Essen. Bei den jüngsten Kontrollen in Essen hat die Polizei keine Waffen mehr gefunden. Es mussten lediglich kleinere Schlägereien unterbunden werden.
Ist es die umstrittene Zusammenkunft verfeindeter syrischer und libanesischer Großfamilien mit einem sogenannten „Friedensrichter“ in Duisburg, die für eine gefühlte Ruhe in Essen gesorgt hat, oder ist es eher doch die so ständige wie starke Polizei-Präsenz, die mittlerweile Wirkung zeigt - vielleicht auch beides? Über etwaige Erfolgsanteile der jeweiligen Seiten mag die BAO Clan der Behörde an der Büscherstraße, nicht wirklich spekulieren.
Es mag eine Momentaufnahme sein, doch aktuell zeichnet sich ab: Nach den Clan-Tumulten Mitte Juni und der Einschätzung der vorvergangenen Woche, da liege wohl noch Gewalt in der Luft, scheint sich die Lage in der Essener Innenstadt inzwischen etwas entspannter zu geben. Ein Indiz dafür: Bei den nach wie vor intensiven Kontrollen wurden jüngst keine Waffen mehr sichergestellt.
Dafür mussten die Einsatzkräfte „immer wieder kleine Schlägereien beenden“, sagt Polizeisprecher Matthias Werk. Doch bei den Scharmützeln unter jeweils einigen wenigen Kontrahenten habe es sich nach Einschätzung der Polizei nicht um eine Fortsetzung des Konfliktes der beiden rivalisierenden arabischen Gruppen gehandelt. Denen stehen die Ordnungshüter inzwischen seit über zwei Wochen auf den Füßen - und werden es auch noch weiter tun, betont Werk.
Schnelles Einschreiten und frühe Zerstreuung
Nach wie vor gelte: Durch möglichst schnelles Einschreiten, und frühe Zerstreuung wolle und werde man verhindern, dass es erneut zu größeren Zusammenrottungen kommt, die dann bekanntlich ihre ganz eigene Dynamik entwickeln können.
Allerdings wird nach Informationen dieser Zeitung gerade diskutiert, wann der hohe Kräfteansatz der offenbar entspannteren Lage anzupassen ist, und auch, ob die seit Jahren bestehende BAO Clan die Arbeit der „Besonderen Aufbauorganisation Salz“ übernimmt. Diese Sondereinheit auf Zeit hatte nach den Ausschreitungen am Salzmarkt die Erkenntnisse aus über 130 Identitätsfeststellungen mutmaßlich Beteiligter gebündelt, Zeugenaussagen und Videos ausgewertet.
Über etwaige Ermittlungserfolge schweigt sich die Polizei aus. Noch sei es zu früh, sie öffentlich zu machen, heißt es. Eine Kommission arbeite aber intensiv weiter daran, Randalierer in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft zu überführen.
Denn auch wenn die Essener Polizeiführung mit Blick auf das „Friedensrichter“-Treffen vor wenigen Tagen in einem Veranstaltungssaal in Duisburg-Hochfeld formuliert, dass alles, was der Konfliktlösung dient, sinnvoll sei, so lässt sie gleichzeitig keinen Zweifel daran, dass sie keine Paralleljustiz dulde. Die Ermittlungen nach den Tumulten gingen ungeachtet einer wie auch immer gearteten Einigung weiter.
Die Botschaft ist in der Szene angekommen
Dass sich die syrischen und libanesischen Familienoberhäupter unter dem Radar der Essener Polizei in einer anderen Stadt getroffen haben, ist für Matthias Werk ein Beleg dafür, dass die Botschaft der Ermittler in der hiesigen Szene angekommen ist. Die lautet: „Wir dulden solche Treffen nicht und werden sie unterbinden.“ Die Clans hätten ergo also gar keine andere Wahl gehabt, als sich in einer Nachbarstadt zu verabreden, um sich dann dort unbemerkt versammeln zu können.
Worum sich die jüngsten Essener Konflikte drehten, die auf dem Salzmarkt in der Innenstadt eskalierten, und wodurch sie ausgelöst worden sind, ist nach wie unklar. Nur eines wird immer wahrscheinlicher: Die ursprüngliche Annahme, der Massentumult auf dem Salzmarkt sei eine Antwort auf die Ausschreitungen mit einem lebensgefährlich Verletzten als Folge eines Streits unter Kindern in Castrop-Rauxel - die lässt sich nach Erkenntnissen der Behörden nicht länger halten.