Essen. Zeichen der „Willkommenskultur“ wollte Essen stets setzen, im Siemens-Gebäude scheint der ideale Standort gefunden: Mietvertrag geht bis 2055.
Seit mehr als einem Jahrzehnt schmiedet Essens Stadtverwaltung Pläne für eine Anlaufstelle neuen Typs: Wer immer mit ausländischem Pass ein Anliegen hat, sollte dort „ein Zeichen der Willkommenskultur“ erleben. Doch statt einer solchen Visitenkarte, so meinten Kritiker, blieb es selbst für hoch qualifizierte Neuankömmlinge stets bei mehr oder weniger schikanösen Verhältnissen: „Go Home“ statt „Welcome“. Nun aber soll alles anders werden.
Denn Mitte 2025 ziehen die städtische Ausländerbehörde, die Zentrale Ausländerbehörde des Landes sowie das Kommunale Integrationszentrum unter das gemeinsame Dach jenes Bürogebäudes an der Kruppstraße 16, in dem derzeit noch Siemens sitzt. Ein Komplex mit mehr als 17.300 Quadratmetern Bürofläche in fünf miteinander verbundenen Gebäuden, von dem man sich ein besseres Zusammenspiel aller beteiligten Verwaltungsbereiche und einiges an Zeit- und Wege-Ersparnis im Verwaltungs-Alltag verspricht.
Siemens-Gebäude wird für 20 Millionen Euro modernisiert
Der Mietvertrag zwischen der Stadt und dem Eigentümer ist seit wenigen Tagen unter Dach und Fach, und dass man bei der Stadt glaubt, den idealen Standort gefunden zu haben, lässt sich von vornherein an der geplanten Mietdauer ablesen: Die liegt bei nicht weniger als 30 Jahren – bis 2055. Vermittelt hat die Immobilie das Maklerunternehmen Cubion.
Bevor jedoch die über 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort ihre Arbeit aufnehmen können, wird die Immobilie modernisiert. Bis zu 20 Millionen Euro will der Eigentümer, die britische CLS Holding plc., in den Bürobau investieren. Ziel sei es, die energetische Effizienz und die Aufenthaltsqualität in dem Gebäude zu verbessern, heißt es in einer Mitteilung. Unter anderem soll auf dem Dach eine Photovoltaikanlage errichtet werden, die rund 80 Prozent des vor Ort benötigten Stroms erzeugt. Die Wärmeversorgung erfolgt CO2-neutral über eine per Biogas erzeugte Fernwärme aus Kettwig.
Mietkosten: 4,2 Millionen Euro im Jahr
Die CLS Holding hatte den 1929/30 erbauten Bürokomplex im Frühjahr 2021 erworben. Damals standen fast 30 Prozent der Flächen leer. Mit der Anmietung der Stadt voraussichtlich ab März 2025 ist das Gebäude nun vollvermietet, eine nicht ganz so kleine Personalreserve inklusive, denn das neue Einbürgerungsrecht und die Fachkräfte-Einwanderung wollen verwaltet werden. Ihre Räume an der Schederhofstraße, an der Hollestraße und Am Funkturm wollen Stadt und Land zum Zeitpunkt des Umzuges aufgeben.
Der neue Standort, nur wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof und mit der U-Bahn-Haltestelle Bismarckstraße vor der Tür ausgesprochen verkehrsgünstig gelegen, schlägt mit einer Warmmiete inklusive Nebenkosten von knapp 4,2 Millionen Euro im Jahr zu Buche. Der Mietanteil der Zentralen Ausländerbehörde wird allerdings vollständig durch das Land Nordrhein-Westfalen getragen, eine Reihe weiterer Verwaltungskosten immerhin noch zu etwa der Hälfte.
Siemens zieht ins Thyssenkrupp-Quartier
Beginnen soll die Renovierung des Gebäudes an der Kruppstraße im August 2024, wenn der jetzige Mieter, die Siemens Niederlassung Ruhr, an seinen neuen Standort im Thyssenkrupp-Quartier gezogen ist. Geplant sind unter anderem witterungsunabhängige Wartebereiche und Räume für Botschaftsanhörungen, denn die Zustände am jetzigen Standort an der Schederhofstraße hatten in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen gesorgt: Der Zuschnitt des Gebäudes war nie zeitgemäß, die Enge und der Andrang auf den Fluren forderten Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen.
Zwischenzeitlich hatte die Stadt als neue Anlaufstelle unter anderem das ehemalige Telekom-Gelände am Funkturm ins Auge gefasst und selbst einen Neubau erwogen. Mit dem Siemens-Gebäude sind all diese Gedankenspiele verflogen, zumal die gute Autobahn-Anbindung auch für das „Rückkehrmanagement“ von großer Wichtigkeit ist. Abschiebungen also.
Auch zur neuen Willkommenskultur gehört eben ein Teil „Go Home“.
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