Essen. Karstadt im Limbecker Platz in Essen bleibt! Wie es die Belegschaft erfuhr, was Karstadt-Chef Van den Bossche sagt und wie die Kunden reagieren.

Samstagmorgen, um 9.45 Uhr: In 15 Minuten soll der Karstadt im Limbecker Platz öffnen. Doch statt die letzten Waren in den Regalen noch zurechtzurücken, stehen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an diesem Morgen versammelt um die Rolltreppe inmitten des Warenhauses herum. Zu diesem Zeitpunkt ist längst durchgesickert, dass die Filiale weitergeführt werden wird, die geplante Schließung vom Tisch ist. Nun aber hören sie es von der Unternehmensleitung offiziell: Ihr Haus ist gerettet.

Parallel hatte Unternehmenschef Olivier Van den Bossche die Essener Belegschaft auch per Mail informiert. Darin heißt es wörtlich: „Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir freuen uns sehr, euch berichten zu können, dass wir nun auch eine weitere Einigung zur Rettung einer Filiale erreichen konnten. Deshalb können wir unseren Standort Essen fortführen.“

Bossche dankt darin „insbesondere unseren Mitarbeitern vor Ort, die nie aufgegeben haben und sich unermüdlich für die Filiale und unsere Kunden eingesetzt haben.“ Ähnlich lautende Nachrichten hatten in den Tagen zuvor bereits die Beschäftigten in Dortmund und Düsseldorf erreicht. Auch in ihren Filialen geht es weiter.

Karstadt-Filiale stand bereits 2020 vor dem Aus

Für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Essen ist die Situation am Samstagmorgen ein regelrechtes Déjà-vu. Schon vor knapp drei Jahren stand die Filiale nach der ersten Insolvenz des Unternehmens vor dem Aus, damals erfuhren sie am selben Ort die gute Nachricht. Einen großen Unterschied gibt es dennoch: Dieses Mal hängen noch keine Räumungsschilder im Laden, die sie anschließend wieder abnehmen dürfen. Denn die Botschaft kam nun nicht in letzter Minute, sondern bereits mehrere Monate vor dem geplanten Schließungstermin am 31. Januar 2024.

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Als um 10 Uhr die Türen für die Kunden geöffnet werden, ist die Stimmung im Haus heiter und entspannt. „Alle sind erleichtert und überglücklich“, sagt die Betriebsratsvorsitzende Sandra Türnau. „Das Zittern hat zum Glück ein Ende.“ Einige Kunden haben die Nachricht bereits aus der Zeitung erfahren. „Sie sind froh, dass es Karstadt weitergibt. Viele hatten große Sorgen, wo sie künftig einkaufen gehen sollen“, meint Sandra Türnau.

Karstadt wird wohl Fläche im Limbecker Platz abgeben

Obwohl die Schließungspläne schon vor Wochen bekannt waren, sind die meisten der 125 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Filiale treu geblieben. Nur wenige hätten sich neue Jobs gesucht. „Die meisten hatten doch noch die Hoffnung, dass es gut ausgeht. Zumal die Gespräche mit dem Vermieter ja noch liefen“, so die Betriebsratsvorsitzende.

Erinnerungen an den 11. August 2020: Auch damals erfuhren die Karstadt-Mitarbeiter, dass ihre Filiale gerettet ist. Die Betriebsratsvorsitzende Sandra Türnau nahm stellvertretend die Schließungsschilder, die 2020 bereits hingen, wieder ab.
Erinnerungen an den 11. August 2020: Auch damals erfuhren die Karstadt-Mitarbeiter, dass ihre Filiale gerettet ist. Die Betriebsratsvorsitzende Sandra Türnau nahm stellvertretend die Schließungsschilder, die 2020 bereits hingen, wieder ab. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Eigentümer des Limbecker Platzes ist ein Immobilienfonds der Union Investment, Betreiber die Hamburger ECE. Beide hatten sich nach langen Verhandlungen in dieser Woche mit Galeria Karstadt Kaufhof geeinigt. Details sind nicht bekannt. Allerdings scheint es so zu sein, dass Karstadt perspektivisch seine Fläche im Center verkleinern wird. Das würde dann wohl auch bedeuten, dass es einen Jobabbau geben wird. Informationen dazu gab es am Samstag offiziell keine. Sandra Türnau schließt einen solchen Einschnitt nicht aus. „Wir müssen das auf uns zukommen lassen.“ Jetzt jedoch überwiege erst einmal die Freude, meint sie am Samstag.

OB Kufen: „Ich freue mich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Karstadt“

Am Samstagabend hat auch der OB auf die Rettung der Essener Karstadt-Filiale reagiert. „Ich freue mich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Standort Limbecker Platz, dass es weitergeht“, erklärt Thomas Kufen.

Der Politiker erinnert an das erfolgreiche Ringen um diese Karstadt-Filiale vor drei Jahren: „Schon 2020 haben wir uns gemeinsam mit der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Erhalt mindestens einer Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof am Traditionsstandort Essen eingesetzt. Das ist uns gelungen.“

Auch in der zweiten Schließungswelle für Essen habe es wieder viele Gespräche und Verhandlungen gegeben. „Und auch dieses Mal waren sie erfolgreich“, fügt der OB hinzu. Er hofft, dass die Filiale ein neues, zukunftsorientiertes Konzept bekommt. „Andere Standorte machen es bereits vor.“

Die Essener Stadtverwaltung bleibe weiterhin Ansprechpartner für diejenigen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht von dem Weiter profitierten. Dazu zähle unter anderem auch die Logistik-Sparte. Kufen: „Wir setzen uns auch weiterhin dafür ein, dass es auch für sie eine Zukunft gibt.“

Shoppen bei Karstadt – Kunden kommen von weit her

Karstadt – das ist für viele Kundinnen und Kunden nach wie vor der Anziehungspunkt überhaupt im Einkaufszentrum. Dafür kommen sie auch von weit her. So wie Chantal und Gerd Veraa: Sie wohnen im niederländischen Eindhoven. „Ein- bis zweimal im Monat sind wir in Düsseldorf oder in Essen und gehen dann natürlich auch bei Karstadt einkaufen“, erzählt Chantal Veraa. Dass der Standort im Limbecker Platz erhalten bleibt, haben sie morgens im Radio gehört. „Wir sind sehr froh. Karstadt muss bleiben, auf jeden Fall!“, betont Gerd Veraa und ergänzt: „Hoffentlich wird nicht so viel verkleinert, das Sortiment ist bislang sehr umfangreich.“

Wegen des guten Warenangebots von Karstadt sind auch Hannelore Janke und ihr Mann immer wieder gern und regelmäßig in Essen. „Bei uns in Herne gibt es ja schon lange kein Karstadt mehr.“ Die Beratung vor Ort sei ihr wichtig, erklärt die 72-Jährige. „Und direkt anprobieren, ob’s passt. Nichts ist so schlimm wie bei Online-Käufen alles dauernd hin-und herzuschicken.“ Bei Karstadt bekäme man noch ein relativ breites Angebot an Waren, „auch wenn manche Lieferanten offenbar nicht mehr alle Größen zur Verfügung stellen“. Was wäre das Einkaufszentrum ohne das Kaufhaus? Das Paar ist sich einig: „Dann würde hier alles den Bach runtergehen.“

Kunde: „Das Freizeitverhalten hat sich geändert“

Shopping-Center seien halt gute Treffpunkte, zumindest in Deutschland, sagt Markus T. Der gebürtige Essener lebt seit 2009 in den USA. Ist der 56-Jährige in seiner alten Heimat, führt ihn der Weg oft auch zu Karstadt im Limbecker – Spontankauf nicht ausgeschlossen. „Ob sich das Konzept dieser großen Verkaufsflächen allerdings noch lange trägt, weiß ich nicht. In den USA sind die Läden kleiner. Vieles läuft nur noch online.“ Und auch die Jugendlichen orientierten sich um: „Abhängen in der Mall, das war in den 90ern der Trend“, sagt er. Seither habe sich viel verändert im Freizeitverhalten.

Noch ist im Limbecker von einer Attraktivitätsflaute nichts zu spüren: In den Gängen tummeln sich Jung und Alt. Und bei Karstadt? Entspannte Gesichter an den Kassen, hier und da Schlangenbildung – läuft.

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