Essen-Rüttenscheid. Made in Rüttenscheid: Vier Sorten Gerstensaft gibt es in der Rüttenscheider Hausbrauerei. Doch wer ist eigentlich der Mann hinter dem Bier?

Hausgebraute Biere in gemütlichem, rustikalem Ambiente, in aller Ruhe genossen direkt neben der Sudpfanne oder an den Tischen entlang des Gär- und Lagerkellers: Das macht den Charme der Rüttenscheider Hausbrauerei aus. Und natürlich die Tatsache, dass das Bier selbst gebraut ist.

Verantwortlich für den ausgeschenkten Gerstensaft ist seit etwas mehr als einem Jahr Thomas Pelizzoli. Seine Begeisterung für das Bierbrauen reicht nach eigenen Angaben sehr weit zurück. „Ich trinke gerne Bier. Und als junger Mann habe ich mich früh dafür interessiert, wie Bier überhaupt gemacht wird“, erinnert er sich. In Zeiten, in denen es noch kein Internet gab, habe er begonnen zu recherchieren. „Man konnte damals nicht einfach mal den Computer anwerfen und googeln. Also bin ich zur Stadtbücherei in Mülheim gefahren, habe dort tatsächlich Bücher über Bier gefunden, die ich teilweise mehrfach gelesen habe. Das tollste darunter war ein kleines, dünnes Buch, knapp 20 Seiten, das erklärte, wie man selbst zu Hause Bier brauen kann. Und damit habe ich dann angefangen.“

Zu Hause eigenes Bier gebraut

Es kam, was kommen musste: Nach zahlreichen Eigenentwicklungen zu Hause folgte die professionelle Ausbildung zum “Brauer und Mälzer“, so die offizielle Berufsbezeichnung, in der Duisburger Hausbrauerei Webster. Die schloss er 2003 ab und landete danach in einem großen Abfüllbetrieb für Mineralwasser und Süßgetränke in Duisburg. Pelizzoli: „Da war ich in der Qualitätssicherung im Labor beschäftigt.“

Hier wird das Bier der Rüttenscheider Hausbrauerei bei knapp einem Grad gelagert.
Hier wird das Bier der Rüttenscheider Hausbrauerei bei knapp einem Grad gelagert. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

2021 schließlich holte ihn Geschäftsführer Afshin Sadaghiani in die Rüttenscheider Hausbrauerei. Für ihn ein Traumjob, denn: „In einer großen Brauerei arbeitet man nur im Sudhaus oder nur in der Abfüllung oder nur im Labor. Hier mache ich das Bier von Anfang bis Ende. Hier komme ich buchstäblich mit den Produkten in Berührung und kann mitbestimmen, wie das Bier schmecken soll.“ Gemeinsam mit Sadaghiani entwickelt er Ideen und tüftelt am Geschmack.

Noch ein besonderes Merkmal der Hausbrauerei: Hier sitzen die Gäste abends im selben Raum, in dem Pelizzoli tagsüber das Bier gebraut hat. „Manchmal erkennen mich Gäste hier, und man kommt ins Gespräch.“ Wie sind die Geschmäcker, was mögen die Gäste, was nicht?

Kontakt zu den Gästen der Rüttenscheider Hausbrauerei

Und natürlich möchten viele Leute auch wissen, wie das eigentlich funktioniert mit dem Bierbrauen. Das erklärt er gerne: Pelizzoli setzt geschrotetes Malz mit Wasser an, erhitzt den Maischebrei, bis die in der Malzstärke enthaltenen Zucker frei werden, und pumpt das Gemisch in den Läuterbottich, wo die festen Bestandteile von einem Sieb zurückgehalten werden. Die Flüssigkeit, die so genannte Würze, leitet er zur Sudpfanne, wo sie gekocht und mit Hopfen versetzt wird. Wenn die für die jeweilige Biersorte erforderliche Stammwürze erreicht ist, kühlt Pelizzoli die Mischung ab und gibt für den Gärungsprozess Hefe zu. Ist das Bier reif, unterbricht er den Gärvorgang durch Entnahme der Hefe und füllt es in Fässer ab. Richtig verstanden?

So ungefähr. Hinzu komme aber noch, dass er in allen Produktionsphasen mehrfach die Temperaturen kontrolliert und reguliert, Proben nimmt und Messwerte überwacht, um bei Abweichungen schnell eingreifen zu können. Und dann ist da noch die Sache mit den Enzymen, den Proteasen, den Eiweißen, Mehrfachmolekülen, Beta-Amylase und natürlich den Aminosäuren.

Chemie spielt beim Bierbrauen eine wichtige Rolle

Muss man für den Job des Brauers und Mälzers eigentlich Chemiker sein? „Ein bisschen Ahnung sollte man davon schon haben. Es hilft auf jeden Fall. Aber eigentlich sagt man immer: Brauer sind die bestbezahlten Putzfrauen“, scherzt Pelizzoli. Die Hygienestandards sind nun mal besonders hoch. „Alles, was im Kaltbereich ist, muss peinlichst genau gereinigt werden. Mit Lauge, mit Säuren. Es muss desinfiziert werden. Damit hat man genug zu tun.“

Thomas Pelizzoli mit dem fertigen Produkt: dem hopfenbetonten Kellerbier.
Thomas Pelizzoli mit dem fertigen Produkt: dem hopfenbetonten Kellerbier. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Etwa einmal im Monat wird in der Rüttenscheider Hausbrauerei neues Bier hergestellt, „dann haben wir erstmal genug, um die nächsten vier Wochen über die Runden zu kommen.“ Die Qual der Wahl haben schließlich die Gäste: Da gibt es zum einen das Kellerbier, ein helles, hopfenbetontes Bier, das in Richtung Pilsener Brauart geht. Zum anderen das dunkle, malzigere Weizenbier mit seinem leicht bananigen Geschmack. Und schließlich sind da noch die wechselnden Saisonbiere. „In der nächsten Zeit kommt unser Märzenbier“, erklärt der 47-Jährige, der nebenbei noch bei der Band „Creepy Little Monsters“ am Schlagzeug sitzt. „Das wird, wie der Name sagt, im März gebraut und zwischen Mai und Juli ausgeschenkt.“

Neues Porterbier aus Essen: „Schwarzes Gold“

Besonders stolz ist er außerdem auf das neue Porterbier mit dem Ruhrgebietsnamen „Schwarzes Gold“, das in der Flasche verkauft wird. Das Rezept kommt ursprünglich aus England. Pelizzolis Lieblingsregion in Sachen Bier liegt allerdings südlicher: „Die Fränkische Schweiz ist eine wunderbare Urlaubsregion. Und in jedem Dorf gibt es ein oder zwei Brauereien. Da kann man dann nach einer vierstündigen Wanderung tatsächlich mal vier, fünf verschiedene Biere verköstigt haben.“

Verköstigt wird in der Rüttenscheider Hausbrauerei allein Pelizzolis Bier, das täglich von zahlreichen Gästen einer ausgiebigen Prüfung unterzogen wird. Und auch das ist ein weiterer Reiz dieses Berufes, sagt er: „Wenn ich abends hier mal mein Feierabendbier trinke und es sind viele Gäste da und ich sehe: Die trinken alle mein Bier, das ich gemacht habe – das ist ein tolles Gefühl.“