Essen. Die Initiative Grauflügel Essen findet die Situation der Stadttauben „desaströs“ und fordert viel mehr betreute Taubenschläge.
Sie kämpfen leidenschaftlich dafür, den Stadttauben in Essen ein besseres Leben zu ermöglichen. Merle Häring hat mit Gleichgesinnten die Initiative Grauflügel Essen gegründet, um Stadttauben, mehr Fürsorge und Hilfe zukommen zu lassen. Auf einer Konferenz im Kokskohlenbunker von Zollverein hat sie OB Thomas Kufen am Freitag (21. April) ein auf Essen zugeschnittenes Konzept für ein Stadttauben-Management überreicht.
Ihr Plan sieht vor, zwischen Karnap und Kettwig flächendeckend betreute Taubenschläge zu errichten. Der Handlungsdruck sei groß. „Die aktuelle Lage der Stadttauben in Essen ist desaströs“, behauptet die Initiative.
In betreuten Schlägen erhalten Stadttauben artgerechtes Körnerfutter
Betreute Taubenschläge nach dem Vorbild der Stadt Augsburg gibt es bereits in Steele, am Kopstadtplatz in der Innenstadt und im alten Karstadt-Parkhaus in Borbeck. Die Idee: Stadttauben erhalten in diesen Schlägen artgerechtes Körnerfutter und werden bei Erkrankungen gesund gepflegt und tierärztlich versorgt. Der Nebeneffekt: Kot fällt überwiegend in den Schlägen an und weitaus weniger im Stadtgebiet. Und: Die Eier, die die Tiere dort in den Nestern ausbrüten, werden auf einfache Weise gegen Gips-Attrappen ausgetauscht. Die Folge: Die Taubenpopulation werde spürbar minimiert.
Am Beispiel Borbeck können die Stadttauben-Leute ihre Erfolge mit eindrucksvollen Zahlen belegen. Innerhalb eines Jahres seien dort 1300 Taubeneier gegen Attrappen ausgetauscht worden. Dadurch sind in allein in diesem Stadtteil etwa 3900 Tauben weniger unterwegs. Merle Häring: „Das sind fast 4000 Tiere, die sich ansonsten auf den Straßen, an Gebäudevorsprüngen, Haltestellen und so weiter getummelt hätten.“
Hinzu komme, dass über die Taubenschläge mehr als 2,5 Tonnen Kot und Abfälle binnen eines Jahres entsorgt wurde. Mit anderen Worten: Der Stadtteil werde sauberer, weil Taubenkot dann nicht mehr Gebäuden, Autodächern oder Gehwege lande.
Initiative Grauflügel dringt auf Anschaffung von Übersee-Containern für Taubenschläge
Die Grauflügel-Initiative empfiehlt die Anschaffung robuster Übersee-Container, die im Inneren mit einer Art Regalsystem ausgestattet sein sollen. Jedes Fach biete Platz für ein Nest, also für ein Taubenpärchen.
Mit Unterstützung der Bezirksvertretung ist ein solcher Übersee-Container bereits für rund 20.000 Euro neu angeschafft worden. Weil der alte Standort des Taubenschlags, das frühere Karstadt-Parkhaus über kurz oder lang abgerissen wird, wird nun ein geeigneter Ersatz-Standort gesucht.
Die Betreuung der Taubenschläge liegt in Essen ausschließlich in der Hand ehrenamtlich tätiger Helferinnen und Helfer. Auch die Anschaffung des Körnerfutters bestreiten sie aus eigenen Mitteln, die sich hauptsächlich aus Spenden speisen.
Ginge es nach dem Willen der Initiative Grauflügel Essen, sollte die Stadtverwaltung dem Beispiel Kölns folgen und eine fest angestellte Taubenwartin beschäftigen. Auch die Anschaffungskosten für weitere Übersee-Container sollten von der Stadt getragen werden.
Um den exakten Bedarf an betreuten Taubenschlägen im Essener Stadtgebiet ermitteln zu können, regt Merle Häring Taubenzählungen an.
„Eine Stadttaube überträgt nicht mehr oder weniger Krankheiten als der eigene Hund“
Den Stadttauben-Aktivisten ist bewusst, dass sie angesichts massiver Vorbehalte gegenüber Stadttauben noch so manches dicke Brett zu bohren haben. Vehement kämpfen sie gegen Mythen, Missverständnisse und Falschinformationen an, wonach Stadttauben als „Ratten der Lüfte“ gebrandmarkt werden. Merle Häring zitiert Studien, die mehr als 25 Jahre alt sind: „Eine Stadttaube überträgt nicht mehr oder weniger Krankheiten als der eigene Hund, die eigene Katze oder andere Haustiere“, sagt sie. Die Angst der Menschen vor übertragbaren Krankheiten oder angeblich ätzendem Taubenkot seien unbegründet. Merle Häring wird auch nicht müde zu betonen, dass die Stadttaube kein Wild-, sondern ein Haustier sei.
Für rechtswidrig halten die Stadttauben-Aktivisten das generelle Fütterungsverbot. Die Folgen seien dramatisch: „Um nicht zu verhungern, fressen Stadttauben die Abfälle in der Stadt – bis hin zu Zigarettenstummeln oder Erbrochenem.“
Die Anwesenheit namhafter Fachleute und Wissenschaftler bei der Stadttauben-Konferenz im Kokskohlenbunker sollte helfen, die Einstellung der Menschen gegenüber Stadttauben grundlegend zu verbessern.
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