Essen. Nach der Gewalteskalation in Essen hat die FDP-Landtagsfraktion Fragen an die NRW-Regierung. Essener SPD: Reuls Taktik muss auf den Prüfstand.
Die Eskalation der Gewalt zwischen rivalisierenden syrischen und libanesischen Clans in Essen hat ein erstes politisches Nachspiel im NRW-Landtag: Die FDP-Fraktion will wissen, wie die Ordnungsbehörden auf die erneuten Tumultlagen reagieren. In einer Kleinen Anfrage fordern die Abgeordneten Ralf Witzel und Marc Lürbke einerseits, „mit der ganzen Härte des Rechtsstaats gegen solch kriminelles Verhalten und Strukturen“ vorzugehen. Andererseits brauche es „innovative Präventionskonzepte“, um weitere Massentumulte zu verhindern.
Die Essener SPD fordert: „Die Politik der tausend Nadelstiche von Innenminister Herbert Reul muss auf den Prüfstand. Stand jetzt steht sie im Verdacht, außer Symbolik und TV-Bildern nicht viel erreicht zu haben“, sind Frank Müller, Vorsitzender der SPD Essen und Ingo Vogel, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt überzeugt.
„Da der schwarz-grüne Koalitionsvertrag von 7178 Zeilen nur fünf Zeilen der Clankriminalität widmet und dabei ohne eine konkrete inhaltliche Aussage bleibt, ist es für die von den Vorgängen betroffene Bevölkerung ebenso wie das Parlament von Interesse, mehr über die politischen Reaktionen und Maßnahmen im Umgang mit den realen Problemen seitens der in Verantwortung stehenden Landesregierung zu erfahren“, heißt es in der Anfrage von Witzel und Lürbke.
Die Frage nach der Stellenzuweisung
Im Detail will die FDP-Fraktion wissen, welche Daten und Fakten zu den Einsätzen an den Tatorten in der Nacht vom 16. auf den 17. Juni bekannt und wie viele Polizeikräfte durch diesen Einsatz sowie die daraus resultierenden Ermittlungen gebunden waren und sind.
Zudem sollen der Innenminister und die Integrationsministerin darlegen, welche Konsequenzen sie aus dem „schrecklichen Essener Gewaltereignis“ ziehen. Auch wollen die Liberalen erfahren, in welcher Größenordnung sich die besonders personalintensive Langzeitaufgabe der Bekämpfung von Clankriminalität im Zuständigkeitsgebiet des Polizeipräsidiums Essen aktuell und zukünftig bei der Stellenzuweisung niederschlägt.
Essens FDP-Parteivorsitzender und Landtagsabgeordneter Ralf Witzel hält die Vorkommnisse vom Wochenende für „absolut verstörend“ und „nicht tolerabel“: „Während der Oberbürgermeister die Bevölkerung zur Gastronomiemeile ‚Essen verwöhnt‘ in die Innenstadt einlädt, spielen sich in unmittelbarer Nähe chaotische Gewaltexzesse arabischstämmiger Großgruppierungen ab, die mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpft und bestraft werden müssen. An derlei Machtdemonstrationen von Großfamilien im öffentlichen Raum wollen und dürfen wir uns nicht gewöhnen.“
Die jahrelange Unkultur des Wegsehens
Für die Beendigung der Clankriminalität brauche es einen langen Atem, mehr Personalressourcen und eine größere politische Rückendeckung. Die Gewerkschaft der Polizei kritisiere zu Recht die Bremsklötze, die diese wichtige Aufgabe leider durch die grüne Regierungsbeteiligung erfahre, da die Grünen dieses Faktum für ein nur ‚aufgebauschtes Problem‘ hielten, wie deren Fraktionsvorsitzende gerne betone, so Witzel: „Dabei hat in der Politik eine jahrelange Unkultur des Wegsehens erst die heutigen Probleme geschaffen, wenn bestimmte Personenkreise die Werteordnung des Grundgesetzes so entschieden ablehnen.“
Die Essener SPD mahnt einen stärkeren Fokus auf das Hintergrundwissen an, das in der Essener Stabsstelle Clankriminalität gewonnen wurde. „Zudem fordern wir eine Ausweitung von Aussteigerprogrammen für Menschen, die kriminellen Familiennetzwerken entfliehen wollen. Diese befinden sich in akuter Gefahr und brauchen jede Unterstützung“, so Müller und Vogel. Gleichzeitig müsse klar sein, dass eine Verknappung polizeilicher Ressourcen in den Städten nicht weiter hinnehmbar sei. „Auch hier muss der Innenminister endlich schlüssige Konzepte vorlegen.“
Das Verhalten schade den gut integrierten Menschen
Den Tätern müsse endlich klar werden, wem sie mit Ihrem Verhalten neben den direkten Opfern am meisten schaden: „Den gut integrierten, hart arbeitenden und die Gesetze achtenden Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die einfach nur ihr Leben in Frieden meistern wollen“, sind die Sozialdemokraten überzeugt. Mit Aktionen wie am vergangenen Freitag beschädigten Kriminelle das überwiegend gute und friedliche Zusammenleben von Menschen aus über 140 Ländern. „Damit liefern sie ausgerechnet denen Argumente, die die Debatte um Zuwanderung und Integration in eine menschenverachtende, rassistische Richtung drängen wollen“, heißt es in einer Erklärung der SPD.