wir Ende August, Anfang September fertig sein werden. Das ist verbunden mit der Hoffnung, dass wir auch im September noch schönes Wetter haben und hier bei Steele 11 noch Freibadbetrieb anbieten können.“ Obwohl, so fügen die beiden Experten hinzu, es nicht darauf ankomme, ob dieser Termin tatsächlich eingehalten werden könne. „Wir werden auf jeden Fall in diesem Jahr noch öffnen“, so Eckner, „denn wir müssen das Bad im Betrieb erproben, bevor die Bauabnahme erteilt wird. Und wenn’s kalt ist, dann macht der Verein das Wasser eben ein bisschen wärmer“.
Dem SV Steele 1911 fehlen Rettungsschwimmer und Kassierer
Der SV Steele 1911 indes sehnt die Öffnung herbei. „Wir nutzen das Bad für Trainingszwecke und für die Nichtschwimmer-Ausbildung“, sagt Rottmann. „Letzteres liegt uns besonders am Herzen. Von daher sind wir froh, wenn wir wieder arbeiten können.“ 700 Mitglieder hat der Verein, zu dem auch eine Kanuabteilung gehört. „Kanu vergrößert sich jetzt im Moment sehr stark, weil das Stand-up-Paddling so gerne gemacht wird.“
Zur Eröffnung des Freibades steht der Verein dann allerdings wieder vor altbekannten Problemen. „Wir hatten einen tollen Trupp von zwölf Rettungsschwimmern, da konnten wir uns blind drauf verlassen“, sagt Rottmann. „Während Corona haben die sich alle etwas anderes gesucht.“ Und es gibt eine weitere „Baustelle“ in Sachen Personal: „Wir suchen auch noch Kassierer. Also, falls jemand den Artikel liest und Interesse hat: Wir sind hier.“